Viernheim/Rhein-Neckar, 22. November 2011. Ein aufmerksamer Leser hat uns eine Montage zukommen lassen, die zeigt, dass weite Teile des Aufmachers des aktuellen Viernheimer Tageblatts eine Kopie ohne Quellenangabe sind.
Von Hardy Prothmann
Wir freuen uns sehr über die anonyme Zusendung – zeigt sie doch, dass unsere Medienkritik aufmerksam aufgenommen wird und den Mediennutzern die Augen öffnet, wie sie von vielen Medien regelrecht betrogen werden.
Was uns überhaupt nicht freut, ist die unanständige Dreistigkeit vieler Redaktionen, die heutzutage anscheinend “Standard” ist. Es wird geklaut, kopiert, zusammengeschummelt und im Endeffekt Geld dafür verlangt. Von den Abonnenten und von den Anzeigenkunden.
Plagiate am laufenden Meter – unanständig und dreist
Geboten werden dafür nicht etwa eine saubere, handwerkliche, journalistische Leistungen, sondern Plagiate am laufenden Meter. Lauter kleine Guttenbergs schnipseln sich so jeden Tag ihre “Aufmacher” zurecht und betrügen ihre Leser.
So schreibt ein “Oliver Höflich” den aktuellen “Top-Artikel” fürs Viernheimer Tageblatt, gut 50 Prozent sind 1:1-Übernahmen von bereits veröffentlichten Texten. Vermutlich ist die Deutsche Presse-Agentur (dpa) die Original-Quelle und ob dpa immer sauber Quellen benennt, darf getrost bezweifelt werden.
Wir haben die Montage nach Erhalt selbstverständlich überprüft – tatsächlich müssen die Übernahmen nicht unbedingt aus den angeführten “Quellen” erfolgt sein. Das linke Beispiel zeigt Spiegel Online, die selbst einen dpa-Text übernommen haben, das rechte die Mittelbayerische Zeitung, die ebenfalls einen dpa-Artikel bringt, ohne die Quelle dpa allerdings deutlich zu kennzeichnen.
Mittig unten wird ein Textausschnitt bei faz.net gezeigt. Die FAZ gibt sich bei dem Text selbst als Quelle an.
Zitate sind möglich – bei Nennung der Quelle
Übernahmen der dpa sind durchaus gestattet – wenn man dafür zahlt. Sofern das Viernheimer Tageblatt (VT) den sehr teuren dpa-Dienst also gegen Geld bezieht, darf die Zeitung die Texte übernehmen und bearbeiten. Der journalistische Anstand und die gute Sitte gebietet aber, die Quelle auch zu benennen. Davon hat man beim VT allerdings allem Anschein nach noch nichts gehört.
Den Vorwurf muss ich aber auch die Mittelbayerische Zeitung gefallen lassen, die ihre Leser ebenfalls nicht informiert. Den Originalartikel haben wir bei stern.de gefunden, die am Anfang und am Ende des Textes die Quelle nennen.
Recycling-Journalismus mit Copy & Paste
Abgesehen von der mangelnden Quellenauskunft hat der VT-Artikel der Ausgabe vom 22. November 2011 noch einen gravierenden Mangel – er verwendet Textmaterial der dpa, das wahrscheinlich vom 12. November 2011 stammt, also schon zehn Tage alt ist.
Das neue Internetportal Viernheim24.de schreibt auch gerne ab. Wir hatten darüber berichtet und wurde – das ist jetzt eine exklusive Neumeldung – dafür von der Geschäftsführerin Stephanie Beckenbach abgemahnt. Wir sollten den Artikel löschen und die Anwaltskosten übernehmen.
Abmahnung durch viernheim24.de abgewiesen
Wir haben Frau Beckenbach darüber informiert, dass wir gerne bereit sind, unsere Behauptung gerichtlich feststellen zu lassen. Danach haben wir nichts mehr von Frau Beckenbach oder jemand anderem von Viernheim24.de gehört. Das war denen wohl zu heiß.
Wir stellen aber fest, dass die Quellenlage ein wenig transparenter geworden ist bei diesem Internetportal, das ansonsten überwiegend nur durch “Bratwurstjournalismus” auffällt. Eine echte “Story”, ein journalistisch gutes Stück Handwerk konnten wir bislang nicht erkennen.
Wer viel Kritik austeilt, kann auch selbst welche vertragen und wir sehen sehr selbstkritisch, dass wir noch viel zu wenig über Viernheim berichten – schlicht und ergreifend, weil uns zuverlässige Leute fehlen, die uns zuarbeiten. Wir arbeiten dran, unser Angebot zu verbessern und wenn Sie Lust haben, daran mitzuwirken, freuen wir uns über eine Bewerbung an redaktion (at) viernheimblog.de.
Mitarbeiter von Viernheimer Medien sehen bitte von einer Bewerbung ab – mit deren journalistischem Selbstverständnis dürften die noch nicht einmal Kaffee bei uns kochen.