Mannheim/Rhein-Neckar, 22. Dezember 2014. (red) Geht es Ihnen wie mir? Pegida, Dügida, Bogida – klingt wie Dadada und nervt nur noch? Ich muss Sie enttäuschen. Das nervt zwar nur noch, aber das ist todernst. Denn was sich hier zeigt, sind tiefstsitzende Ressentiments und Ängste und der Beweis, dass es mit der Demokratie in Deutschland nicht weit her ist. Man könnte es auch auf die Formel bringen: Der Führer ist tot, es lebe der Führer. Wer auch immer das sein wird.
Von Hardy Prothmann
War Jesus Christus einer der frühesten Führer aller Zeiten? Was ist mit Mohammed? Auch ein Führer oder nur ein Verführer? Wer verführte im Paradies wen? Und wohin hat „der Führer“, dieser schnoddrige, menschverachtende kleine Mann die Menschheit in seinem zerstörerischen Wahn geführt? Führten damals alle nur aus? Kann Frau Merkel noch führen oder ist sie durch? Ist Thilo Sarrazin ein Verführer? Welche Führung bietet der Papst? Und wohin führt das alles, solche Fragen zu stellen?
Ich habe weder Jesus Christus, noch Mohammed, noch Hitler, noch Frau Merkel jemals persönlich getroffen. Thilo Sarrazin hingegen schon. In Mannheim. Auf Einladung der Wirtschaftsjunioren. Der jungen „Leistungselite“. Der Saal war voll. Die Zustimmung zu dem, was der Mann über „Deutschland schafft sich ab“ von sich gab, groß.
Kopftuchmädchen und so
Das war gespenstisch. Viel gespenstiger als Pegida – Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. Denn hier saßen mehrere hundert angebliche Führungskräfte stumm lauschend und bestätigend nickend da und folgten den Ausführungen dieses Mannes, der vom Untergang des Abendlandes überzeugt war, bevor auch nur ein paar hundert Pegidaisten auftraten. Kopftuchmädchen und so.
Es gab viele kritische Stimmen zu Sarrazin. Die Erbsünde der SPD ist, dass sie es nicht geschafft hat, sich von diesem Denunzianten zu trennen.
„Das wird man wohl noch sagen dürfen“, ist die rhetorische Weiterführung von „Ich habe ja nichts gegen (hier kann man einsetzen, was man will), aber…
In Mannheim haben wir einen Xavier Naidoo – der erzählt sein Jahren großen Bockmist. Aber alle hörten weg. Inklusive Stadträten und Oberbürgermeister. Der Unterschied zwischen Sarrazin und Naidoo? Der eine ist hochintelligent, der andere nicht. Sarrazin würde niemals vor Reichsbürgern und Rechten sprechen – er bevorzugt den Salon, die Wirtschaftsjunioren und andere „offizielle“ Anlässe. Aber beide sind Anarchisten – gegen „das System“.
Pegida erzeut Panik
Seit Wochen quellen die Nachrichen über Pegida über. Panisch. Denn angeblich weiß niemand genau, was da los ist. 15.000 Demonstranten in Dresden? Woche um Woche mehr Teilnehmer? Der DGB wäre froh, wenn er derart mobilisieren könnte. Parteien und Kirchen kriegen das nicht ansatzweise zustande. Hogesa in Köln? 4.500 Leute auf der Straße. Und Mannheim? 5.000 Menschen fordern „Free Palestine“. Hogesa, Pegida und Free Palestine haben nichts gemein? Denkste.
Pegada
Was also ist los? Es fehlt Führung. Und es gibt zu viel Verführung. In Mannheim verabschiedet sich die CDU aus demokratischen Verfahren, indem sie sich pseudomäßig demokratisch zeigt. Wird hier aus Pegida ein Pegada? Patriotische Europäer gegen den Ausverkauf der Au?
Genug Zorn, genug Ablehnung, genug Bosheit ist vorhanden. Gegen alles. Bei Kleingärtnern, Rentnern und CDU-Mitliedern – in Front mit Linken, Umweltbewegten, FDP-Mitgliedern. Eben allen, die dagegen sind. Die überall ein Komplott von „Mächten“ wittern.
Es fehlt Führung – überall. Vor allem geistige. Die klare Ansage, was geht und was nicht geht. Es geht nicht, dass in Dresden 15.000 Leute Angst um das Abendland haben.
Das ist kompletter Stuss.
Und es geht nicht, dass die Medien landauf, landab das „geile Thema“ reiten, um Quote und Auflage zu machen. Hingehen, recherchieren, analysieren, berichten und fertig. Sollen die Pegida-Deppen auf die Straße gehen. Welchen vernünftigen Menschen muss das interessieren?
Massen müssen aufmerksam machen
Jeden. Denn die Aufmerksamkeit ist nicht ohne Grund. Wenn Massen zu einer Bewegung werden, muss man aufmerksam sein. Insbesondere in Sachen „Verführung“. Auch in Dresden ist ein Krimineller der „Führer“.
Putin ist ein Krimineller, Bush ist ein Krimineller, Obama duldet kriminelle Handlungen, Teflon-Merkel sowieso. Lasst uns nicht über Berlusconi reden – die Liste lässt sich fortsetzen. Wer daraus eine Islamisierung des Abendlandes ableitet – ist, mit Verlaub, ein Volldepp. Denn der Islam hat mit Führungsschwächen westlicher Politiker nichts zu tun – außer, dass die allermeisten islamischen Länder massiv darunter leiden müssen.
Populismus und Recht machen
Fakt ist – immer mehr Menschen sind unzufrieden mit der Politik. Für Politik gilt: Man kann es nicht jedem Recht machen – wer das verspricht, ist immer ein Populist. Unsere Zeiten sind hart. Und wir alle fühlen, wie absurd das ist. Noch nie gab es so viel Zugang zu Wissen, zu Quellen, zu Informationen – und was folgt? Panik. Heillose Panik. Und die Sehnsucht nach Führung.
Unsere westlichen, demokratischen Gesellschafen haben alles, was es dafür braucht. Wissen, Strukturen, Organisationen – und auch Geld.
Wenn es einen Aufstand der Unanständigen gibt, die andere für ihre Unzufriedenheit verantwortlich machen, braucht es einen Aufstand der Anständigen, die dagegenhalten. Diese angeblichen europäischen Partrioten, die das Abendland schützen wollen, sind mir noch niemals als Europäer, als Patrioten oder Kirchgänger aufgefallen.
Ich bin kein Mitglied einer Kirche mehr, aber ich habe eine sehr gute christliche Prägung erhalten. Ich bin durch christlich orientierte Menschen geführt worden – in die Selbstbestimmtheit. Hin zu eigenen Denken und Fühlen. Zum Differenzieren.
Frust ist verständlich – Verachtung nicht
Ich verstehe auch Frustrationen – die Welt ist kein Kuschelspiel. Ich stelle fest, dass sich immer weniger Menschen in Parteien und anderen Organisationen engagieren, aber von Parteien und anderen Organisationen immer dann alles fordern, wenn ihnen etwas fehlt. Das ist ein Chaosspiel.
Jesus Christus ist für mich kein Vorbild, weil er am Kreuz gelandet ist. Das ist für mich eine Mahnung – wenn es zu wenige Menschen gibt, die für ein gutes Miteinander eintreten, dann landen Menschen am Kreuz oder in der Gaskammer oder werden zerfetzt oder geköpft.
Die Antwort auf Pegida ist so einfach: Engagiert Euch! Gestaltet mit. Die Konsequenz aus Pegida muss für alle sein, die den Mob auf der Straße nicht wollen: Handelt jetzt, bevor es zu spät ist.
Eine Runde kluger Menschen richtet nichts gegen 15.000 in einer Masse aus. 15.000 Idioten schlagen immer jeden Philosophen mit allerklügsten Gedanken. Der Philosoph kann sich möglicherweise auf die Niederungen der 15.000 einlassen, die 15.000 werden es niemals schaffen, den einen klugen Gedanken nachzuvollziehen – Deutschland den Deutschen beispielsweise ist kein kluger Gedanke.
Masse will und braucht Führung
Die Masse will aber geführt werden – ob von einem Kriminellen oder von klugen Menschen, ist die entscheidende Frage.
Jesus Christus hat nach wie vor die größte Massenbewegung aller Zeiten ausgelöst. Eine Religion, die viel Unheil über die Welt gebracht hat, aber auch viel Wohlsein und letztlich Stabilität.
Das Christentum muss seine Geschichte im Blick haben. Die war, salopp gesagt, nicht einfach. Die Geschichte des Islam ist es auch nicht. Der Islam hat dasselbe Recht, eine stabile Gesellschaft zu bestimmen, wie jede andere Religion – in einem Entwicklungsprozess. Die Christen sind nicht gut und die Moslems nicht böse – sie sind Menschen.
Die größte Erfolgsgeschichte aller Zeiten ist die Demokratie – sie hat Deutschland 70 Jahre Frieden im eigenen Land gebracht. Sie hat Europa befriedet – mehr als weniger. Alle Länder dieser Welt, die demokratisch organisiert sind, sind erfolgreicher als andere. Bildung, Wohlstand, Infrastruktur, Friede. Das müssen Werte sein, die „führend“ sind.
Fragen stellen – Antworten fordern
Man kann „Pegida“ nicht ignorieren, man muss diese Massenbewegung aber auch nicht akzeptieren. Sondern fordern. Fragen stellen und auf Antworten bestehen. Und wenn diese menschenverachtend, rassistisch und nazistisch sind, muss man dem entgegentreten. Es gibt keine Alternative.
Hass und Hetze gegen andere haben kein historisch zu würdigendes Vorbild, dem man folgen könnte. Immer, wenn es gegen andere geht, führt es ins Chaos. In Leid und Verderben.
Was ich vermisse, ist der Aufstand der Christen. Der Aufstand der Nächstenliebe. Gegen diesen Brei von Vorurteilen. Lasst die Moslems Moslems sein und zeigt, wie gut es ist, Christ zu sein.
Überzeugt als Christen im Abendland die Moslems von der Nächstenliebe, sofern ihnen diese fremd sein sollte, was ich nicht glaube.
Wer mich in all den Wochen tatsächlich ganz unerwartet beeindruckt hat, ist Matthias Schweighöfer.
Was soll das eigentlich für ein friedliches Weihnachtsfest werden, wenn so viele PEGIDA Deppen und Mitläufer unser Land in den Abgrund ziehen….?? Leute, lasst uns ein offenes und gutes Land sein!! Wir haben das Zeug dazu! Peace!
Bislang hat der junge Schauspieler auf meiner Agenda keine Rolle gespielt – jetzt halte ich viel von ihm, denn er hat ohne Not seine Überzeugung geäußert und dafür nicht nur Lob erhalten und sich klar gegen eine dumpfe Masse positioniert. Damit führt er sich in meinen Augen vorbildlich auf. Ich würde mir wünschen, dass er viele Menschen mit seiner Meinung „führt“.
Burka-Verbot vor Weihnachten – wie armselig
Der „Christdemokratin“ Julia Klöckner fällt nur ein, ein „Burka-Verbot“ zu fordern – und das vor Weihnachten. Stecken dahinter Gedanken oder nur taktische „Überlegungen“, „Stimmungen“ zu befördern?
Weihnachten 2014 steht im Zeichen der öffentlichen Schande für Deutschland durch Pegida-Marschierer. In Karlsruhe scheint die „Bewegung“ demnächst auftreten zu wollen. Wann Mannheim und Heidelberg folgen, ist nur eine Frage der Zeit. Und angegliche „Christen“, die auf die Ressentiments aufspringen, sind für mich Menschen ohne Werte-Kanon. Sie sind die Verführer ins Unheil.
Wer dem Untergang des Abendlands entgegentreten will, stellt sich dieser dumpfen, ressentimentgeladenen Masse entgegen und vertritt demokratische und christliche Werte:
Führe uns nicht in Versuchung, sondern lebe für Achtung, Liebe, Verantwortung
In diesem Sinne.
Herzlichst frohe Weihnachten, Shalom, Salam-aleikum
Hardy Prothmann