Mannheim 22. Oktober 2017. (red/pro) Aktualisiert. Die Polizei hat, wie in den vergangenen Jahren auch, Gäste von “Alice in Wummerland” kontrolliert. Die Trefferquote liegt bei 50 Prozent. Übersetzt: Jede zweite kontrollierte Person hat Drogen dabei. Und jede Person, bei der man Drogen findet, wird angezeigt. Wie läuft so eine Kontrolle ab, was erleben die Beamten, wie erleben das die kontrollierten Party-Gänger? Wir waren dabei und schreiben eine sehr beeindruckende Reportage darüber – dazu brauchen wir Ihre Unterstützung.
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Von Hardy Prothmann
Wie läuft so eine Kontrolle ab? Was erleben die Beamten? Was die Kontrollierten? Wie ist das, wenn die “Hosen runtergelassen werden” müssen? Das lesen Sie exklusiv bei uns.
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Für uns gilt kein Tarif, keine Überstundenregelung. Wir stehen mitten in der Nacht auf einer zugigen Straße, begleiten eine Kontrolle der Polizei. Warum? Weil wir das angefragt haben. Weil wir wissen wollen, wie das abläuft. Weil wir Ihnen das schildern wollen. Wir sind Auge und Ohr für Sie, unsere Leser/innen. Wir erarbeiten Inhalte, die Sie sonst nirgendwo erhalten.
Wir stehen auch stundenlang auf Demonstrationen rum. Wir lesen zentimeterdicke Vorlagen. Wir fuchsen uns in komplexe Themen ein und setzen Themen. Immer per “Vorkasse”. Wir liefern, Sie wollen das für lau? Schlechtes Geschäft für uns – und am Ende für Sie.
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Insbesondere linke Kreise, damit meinen wir Teile von SPD, Grüne, Die Linke haben wir als größere Feinde einer unabhängigen Berichterstattung kennengelernt, als wir uns das jemals vorstellen konnten. CDU und FDP geben uns auch nicht wirklich ein gutes Gefühl, dass kritischer Journalismus gewollt ist. Die AfD auch nicht.
Sie, liebe Leserin, lieber Leser entscheiden mit, was Ihnen geboten wird. Möglicherweise finden Sie unser Angebot sehr anstrengend und es gefällt Ihnen nicht, weil es nicht in Ihr Weltbild passt. Spätestens hier sollten Sie aufmerksam werden. Welche Zumutung bieten wir Ihnen? Was wäre, wenn Sie sich drauf einlassen zu erkennen, dass Sie neue Perspektiven kennenlernen und sich mit Kritik auseinandersetzen (müssen)? Was kann daraus entstehen? Was ändert sich?
Wir haben viel geändert. Unter anderem in Bezug auf das Ansehen der Polizei.
Sie finden bei uns seit Jahren eine sehr wohlwollende Berichterstattung über die Arbeit der Polizei. Das hat Gründe. Wir beschäftigen uns intensiv mit diesem Teil unseres Staatswesens und wir können “unserer” Polizei ein sehr gutes Zeugnis ausstellen. Und wer unsere Berichte verfolgt, weiß, dass wir die Polizei auch sehr kritisch anpacken – so wie alle Themen. Kritik kann negativ wie positiv sein. Kritik heißt, sich auseinandersetzen. Und das ist ein anstrengender Job – insbesondere dann, wenn man auf Basis von Fakten “nicht einverstanden” ist.
Hier arbeiten Frauen wie Männer mit einem festen Vorsatz für eine freiheitliche Gesellschaft auf Basis einer rechtsstaatlichen Ordnung. Ja. Es gibt den komplett irritierenden NSU-Skandal. Ja. Der Fall Anis Amri ist noch längst nicht abgeschlossen.
Und Ja: Das PPMA ist in einem hervorragenden Zustand. Trotz boulevardesker Skandalisierungen durch andere Medien. Das Polizeipräsidium Mannheim ist real – und nicht pauschal.
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Aktualisierung: 22. Oktober, 23:35 Uhr
“Die müssen dann halt die Hose runterlassen…”
Mannheim 22. Oktober 2017. (red/pro) Innerhalb von drei Stunden kontrolliert rund ein halbes Dutzend Beamte am Neckarauer Bahnhof etwa 30 Personen. Sie finden bei 17 Personen Betäubungsmittel, meist Amphetamine und Marihuana. Aber auch Substanzen, von denen die Beamten zunächst nicht wissen, um was es sich handelt. Die Polizisten in zivil des Reviers Neckarau sehen selbst aus wie Partygänger, tragen Hoodies und Basecaps und kontrollieren mutmaßliche Partygänger, die zur 10. “Alice im Wummerland” im MS Kennt-doch-jeder unterwegs sind.
Jochen ist auf Toilette. Draußen wummern die Bässe mit 160 bpm. Er schließt sich ein, lässt die Hose runter. Seine Finger gleiten in seine Poporitze. Er muss ein wenig fummeln, weil das Päckchen etwas festklebt. Dann hat er es, zieht die Hosen wieder hoch, öffnet das Päckchen. Darin hat er einige Extasy-Pillen, Pep und Marihuana.
Jochen schluckt Extasy, Easy und Kathie ziehen Pep
Er schluckt eine Pille. In etwa 20 Minuten wird sie einen Rausch bei ihm verursachen und für einige Stunden wirken. Der Botenstoff Serotonin wird verstärkt ausgeschüttet werden und sorgt für Glücksgefühle. Auch Dopamin und Nordadrenalin wird der Körper freisetzen. Er hat die Drogen unbehelligt schmuggeln können. Die Polizei hat ihn nicht kontrolliert. Zufall.
In 20 Minuten wird Jochen sehr glücklich sein. Nicht zufällig, sondern “gedopet”. Er wird die Musik, das aufwändige Ambiente genießen, gut drauf sein. Vielleicht wird er auch Sachen sehen und empfinden, die es gar nicht gibt. Denn die chemische Substanz ist MDA und hat halluzinogene Wirkung. Seine Körpertemperatur wird auf bis zu 40 Grad ansteigen.
Easy, eigentlich Isabel, ist mit ihrer Freundin extra aus Titisee/Neustadt angereist. Sie ist zum vierten Mal auf der Techno-Party. Auch die Freundinnen haben sich auf der Toilette eingeschlossen, lassen die Hosen runter und ziehen den Klebestreifen über der rasierten Scham ab. In den Tütchen befindet sich Amphetamin, auch Speed oder Pep genannt.
Kathie, eigentlich Katharina, hat ein Papierröhrchen dabei. Beide ziehen das Pulver die Nase hoch. Die Portion haben sie vorher festgelegt. Die beiden 20-jährigen Frauen wissen genau, wie viel sie brauchen. Zur Not hat Kathie noch einen kleinen Nachschub dabei und auch einen Joint. Vielleicht rauchen sie den, bevor sie sich um acht Uhr wieder in eine Regionalbahn setzen und mit dem Baden-Württemberg-Ticket nach Hause fahren.
Drogenkonsum getimet, Wasser-Flatrate
Es ist 23 Uhr und der Zeitpunkt ist genau geplant. Sie werden jetzt bis gegen 8 Uhr unter dem Einfluss der Droge stehen. Sie werden keinen Hunger haben. Sie werden durchtanzen, ohne müde zu werden.
“Aufs Haus” geht eine “Wasser-Flatrate” – klar, wer viel tanzt, braucht Flüssigkeit. Wer synthetische Drogen nimmt, auch. Die Geste der Veranstalter gilt in der Szene als “nobel”, weil sonst auch der Ausschank von Wasser natürlich Geld kostet.
Zur gleichen Zeit am Bahnhof Neckarau. Vor dem Ausgang stehen fünf, sechs Typen und eine Frau rum, die aussehen, als ob sie auf dem Weg zum “Wummerland” seien. Sind sie aber nicht. Sie warten auf den nächsten Schwung Fahrgäste, die auf dem Weg zur Party hier vorbeikommen müssen.
Und sie werden genau hinschauen.
Hoodie-Polizisten
“Guten Abend, Polizeikontrolle”, sagt der Typ im Hoodie. Er und der andere Typ mit Basecap zeigen ihre Ausweise und postieren die aufgehaltenen Personen an einer Wand. Eine macht eine Bewegung. Ein anderer Typ mit Hoodie schaltet seine Taschenlampe an und sucht den Boden ab – was ist hier gerade geflogen? Er findet ein Päckchen, das einer der beiden Partygänger weggeworfen hat. Nur blöd, dass die “Typen”, die Polizeibeamte in zivil sind, das zu dritt beobachtet haben.
Der Auftritt der Beamten ist freundlich, aber auch eindeutig. Ein Teil ist an den Personen. Ausweiskontrolle. Andere sichern von hinten ab und überblicken die Kontrollsituation, während die Kollegen beginnen, die Personen abzutasten.
Das unterscheidet sich sehr vom Abtasten, wie man das an Flughäfen kennt, was eher großflächig passiert, weil man auf Waffen kontrolliert. Die Beamten hier tasten den Körper und die Kleidung sehr intensiv ab, dort wo Drogen deponiert sein könnten, “zwicken” sie die Kleidung. Danach sind Taschen und Rücksäcke sowie Geldbörsen dran, die akribisch durchforstet werden.
Es geht zur Sache: Hosen runter
Am Ende geht es “zur Sache”. Die kontrollierten Personen werden in einen Sprinter gebeten. Tür auf, Person und Beamter rein und “dann müssen die halt die Hose runterlassen”. Das ist ein wenig wie beim Arzt, nur dass das Wartezimmer eine kahle Wand eines zugigen Bahnhofs ist und das Behandlungszimmer die Ladefläche eines Transporters.
Manche lassen es drauf ankommen. Andere geben das Zeug freiwillig heraus,
sagt einer der Beamten, der als Leistungsträger gilt. Er kennt sich mit Drogen sehr gut aus und hat überdurchschnittliche “Treffer”. Doch auch die Freiwilligkeit hilft nicht – denn die Beamten wissen, dass es Partygänger gibt, die eine Anzeige einkalkulieren, vermeintlich den “Jagdtrieb” der Beamten befriedigen wollen und ihnen eine kleine Beute anbieten (in der Hoffnung, dass ein Verfahren wegen “Geringfügigkeit” eingestellt wird), um mit dem Stoff am Körper dann auf der Toilette wie Jochen was einzuwerfen, um eine “geile Party” zu erleben.
Die Polizei ist nicht doof
Polizeibeamte sind, anders als viele denken, nicht doof. Sie lernen und sie müssen ständig dazulernen.
Im vergangenen Jahr hatten wir einen mit einem Zauberkästchen. Das war so eine Art Pillenbox, in der aber keine Pillen waren. Wir waren kurz davor, das Ding aufzubrechen, dann zeigte uns der Besitzer den Trick, wie man den “doppelten Boden” öffnet. Da waren dann die Pillen drin. Soviel kann man sagen, die sind schon kreativ,
sagt Elmar Hörscher. Der 38-jährige Polizeirat leitet das Revier Neckarau und freut sich über die Einsatzbereitschaft seiner Beamten.
Unser Einsatz hier ist nicht vergleichbar mit dem auf der Timewarp. Aber die Kollegen sind hochmotiviert und die Trefferquote zeigt, dass es richtig und wichtig ist, diese Kontrollen durchzuführen,
sagt Elmar Hörscher vor Ort. Im Vorgespräch macht er seine Haltung deutlich:
Alkohol und Drogen im Straßenverkehr sind Killer. Menschen erleiden erheblichen Schaden und teilweise kommen sie um. Das Leid sehen die meisten nicht. Ich bin da aus Überzeugung hinterher.
Umfangreiche Kontrolle
Mittlerweile kommen viele mit dem ÖPNV. Die Bahnen sind voll. Man weiß, dass die Polizei kontrolliert und Anzeigen drohen. Den “Lappen” riskiert man nicht, Kollateralkosten durch Anzeigen hingegen schon.
Plötzlich ertönt ein “Yelp”-Signal. Sehr eindeutig. Ein Streifenwagen hält direkt auf Höhe der Drogenkontrollstelle ein Fahrzeug an. Der Fahrer muss blasen und eine Urinprobe abgeben. Der Fahrer sieht nicht aus wie ein Technopartygänger – aber er war auffällig.
Seit unsere Beamten durch KoDiS geschult werden, steigt die Zahl der erfolgreichen Ermittlungen,
sagt Herr Hörscher. “KoDis” steht für “Kompetenzteam Drogen im Straßenverkehr”. Gut 600 Beamte wurden seit 2014 schon theoretisch geschult. Über 200 weitere in einem zweiten praktischen Modul.
Wir wissen nicht, ob mehr Fahrzeuglenker als früher Drogen nehmen, aber wir wissen, dass wir sie besser erkennen und überführen können.
Freundlich, aber bestimmt, auch gegenüber “verdeckten Ermittlern”
Zwischenzeitlich scherzen die Beamten mit einige kontrollierten Personen. Einer hatte Koffeintabletten dabei. Zumindest war das die Behauptung. Ein Test zeigt, dass die Tablette keine verbotene Substanz enthält. Der Besitzer bekommt die restlichen Pillen zurück.
Kurz zuvor verläßt eine kontrollierte Person sichtbar aufgewühlt die Örtlichkeit:
Der junge Mann lebt angeblich in einer Pflegefamilie. Er meinte, dass er jetzt wegen der positiven Drogenkontrolle dort rausfliegen würde und schilderte in dramatischen Worten, wie negativ sich das auf sein Leben ausüben würde. Das können wir nicht überprüfen und das ist für uns auch kein Maßstab. Wir haben bei ihm Drogen in der Unterhose gefunden. Er hatte also den Vorsatz, Drogen zu konsumieren und den Vorsatz, diese zu verstecken, um bei einfachen Kontrollen unentdeckt zu bleiben. Wenn er sich jetzt Sorgen um sein weiteres Schicksal macht, hätte er besser vorher nachgedacht,
sagt ein Beamter.
Eines meiner Highlights war einer, der meinte, klar habe er Drogen dabei, er sei ja auch ein “verdeckter Ermittler” und müsse sich “szenerelevant” verhalten,
sagt ein anderer Polizist.
Die Kollegen im Umfeld grinsen. Selten blöde Story, aber mit “Fun-Faktor”. Man erlebt bei solchen Kontrollen sehr viel “Überraschendes”. Ist das nicht “Amtsanmaßung”? “Jo”, sagt einer der Beamten:
Da muss man auch mal die Kirche im Dorf lassen. Das zeigen wir nicht an, weil es ganz offensichtlich eine selten blöde Ausrede war. Ein verdeckter Ermittler hätte sich ausweisen können. Es war klar, dass das nur ein Schutzbehauptung war.
Stadtpolizisten vs. Dorfpolizisten
Wieder wird eine Gruppe kontrolliert. Personalien, Abtasten, Hose runterlassen. Als die jungen Frauen durch sind – der “intime” Teil wurde von der anwesenden Beamtin vorgenommen – sagen sie:
Was echt nervt, ist, dass das jetzt die dritte Kontrolle war. Andererseits ist das schon ok so. Drogen sind scheiße. Wir können Party auch ohne. Bei uns im Dorf sind die Bullen, äh Polizisten, anders drauf als hier in Mannheim. Die produzieren sich mehr, die Mannheimer sind cooler.
Was die junge Frau “analysiert”, ist vermutlich Alltag. Der “Dorfpolizist” hat vermutlich keine “KoDiS”-Schulung und hat eher wenig mit Drogenkontrollen zu tun – sein moralischer Ansatz ist ein anderer als bei einem Stadtpolizisten:
Wir machen hier eine Kontrolle und die nehmen wir ernst. Das teilen wir auch den Personen mit. Dabei sind wir höflich, aber bestimmt. Wir teilen die Rechtsgrundlagen mit und setzen diese notfalls durch, wobei wir mit diesem Publikum eigentlich keine Probleme mit Aggressivität haben,
sagt Polizeihauptkommissar Feßler, der den Einsatz leitet.
Es gibt leider viele falsche Informationen. Der Besitz von Drogen ist strafbar, egal in welcher Menge. Wir erstatten immer Anzeige. Was die Justiz daraus macht, ist nicht unsere Angelegenheit. Im Umfeld der Party gibt es Hinweise, dass man sich nach der “Dienstnummer” des Beamten erkundigen und seine Rechte einfordern soll. Es gibt keine “Dienstnummer”, das ist Quatsch. Wir teilen den Namen und das Revier mit, falls jemand Anzeige gegen uns erstatten will. Rechtsstaatlich ist das möglich. Erstaunlich ist, wie “genau” informiert sich manche geben, die wissen, dass sie “rechtsstaatlich” Verstöße begehen und sich dann auf den Rechtsstaat berufen wollen. Damit gehen wir professionell um.
Es gibt nichts, was es nicht gibt
In diesem Moment quietschen Reifen und ein Kraftfahrzeug beschleunigt deutlich. Auch damit müsse man umgehen, dass es leider nicht wenige gäbe, die sich produzieren wollten, sagt Herr Hörscher:
Die stehen aber nicht gerade im Fokus. Bei anderen Kontrollen würden die womöglich eine Straße weiter rausgewunken, weil wir natürlich diese Verhaltensweise kennen.
Berufsalltag für Polizisten. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Auch bei den Drogenkontrollen machen sie positive wie negative Erfahrungen. Negativ ist, wenn man feststellt, dass mehr als die Hälfte der kontrollierten Personen unfähig ist, einfach so Spaß zu haben. Ohne Drogen keine Party. Negativ auch, wenn man nach Strich und Faden belogen wird. Negativ auch, wenn es im Vorfeld halbgare “Informationen zur Wahrung der eigenen Rechte” gibt, die dann zu sinnlosen Diskussionen führen. Siehe “Dienstnummer”.
Positiv sind die vielen respektvollen Erfahrungen. Dass es auch mal Lob gibt, zumindest Verständnis für die Kontrollen. Positiv ist auch, dass die Beamten auf der sicheren Seite sind und sehr gut geschult. Sie müssen sich nichts vorwerfen lassen, wenn sie ihren Job gut machen. Und das machen sie.
Holkriminalität
Positiv ist auch, dass solche Kontrollen auch eine “präventive” Wirkung haben. Es wird denen, die möglicherweise Drogen nehmen oder nehmen wollen, klar gemacht, dass das illegal ist und Folgen haben kann. Niemand kann behaupten, nichts gewusst zu haben.
Die Polizei bezeichnet das als “Holkriminalität”. Je intensiver sie kontrolliert, um so mehr Gesetzesverstöße kann sie aufdecken. Die aufgedeckten Verstöße sind das Hellfeld. Alles, was die Polizei nicht ermittelt, ist das Dunkelfeld.
Jochen, Easy und Kathie sind übrigens eine literarische Erfindung. Wir waren im Zuge der Recherche und der Reportage nicht in den Toiletten und beim Drogenkonsum anwesend. Dass Drogentütchen gerne mal ankleben oder angeklebt werden, haben wir im Rahmen der Reportage erfahren und weitergesponnen.
Als uns ein Polizist eine “Beute” zeigt, zieht er zuvor Handschuhe an. “Wegen Fingerabdrücken?” “Ne”, sagt der Polizist:
wegen Schmierinfektionen, schließlich haben wir diese Funde an speziellen Körperstellen gemacht. Die Handschuhe sind ein Selbstschutz.
Klar. Das Päckchen stammt aus einer Poporitze. Wie bei “Jochen”.
In dieser Nacht wird mehr als ein Paket “Einmalhandschuhe” auf “Staatskosten” verbraucht.
Noch vor ein paar Jahren waren die Drogen nicht im Genitalbereich versteckt. Jetzt finden wir sie dort. Oder in den Schuhen, wo sie teils sehr ramponiert werden. Die schlucken und schniefen das trotzdem. Irgendwie ziemlich eklig, finden Sie nicht,
kommentiert einer der Beamten, sagt dann sorry und positioniert sich, denn der nächste Schwung kommt:
Polizeikontrolle. Würden Sie bitte dort kurz warten, bis ein Kollege sich Ihrer annimmt? Danke für Ihr Verständnis.
Anm. d. Red.: Das Rheinneckarblog steht für transparenten Journalismus und für Quellenschutz. Besten Dank an das Polizeipräsidium Mannheim, das uns im Rahmen der (sensiblen) Möglichkeiten sehr viel Vertrauen entgegenbringt und uns offensive Recherchen ermöglicht. Ebenso an Elmar Hörscher, der uns als zuständiger Revierleiter freie Hand gelassen hat. Er hat uns zwar “begleitet”, wir waren aber zu keinem Zeitpunkt “embedded”. Dieses Vertrauen fußt auf einer langen und inhaltlich intensiven Zusammenarbeit auf gegenseitig sehr professioneller und auch kritischer Erfahrung. Es gab keinerlei Einschränkungen für unsere journalistische Arbeit – ganz im Gegenteil. In Bezug auf Persönlichkeitsrechte gab es immer umfassende Hinweise – die wir selbstverständlich von uns aus berücksichtigt haben. Darüber hinaus gab es viele “vertrauliche” Informationen, die uns eine bessere Einordnung ermöglicht haben und die wir selbstverständlich als vertraulich behandeln.
Die von uns wiedergegebenen Zitate von Polizeibeamten stimmen nicht immer wörtlich, wohl aber grundsätzlich in der Sache. Dies korrespondiert auch mit der Rechtsprechung. Es gibt keinen Anspruch auf wörtliche Wiedergabe, wohl aber einen auf eine “wahrhaftige Wiedergabe”. Teils sind die Zitate “gemischt” – das heißt, wir haben Aussagen von verschiedenen Personen miteinander verknüpft.
Damit entstehen keine Fakenews, sondern wir bieten “Quellen” einen Schutzraum. Die inhaltlichen Angaben bleiben erhalten, sind aber nicht einer Person zuzuordnen. Auch Polizeibeamte sind für uns Quellen. Keiner der Beamten musste mit uns reden. Das geschah freiwillig, nicht auf “Dienstanordnung”, sondern auf eigene Verantwortung und bei einigen im Bewusstsein, dass das RNB kritisch, aber fair mit Polizeiarbeit umgeht. Es gab keinen Beamten, der sich dem Gespräch verweigert hätte – ganz im Gegenteil gab es einen sehr offenen Austausch, weil man dem RNB vertraut. Teils werden die Beamten sich in den Zitaten wiederfinden, teils nicht. Insbesondere bei investigativen Berichten achten wir darauf, Quellen zu schützen, aber den Kern der “wahrhaftigen” Informationen zu übermitteln. Auch wörtliche Zitate in diesem Bericht sind in dieser Form nicht gefallen, sondern stellen eine “conclusio” von uns dar.
Die allermeisten Beamten waren bereit, sich erkennbar fotografieren zu lassen. Andere nicht – aus welchen Gründen auch immer. Wir respektieren das, weil es persönliche wie berufliche Gründe sein können und es vor Ort nur wenig Raum gibt, das umfangreich zu erörtern. Es gibt Urteile, nach denen sich Polizeibeamte im Einsatz aufnehmen lassen müssen. Solche Urteile bedeuten nicht, dass man Beamte auch immer identifizierbar machen muss. Wir fragen immer, ob das “in Ordnung geht”. Wer nicht erkannt werden will, kann sich abwenden.
Diese Story hatte den Ansatz, eine Reportage über Polizeiarbeit und Drogenbesitz zu machen, nicht über die Teilnahme von X oder Y. Unsere Fotos sind bewusst unscharf oder dunkel gehalten – sie dienen nur der Illustration. Besten Dank auch an die Partygänger – viele waren für uns ansprechbar und haben offen und ehrlich geantwortet. Sollten Sie weitere Fragen zu unserer Arbeit haben, können Sie diese jederzeit an redaktion (at) rheinneckarblog.de stellen.