Rhein-Neckar/Heidelberg/Mannheim/Schwetzingen, 29. Januar 2013. (red/tt/ld) Es ist bald vorbei: Die US-Armee verlässt die Metropolregion und riesige Flächen werden der Zivilgesellschaft zur Verfügung stehen. Die sind allein in Mannheim so groß, als würden die Stadtteile Neuhermsheim und Neuostheim mit ihren 520 Hektar noch einmal eingemeindet werden. Die Flächen sind aber nur mit Aufwand „zurückzuerobern“. Die militärischen Gebäude sind oft marode, große Freiflächen möglicherweise mit militärischen Rückständen belastet. Wenn die Geschichte der Region ein großes Buch wäre, dann beginnt ein neues Kapitel. Was bisher geschah, haben wir in einer umfangreichen Chronik zusammengefasst.
Von Timo Tamm und Lydia Dartsch
Wir dokumentieren die Geschichte der Konversionsflächen der Region in einer der umfangreichsten chronologischen Darstellungen. Da die Flächen überwiegend getrennt betrachtet werden, waren dafür umfangreiche Recherchen notwendig: Beim Stadtarchiv Mannheim, beim Stadtarchiv Schwetzingen, bei der US-militärischen Öffentlichkeitsarbeit, mit den Presseabteilungen der Städte, wir haben für Bildmaterial sogar in die USA korrespondiert. Eine wesentliche Hilfe waren die Auskünfte von Prof. Dr. Christian Führer (Duale Hochschule Mannheim), der sich „hobby-mäßig“ in die Geschichte eingearbeitet hat und uns als Experte im Gespräch zur Verfügung stand, wofür wir herzlich danken. Insgesamt haben wir rund 50 Stunden Recherche in die vorliegende Chronik investiert.
Die Darstellung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit – teils lagen keine Daten vor, teils gibt es Zeiträume, in denen keine „wesentlichen“ Ereignisse stattfanden. Teils war die Ereignisse so umfangreich (Beispiel: Weltkriege), dass wir uns auf Zusammenfassungen beschränken mussten. Sollten Sie, liebe Leser/innen, Vorschläge für Ereignisse haben, die dringend aufgeführt sein sollten, schreiben Sie uns bitte: redaktion (at) rheinneckarblog.de, Betreff Chronik Konversion.
Hinweis: Die Zahlen in Klammern in der Tabelle benennen die Quellen, die Sie am Ende des Textes finden. Werden keine Jahreszahlen aufgeführt, gelten die zuvor genannten Jahreszahlen.
1899 – 1936
Ab 1899 werden am nördlichen Rand der Mannheimer Neckarstadt die historischen Sandsteingebäude der Kaiser-Wilhelm-Kaserne errichtet, die ein knappes halbes Jahrhundert später von den US-Amerikanern in Turley Barracks umbenannt werden. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht, rücken die in Mannheim stationierten Kaisergrenadiere nach Frankreich aus. Viele sterben, wer überlebt, kommt in Kriegsgefangenschaft. Nach dem Ende des Krieges 1918 wird Mannheim gemäß des Versailler Vertrags entmilitarisiert.
Aus der deutschen Armee des Kaiserreichs wird 1919 zunächst das Friedensheer der Weimarer Republik und zwei Jahre später die Reichswehr. Zwei Jahre nach der Machtergreifung Hitlers und der Nationalsozialisten wird aus der Reichswehr 1935 die deutsche Wehrmacht. 1936 wird Mannheim remilitarisiert und neue Kasernen werden im Sinne der Militärlogik der Wehrmacht am Rande der Stadt Mannheim, am Südrand der Stadt Heidelberg und im Nordwesten der Stadt Schwetzingen errichtet.
1899 – 1901 | Mannheim Kaiser-Wilhelm-Kaserne(1) |
In der Neckarstadt-Ost wird die Kaiser-Wilhelm-Kaserne gebaut. Die Gebäude sind heute noch erhalten. |
1900 | Heidelberg Grenadierkaserne (2) |
Bau der Grenadierkaserne in Kirchheim. |
1910 | Mannheim-Feudenheim (2) | Feudenheim wird eingemeindet. |
1913 | Mannheim Sandhofen/Rheinau (2) |
Die Stadtteile Sandhofen und Rheinau kommen zu Mannheim hinzu. Die Gemarkungsfläche der Stadt vergrößert sich stark. Man sprach in dieser Zeit vom „amerikanischen Wachstum“. |
1. August 1914 – 1918 | Erster Weltkrieg (2) | Die Kaisergrenadiere rücken in Richtung Frankreich aus. |
1915 | Exerzierplatz (2) | Am Alten Exerzierplatz im Norden der Kaiser-Wilhelm-Kaserne wird ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet |
12. Juli 1919 | Rheinbrücke (2) | Die Franzosen besetzen die rheinland-pfälzische Rheinseite und die Rheinbrücke von Ludwigshafen nach Mannheim. Mannheim, die Hauptstadt von Baden, wird zur Grenzstadt. |
1. Januar 1919/20 | Exerzierplatz (2) | Eine französische Wachmannschaft rückt mit zwei Bataillonen in Mannheim ein. Ein Durchgangslager (Dulag) für alliierte Kriegsgefangene wird auf dem Alten Exerzierplatz bei der Kaiser-Wilhelm-Kaserne eingerichtet. |
1930 – 1936 | Rhein-Neckar (2) | Das „Rheinland“ ist neutrale Zone unter der Kontrolle der Landes- und Schutzpolizei |
1937 – 1945
Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs baut die Wehrmacht ihre Truppen im ganzen Reich aus. In diesem Zusammenhang wird in Heidelberg das Infanterieregiment 110 stationiert. Da die bestehende Grenadierkaserne zu klein ist, wird am südlichen Stadtrand die Großdeutschlandkaserne gebaut. In Mannheim bezieht das Pionierbataillon 33 der Wehrmacht die neu gebauten Pionier-Kaserne (später Spinelli Barracks) in Feudenheim.
In dieser Zeit werden die Loretto-Kaserne (später Hammonds Barracks) in Mannheim-Seckenheim und die Gallwitz-Kaserne (später Funari Barracks) in Käfertal gebaut. Dazu kommen die Seckenheimer Autobahnkaserne und die Vogelstanger Scheinwerferkaserne (später Taylor Barracks) für eine Flakscheinwerferabteilung der Luftwaffe.
1937 | Heidelberg Großdeutschland-Kaserne (2) |
Die neue Großdeutschland-Kaserne wird am südlichen Stadtrand von Heidelberg zwischen der Weststadt und Rohrbach auf ehemaligen Äckern gebaut. Später wird die Kaserne von den US-Amerikanern dann in Campbell Barracks umbenannt. |
17. Dezember 1937 | Mannheim-Feudenheim Pionierkaserne (2) |
Das Pionierbataillon 33 der Wehrmacht bezieht die neu gebaute Pionierkaserne, die später von der US-Armee Spinelli Barracks genannt wird. |
1939 | Mannheim-Vogelstang Scheinwerferkaserne (1) |
In den ersten Kriegsjahren 1939/1940 wird die Scheinwerferkaserne gebaut, in die eine Flakscheinwerferabteilung der Luftwaffe einzieht. |
1939 | Mannheim-Seckenheim Autobahnkaserne (1) |
Die Autobahnkaserne wird von der Wehrmacht errichtet. Sie behält ihren Namen bis 1988. Mit drei Hektar Grundfläche gehört sie zu den kleineren Konversionsflächen in Mannheim. |
1944 | Schwetzingen Panzerkaserne (2) |
In Schwetzingen wird die Panzerkaserne für Panzerfahrzeuge der Wehrmacht genutzt. |
1939 – 1945 | Rhein-Neckar (2) / (3) | Während des 2. Weltkriegs wird Mannheim insgesamt etwa zur Hälfte zerstört, wohingegen Schwetzingen und Heidelberg weitgehend unzerstört bleiben. |
26. – 30. März 1945 | Mannheim (2) | US-Einheiten nehmen die Stadt ein. Sie kommen von Norden über den Rhein. Vorher lässt die Wehrmacht alle Neckarbrücken sprengen. |
30. März 1945 | Heidelberg (3) | Einnahme Heidelbergs durch Truppen der US-Armee. |
08. Mai 1945 | Rhein-Neckar (3) | Kriegsende in Europa |
1945 | Mannheim (2) | Rund 8.300 US-Soldaten werden in Mannheim stationiert. Insgesamt siedeln sich rund 25.000 Menschen im Zusammenhang mit den US-Streitkräften hier an. Darunter befinden sich Familien und ziviles Personal. Die Stadt wird eine von 112 Gemeinden in Deutschland, in denen US-Streitkräfte stationiert sind. |
1945 | Mannheim Funari Barracks (1) |
Die ehemalige Gallwitz-Kaserne wird unter dem Namen Funari Barracks als Trainingslager genutzt. Rund 30.000 Männer, vor allem aus Osteuropa, werden dort zu Wachleuten und zivilen Mitarbeitern der US-Streitkräfte ausgebildet. |
Mannheim-Seckenheim |
Die Loretto-Kaserne wird von der US-Armee unter dem neuen Namen Hammonds Barracks als Regimentshauptquartier der US Constabulary, einer Ordnungspolizei der US-Streitkräfte genutzt. Dabei ist auch eine Fernmeldeeinheit. Auf dem Flugplatz Neuostheim unterhält diese mehrere Funkanlagen. Die Hammonds Barracks werden hauptsächlich für Verwaltungsaufgaben genutzt. | |
Mannheim-Feudenheim Spinelli Barracks (1) |
Die Wohngebiete werden von den US-Truppen besetzt, da die Bebauung weitgehend unzerstört ist.Die ehemalige Pionierkaserne wird als Spinelli Barracks eine umfangreiche Depoteinrichtung, von der aus die Truppen in Europa versorgt werden. Viele amerikanische und nicht-amerikanische Zivilisten arbeiten hier. |
1946 – 1960
In Mannheim und Heidelberg steigt insbesondere mit dem Koreakrieg 1950-1953 der Wohnbedarf durch zusätzliche Truppen, Familien und zivile Kräfte: die Coleman Barracks werden ausgebaut und das Benjamin-Franklin-Village entsteht. In Heidelberg wird ab 1954 das Patrick-Henry-Village beim Stadtteil Kirchheim als Wohnsiedlung mit sozialen und kommerziellen Einrichtungen gegründet.
In Mannheim nutzt die US-Militärpolizei die Autobahnkaserne als Stützpunkt. 1955 zieht das 181. US-Transportbataillon in die Turley Barracks ein. 1956 eröffnet die Mannheim High School im Benjamin-Franklin-Village und das erste deutsch-amerikanische Volksfest findet statt. Es wird zu einer festen Tradition in der Stadt, die erst 2009 ihr Ende findet.
1948 | Heidelberg (1) | Das EUCOM (European Command)-Hauptquartier wird von Frankfurt am Main nach Heidelberg verlegt. Die ehemalige Großdeutschlandkaserne der Wehrmacht wird als Hauptquartier der EUCOM ausgebaut und in Campbell Barracks umbenannt. |
1949 | Mannheim-Friedrichsfeld Service Center (1) |
Das „Friedrichsfeld Service Center“ zur Unterstützung der US-Einheiten wird eingerichtet. |
1950 – 1953 | Rhein-Neckar (1) | Koreakrieg |
1950 | Mannheim Funari Barracks (1) |
Luftabwehreinheiten und das Hauptquartier der 34. Luftabwehrbrigade ziehen in die Funari Barracks. |
1951 – 1952 | Heidelberg-Südstadt Mark-Twain-Village (1) |
Das Mark-Twain-Village wird gebaut. |
1951 | Mannheim Coleman Barracks (1) |
Die Coleman Barracks (zunächst nach dem Weltkrieg als „Camp Y-79“) werden erweitert. |
Mannheim Benjamin-Franklin-Village (1) |
Bis 1959 entsteht an den Coleman Barracks entlang der Birkenauer Straße/B38 das Benjamin Franklin Village. Mit 88 Hektar und 220 Gebäuden ist es eines der größten geschlossenen Wohngebiete der US-Streitkräfte in Europa. | |
Mannheim-Käfertal Sullivan Barracks (1) |
Die Sullivan Barracks beherbergen zwei Luftabwehrbataillone, zwei Kampfbataillone sowie Einheiten der Militärpolizei und der Fernmeldetruppe. | |
Mannheim Autobahnkaserne (1) |
Die Highway Patrol der US-Militärpolizei nutzt bis 1958 die Autobahnkaserne als Stützpunkt. | |
1955 – 1957 | Heidelberg Patrick-Henry-Village (1) |
Im Stadtteil Kirchheim wird von den Amerikanern eine Wohnsiedlung mit vielfältigen sozialen und kommerziellen Einrichtungen gegründet. |
1955 | Mannheim Turley Barracks (1) |
Das 181. Transportbataillon zieht in die Turley Barracks ein. |
1956 | Mannheim (1) | Die Mannheim High School wird eröffnet und bleibt bis 2012 bestehen. |
Mannheim Benjamin-Franklin-Village (13) |
In der Benjamin Franklin Village findet das erste Deutsch-Amerikanische Volksfest statt. Die Volksfeste finden bis 2009 statt, manche davon in den Funari Barracks. | |
17. April 1958 | Mannheim (2) | Es finden Demonstrationen für Frieden in großen Städten wie auch in Mannheim statt. |
1961 – 1970
Die Kasernen in Mannheim und Heidelberg werden weiter ausgebaut und von hier aus werden zudem NATO-Manöver ausgeführt (NATO= North Atlantic Treaty Organization). Viele US-Soldaten werden gleichzeitig nach Vietnam geschickt, weshalb die europäischen Garnisonen ausgedünnt werden. Die Städte profitieren wirtschaftlich von den US-Streitkräften.
Bei den REFORGER-Manövern (Return of Forces To Germany) geht es darum, dass Einheiten der US-Streitkräfte im Bedarfsfall aus den USA eingeflogen werden und in Lagerhallen die komplette Ausrüstung für ihre Einheit vorfinden. Es werden auch die kulturellen und sportlichen Einrichtungen auf den US-Militärflächen ausgebaut, beispielsweise gibt es in der Autobahnkaserne nun ein Theater.
1961 | Mannheim Hammonds Barracks (1) |
Die NATO Armeegruppe Mitte (Central Army Group) zieht von Heidelberg in die Hammonds Barracks. Dabei dienen auch deutsche, kanadische und französische Soldaten zeitweise in den Hammonds Barracks. Es besteht bis 1980, danach wieder in Heidelberg. |
1961 | Mannheim Autobahnkaserne (1) |
Hier entsteht ein Theater. Zuvor wurde es als Kino für weibliche Militärangehörige des Women’s Army Corps (WAC) genutzt. |
21. Januar 1963 | Mannheim (2) | Der Winter 1963 ist sehr hart. In der Stadt wird viel Brennmaterial zum Heizen benötigt. Die US-Armee und die Bundeswehr stellen der Stadt Tankfahrzeuge zur Verfügung, um die Stadt mit Heizöl zu versorgen. |
14. Februar 1964 | Mannheim Käfertal (2) |
Die Einheiten des 7th Army Support Command verabschieden den Generalmajor William A. Harris mit einer Parade in Käfertal. |
1964 | Mannheim Spinelli Barracks (1) |
Das Hauptquartier des 28. Transportbataillons zieht in die Spinelli Barracks ein. |
1965 | Mannheim Taylor Barracks (1) |
Wichtige Führungseinheiten der Fernmelde- und Unterstützungstruppen werden in der Taylor Barracks stationiert. Teile der Mannheimer Standortverwaltung und der Polizeichef der US-Army Europa (USAREUR Provost Marshal) haben nun hier ihren Sitz. |
Mannheim Spinelli Barracks (1) |
Das „Großgerät“ einer kompletten Kampfbrigade aus den USA wird jeweils in einer der neu errichteten großen klimatisierten Hallen eingelagert und gewartet. | |
01. Dezember 1966 | Heidelberg (10) | Die Hauptquartiere der 7. US-Armee und der US Army Europe werden endgültig miteinander verschmolzen, in Heidelberg angesiedelt und in Hauptquartier US Army, Europe and Seventh Army umbenannt. |
Mannheim Funari Barracks (1) |
In den Funari Barracks wird ein wichtiges Hauptquartier für die Nachschubdepots der US-Streitkräfte in Europa eingerichtet. Dafür ist das Combat Equipment Group Europe (CEGE) mit seinen zivilen Mitarbeitern zuständig. |
1971 – 1989
Die Terrorgruppe „Rote Armee Fraktion“ (RAF) verübt 1972 und 1981 Attentate in Heidelberg auf US-Streitkräfte, sowie auf US-Soldaten und -Einrichtungen in ganz Deutschland. Die US-Streitkräfte fühlen sich bedroht und sichern ihre Einrichtungen ab. Der Austausch mit der deutschen Bevölkerung findet hauptsächlich über sportliche und kulturelle Veranstaltungen statt, wie die Deutsch-Amerikanischen Volksfeste in Mannheim und Heidelberg.
1982 kommt es zu zwei schweren Vorfällen im Zusammenhang mit der US-Armee: Ein junger US-Soldat fährt mit einem M60-Kampfpanzer Amok durch die Mannheimer Innenstadt. Vier Menschen werden verletzt. Der Soldat stürzt in dem Panzer von der Kurpfalzbrücke in den Neckar und ertrinkt. Nur zwei Monate später sterben 46 Fallschirmsportler bei einem Hubschrauberabsturz während der Flugschau auf dem Flughafen Neuostheim: 8 Amerikaner, 6 Deutsche, 23 Franzosen, 9 Waliser.
24. Mai 1972 | Heidelberg (1) | Terroristen der RAF zünden im Hauptquartier der US-Landstreitkräfte in Europa zwei Autobomben. Dabei werden drei Personen getötet und fünf Personen verletzt. |
29. August 1979 | Mannheim Käfertaler Wald (2) |
Die US-Streitkräfte stellen eine Anfrage bei der deutschen Regierung in Bonn, den Käfertaler Wald als Truppenübungsplatz zu nutzen. |
03. September 1981 | Mannheim/Heidelberg (2) | Die Central Army Group (CENTAG) verlegt ihr Hauptquartier von Seckenheim nach Heidelberg. |
15. September 1981 | Heidelberg (1) | Mitglieder der RAF greifen den Mercedes von USAREUR-Kommandeur Frederick Kroesen mit einer Panzerfaust an. Die starke Panzerung des Fahrzeugs hält die Granate ab, Kroesen überlebt den Anschlag unverletzt. |
10. Juli 1982 | Mannheim (4) |
Ein 20-jähriger US-Gefreiter fährt in einem M60-Kampfpanzer mit scharfer Munition durch Mannheim. Auch ohne Waffeneinsatz werden vier Menschen verletzt. Es entsteht ein Sachschaden von zwei Millionen D-Mark. Der Panzer rammt eine Straßenbahn, zerstört Autos, Häuserfassaden sowie Ampelanlagen und Strommasten. Als er auf die Fußgängerzone Breite Straße fährt, geraten die Passanten in Panik, auch weil der Panzer sein Geschützrohr hin und her schwenkt. Die Militärpolizei und die Polizei mobilisieren alle Kräfte. Schwer bewaffnete Militärpolizisten verfolgen den Panzer. Es werden Straßensperren errichtet. Auf der Kurpfalzbrücke schneiden sie dem Panzer den Weg ab. Der Panzer stürzt in den Neckar und der Soldat ertrinkt. Sein Motiv für die Amokfahrt ist bis heute unklar. |
02. Mai 1982 | Mannheim Schloss (2) |
Die 28. Deutsch-Amerikanische Freundschaftswoche wird eröffnet. General a. D. George S. Blanchard, der bis 1979 Oberbefehlshaber der US Army in Europa, der 7. Armee und der Central Army Group der NATO war, wird die Lucius D. Clay-Medaille verliehen. |
11. September 1982 | Mannheim-Neuostheim Autobahn 656 (5) |
Bei den „Internationalen Mannheimer Luftschiffertagen“ stürzt ein vollbesetzter US-Hubschrauber über der Autobahn A656 bei Neuostheim ab. Die Flugschau findet auf dem Gelände des Flugplatzes zum 375. Stadtjubiläum statt. Junge Zivilisten aus England, Frankreich und der Rhein-Neckar-Region wollen den deutschen Rekord im Massen-Fallschirmformationsspringen brechen. 46 Personen kommen dabei ums Leben. |
1990 – 2000
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Ende des Kalten Krieges werden die US-Truppen deutlich reduziert. Mannheim steht als Standort zur Disposition, bleibt aber zusammen mit Heidelberg erhalten. Für den Zweiten Golfkrieg 1990/91 und die Jugoslawienkriege 1991-1999 werden Soldaten aus den Mannheimer Kasernen entsandt. In Mannheim beginnen erste Überlegungen von Seiten der Stadt bezüglich einer möglichen zivilen Nutzung der US-Militärflächen.
3. Oktober 1990 | Rhein-Neckar (1) | Die Wiedervereinigung Deutschlands hat Folgen für die Region. Es gibt erste Pläne der US-Armee, die Truppen in Europa zu reduzieren. |
1990 | Mannheim (2) | Die Gendarmerie-Kaserne in Schönau wird zurückgegeben und wird zu einem Wohngebiet ausgebaut. |
1990 | Mannheim (2) | Die Stadt Mannheim beschäftigt sich ihren Angaben nach mit der Frage, wie Militärflächen zivil genutzt werden können. Erste Konzepte in Bezug auf Grünflächen, Wohnbedarf und Gewerbeflächen werden erstellt. |
1994 – 2005 | Mannheim Turley Barracks (1) |
Am Hochschulcampus in den Turley Barracks der University of Maryland können bis zu 150 Studenten einen vollwertigen Hochschulabschluss erwerben. |
1994 | Mannheim Coleman Barracks (1) |
Das 28. Transportbataillon wird in die Coleman Barracks verlegt. |
1995 | Mannheim Funari Barracks (1) |
Aus Worms zieht das 5. Fernmeldekommando in die Funari Barracks. |
2001 – 2012
Nach den islamistischen Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York und Washington werden die US-Gelände in der Metropolregion Rhein-Neckar komplett eingezäunt und noch stärker abgesichert. In Heidelberg sollen die Standorte zusammengelegt und weiter ausgebaut werden, in Mannheim die Landebahn des Coleman-Airports. Trotz intensivem Einsatz der Oberbürgermeister von Heidelberg und Mannheim für die Erhaltung der Standorte, entscheiden sich die US-Amerikaner 2010 dafür, nach Wiesbaden zu ziehen und dort den Standort auszubauen.
Über 60 Jahre deutsch-amerikanischer Geschichte gehen für die Metropolregion Rhein-Neckar zu Ende. Die ersten Kontingente der US-Truppen werden abgezogen. Der Konversionsprozess geht mit der Freigabe der ersten Gelände in eine zentrale Phase. In allen drei Städten werden Bürgerbeteiligungsverfahren in Gang gesetzt. Das Bild aller drei Städte wird sich in den nächsten Jahren signifikant verändern: Die Vorschläge reichen von der Bundesgartenschau 2023, über Ingenieurszentren bis hin zu großen Sport- und Kultureinrichtungen.
11. September 2001 | Rhein-Neckar (1) | Die Sicherheitsmaßnahmen werden nach den Terroranschlägen 11. September 2001 deutlich erhöht. Das Benjamin Franklin Village wird abgeriegelt und bildete nun mit den Funari Barracks und den Sullivan Barracks eine organisatorische Einheit. Die US-Soldaten werden angewiesen, mit ihren Familien in Kasernen ziehen. |
2003 | Heidelberg Mark Twain Village (2) |
Nach den Anschlägen am 11. September 2001 werden das Mark Twain Village, Patrick Henry Village und alle anderen Einrichtungen der US-Armee in Heidelberg mit Zäunen und Eingangskontrollen ausgestattet. Vorher war der Zutritt weitgehend frei. |
2004 | Mannheim Coleman Barracks (1) |
Das Hauptquartier des amerikanischen Soldatensenders AFN (American Network Forces) Europe zieht von Frankfurt nach Heidelberg. |
September 2007 | Mannheim (2) | Laut der Stadt Mannheim werden Abzugspläne der US-Truppen bekannt. |
2007 | Mannheim Turley Barracks (1) |
Das 181. Transportbataillon verlässt die Turley Barracks. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ist nun Eigentümer des ehemaligen Kasernenareals und schreibt das Gelände und die historischen Gebäude im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften aus. |
19. Oktober 2009 | Heidelberg (3) | Die US Armee gibt bekannt, ihr Hauptquartier in Europa von Heidelberg nach Wiesbaden verlegen zu wollen. |
Mannheim Turley Barracks (8) |
Die BIOTOPIA Arbeitsförderungsbetriebe Mannheim gGmbH nutzt ein Gebäude der Turley Barracks. | |
2010 | Mannheim (2) | Der Hauptnutzer der Funari Barracks ist nun die 18. Brigade der US-Militärpolizei, die aber bald nach Sembach verlegt wird. |
Freigabe STEM Barracks in Seckenheim und dem Mannheim Class III Point in Sandhofen. | ||
23. Juni 2010 | Heidelberg (3) | Die US Armee kündigt offiziell an, ihre Standorte in Heidelberg bis 2014 aufzulösen. Später wird dies auf Ende 2013 vorgezogen. |
24. Juni 2010 | Mannheim (2) | OB Dr. Peter Kurz bezeichnet den Abzug der US-Streitkräfte als große Herausforderung, die auch Chancen biete. Für die grundsätzliche Nutzung der einzelnen Liegenschaften bestehen bereits Untersuchungen und Überlegungen, über die der Gemeinderat 2008 entsprechend informiert wurde. |
10. Dezember 2010 | Rhein-Neckar (2) | Erstes gemeinsames Abstimmungsgespräch zur Konversion in der Region: Mannheims Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) und Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos) treffen sich mit dem Landesbeauftragten für die Angelegenheiten der Streitkräfte, Innenminister Heribert Rech (CDU). |
01. Juni 2011 | Rhein-Neckar / Mannheim (2) | Die 1. Regionalkonferenz Konversion Rhein-Neckar findet in Mannheim statt. |
01. Juli 2011 | Mannheim Hammonds Barracks (2) |
Freigabe durch US-Streitkräfte |
30. August 2011 | Mannheim Taylor Barracks (2) |
Freigabe durch US-Streitkräfte |
10. November 2011 | Heidelberg (3) | Der Heidelberger Gemeinderat beschließt die Durchführung sogenannter „Vorbereitender Untersuchungen“ für die frei werdenden US-Flächen. |
15. Mai 2012 | Schwetzingen Kilbourne Barracks (9) |
Die US-Streitkräfte räumen die Kilbourne-Kaserne und geben die Liegenschaft an die vom Bund beauftragte Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zurück. |
12. Juli 2012 | Mannheim Friedrichsfeld (2) |
Im Gewerbegebiet Friedrichsfeld West findet zum Teil auf ehemaligen US-Militärgelände der Spatenstich für ein „Porsche Zentrum“ in Friedrichsfeld. |
02. Oktober 2012 | Mannheim (2) | Die Stadt Mannheim kauft das Turley-Gelände über die Mannheimer Wohnungs- und Städtebau-Projektentwicklungsgesellschaft (MWSP) von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) für 22 Millionen Euro. Ende 2012 verkauft die Stadt einen Teil des Geländes und der Gebäude an die Frankfurter Tom Bock Group weiter. Anfang 2013 beginnen die Arbeiten. |
Oktober 2012 | Schwetzingen Tompkins Barracks (9) |
Die US-Streitkräfte ziehen aus den Tompkins Barracks ab. |
bis 2015 | Rhein-Neckar (2) | Der Konversionsprozess soll abgeschlossen sein. |
Quellen:
(1) Prof. Dr. Christian Führer
(2) mannheim.de / Mannheim Stadtgeschichte
(3) heidelberg.de
(4) Der Spiegel
(5) Rhein-Neckar-Zeitung
(6) Mannheimer Morgen
(7) US-Army Public Relations
(8) Biotopia
(9) schwetzingen.de
(10) US Army Europe
Fotostrecke:
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