Schwetzingen/Mannheim/Schwyz, 22. Juli 2015. (red) Der Wetter-Unternehmer Jörg Kachelmann zieht wieder vom Leder. Aktuell berichtet die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) über ein Plakat, mit dem Herr Kachelmann auf seine Festnahme vor fünf Jahren anspielt. Via Twitter zieht er über die Polizei, die Staatsanwaltschaft Mannheim, die Schwetzinger Zeitung (Mannheimer Morgen) und die Rhein-Neckar-Zeitung her. Schwetzingen nennt er in Anspielung auf seine frühere Geliebte „Dinkeltown“.
Von Hardy Prothmann

Jörg Kachelmann im Jahr 2008. Foto: René Mettke, CC BY-SA 3.0
Im März 2010 wurde der Schweizer Jörg Kachelmann (57) durch Schwetzinger Polizisten am Flughafen Frankfurt verhaftet: Seine Ex-Geliebte Claudia D. beschuldigte ihn, sie vergewaltigt zu haben. Herr Kachelmann saß 132 Tage in der Justizvollzugsanstalt Mannheim in Untersuchungshaft. Letztlich wurde er nach über neun Monaten Verhandlungen im Mai 2011 vor dem Landgericht Mannheim frei gesprochen. (siehe unseren Bericht)
Allerdings war der Ruf enorm beschädigt – er verlor beispielsweise seinen Vertrag als Wetterexperte der ARD.
Zahlreiche Klagen
Seither führt er reihenweise Prozesse gegen die Ex-Geliebte und viele Medien, aber auch aktuell das Land Baden-Württemberg. Die Feministin Alice Schwarzer unterlag beispielsweise Anfang 2015 gerichtlich, weil ihre Zeitschrift Emma den Eindruck erweckte, Herr Kachelmann sei ein Vergewaltiger. Frau Schwarzer wollte eine Entscheidung des OLG Köln nicht akzeptieren und scheiterte mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof.
Vor dem Landgericht Köln klagte Herr Kachelmann gegen die Bunte und den Focus – beide Medien gehören zum Burda-Verlag (AZ 28O541/13, AZ 28O542/13) und von beiden wollte er je 500.000 Euro Schmerzensgeld. Die Klagen waren am 30. Dezember 2013 eingegangen und die Verfahren am 6. und 7. Juli 2014 ohne Verhandlung beendet worden, weil sich die Streitparteien außergerichtlich geeinigt hatten, wie uns das Gericht auf Nachfrage mitteilte.
Weiterhin anhängig sind Klagen gegen Bild und die Verlagsmutter Springer SE (am 7. Januar 2014 eingegangen, AZ 28O2/14, AZ 28O7/14). Hier fordert Herr Kachelmann wegen einer angeblich gegen ihn gerichteten Kampagne und Vorverurteilungen 1,5 Millionen von der Zeitung und 750.000 vom Online-Portal bild.de.
Als Verkündigungstermin der richterlichen Entscheidung ist der 2. September 2015 angesetzt. Diese Forderung sind für sich und in Summe das mit Abstand höchste jemals geforderte Schmerzensgeld in einer presserechtlichen Auseinandersetzung. Persönlich war Herr Kachelmann meist nicht anwesend, sondern wurde durch die Kölner Kanzlei Höcker vertreten.
Welche Entscheidung fallen wird, ist unklar – es deute sich ein Urteil an, sagte uns die Pressesprecherin Dr. Christina Harpering. Allerdings könnten auch weitere Beweisaufnahmen folgen.
Was wie ein Rachefeldzug gegen Medien durch Herrn Kachelmann wirkt, basiert auf einer tatsächlich oft üblen Berichterstattung diverser Medien, vor allem aus dem Boulevardbereich, die auch aus unser Sicht wie ein Vernichtungsfeldzug wirkte.
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Lesetipp:
Im Zweifel für den Angeklagten
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Neigung zum Derben
Aktuell zieht Herr Kachelmann, der gerne selbst zum Derben neigt, über die Justizvollzugsanstalt Mannheimer her. Er bezeichnet in einem Kommentar auf der RNZ-Seite die Haftanstalt, in der er die Untersuchungshaft verbrachte als:
„kakerlaken-, ratten- und hakenkreuzverseuchten Mannheimer Knast“
Anlass ist ein Bericht in der RNZ von heute, die über ein Werbeplakat berichtet, auf dem der Spruch steht: „Besser als die Schwetzinger Polizei erlaubt.“ Die Anspielung richtet sich gegen das Revier, weil die Kripo-Beamten, die Herrn Kachelmann damals festgesetzt hatten, von hier kamen. Auch seine Ex-Geliebte, die Radio-Moderatorin Claudia D. lebte damals in Schwetzingen. In Anspielung auf ihren Nachnamen nennt er die Stadt „Dinkeltown“.
Seine Ex-Geliebte wollte ihm untersagen lassen, ihren Nachnamen öffentlich zu nennen, was sie verloren hat. Herr Kachelmann darf sie aber öffentlich nicht mehr eine „Kriminelle“ nennen, wohl aber eine „Falschbeschuldigerin“.
Die RNZ bezeichnet Herr Kachelmann aktuell als „Käseblatt“ und den Online-Auftritt als „traditionell verbrecherinnensolidarisch“. Ob Herr Kachelmann hier gegen die Auflagen verstoßen hat, wir unter Umständen der Anwalt der Ex-Geliebten klären lassen.

Tweet von Jörg Kachelmann.
Der Polizei wirft Herr Kachelmann „groteske Inkompetenz“ und „verzweifelte Dummheit“ vor.
Auch die Justizvollzugsanstallt wird die Äußerung von Herrn Kachelmann prüfen – auf Nachfrage hieß es von dort: „Aktuell kein Kommentar“. Auch unserer Sicht ist die Äußerung klar abmahnfähig, denn Herr Kachelmann stellt eine Tatsachenbehauptung auf, die, falls nicht zutreffend, auf Unterlassung verklagt werden könnte.
Staatsanwaltschaft Mannheim ebenfalls beklagt
Herr Kachelmann hat zudem die Staatsanwaltschaft Mannheim verklagt, weil diese auf Anfrage von stern tv geantwortet haben soll, dass DNA-Anhaftungen an einem Messer mit seiner Typisierung übereinstimmten. Der Prozess (Aktenzeichen 1K1957(14) soll noch in diesem Jahr vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe beginnen. Beklagte ist dann das Land Baden-Württemberg in Vertretung der Staatsanwaltschaft, die „Verteidigung“ übernimmt die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe.
Vor dem Landgericht Mannheim hat Herr Kachelmann ebenfalls ein Plakat auf einer Litfaßsäule anbringen lassen.