Mannheim, 22. Juni 2015. (red) Die Debatte um die Bundesgartenschau 23 (Buga) ist nicht wahlentscheidend. Sonst hätten nach der massiven Kampagne durch eine örtliche Lokalzeitung und andere Medien viel mehr Menschen den Buga-Befürworter und Amtsinhaber Dr. Peter Kurz nicht gewählt. Und viel mehr Menschen hätten den Kandidaten Christopher Probst gewählt. Überhaupt wären viel mehr Menschen zur Wahl gegangen, als die 30,7 Prozent, die sich die „Mühe“ gemacht haben.
Von Hardy Prothmann
Die Entscheidung des Bürgerentscheids war bekanntermaßen knapp: 50,7 Prozent derer, die ihre Stimme abgegeben haben, waren dafür, 49,3 Prozent gegen eine Buga 23 in Mannheim. Insgesamt stimmten 59,5 Prozent der Wahlberechtigten ab.
Das waren fast doppelt so viele, wie aktuell zur Oberbürgermeisterwahl angetreten sind. Wie geht das zusammen? Vermutlich nur, indem man die „veröffentlichte“ von der „öffentlichen“ Meinung unterscheidet.
In der Verwaltung, bei Parteien, bei Journalisten wird die Buga vollständig überschätzt. Wenn knapp 60 Prozent der Wahlberechtigten 2013 eine klare Meinung dazu hatten, wieso wählen dann nur gut 30 Prozent bei der OB-Wahl mit?
Schön gerechnetes „bürgerliches Lager“
Die CDU rechnet sich eine Mehrheit im „bürgerlichen Lager“ zusammen: 33,8 Prozent für den eigenen Kandidaten Peter Rosenberger und 15,9 Prozent für Christopher Probst sei die „eindeutige Mehrheit“ – so ein Quatsch.
Die „absolute Mehrheit“ wären über 50 Prozent, es sind aber nach CDU-Rechnung nur 49,7 Prozent. Klar, der Amtsinhaber Dr. Peter Kurz hat „nur“ 46,8 Prozent erreicht, das sind aber klare 13 Prozentpunkte mehr als der Herausforderer Peter Rosenberger erreichen konnte, der im übrigen nur knapp über dem niederschmetternden Ergebnis von Ingo Wellenreuther mit 32,07 im Jahr 2007 liegt.
Mehrheit der Bevölkerung gegen die Buga?
Wäre, wie eine Lokalzeitung das gerne suggeriert, die „absolute Mehrheit“, auch gerne über 70 Prozent der Bevölkerung gegen die Buga, dann hätte das Wahlergebnis am 14. Juni ganz anders ausgehen müssen.
Vor allem für den Kandidaten Christopher Probst, der der einzige entschiedene Gegner der Buga ist. Er hätte, abzüglich der Stellung der anderen Parteien deutlich über 20 Prozent erreichen müssen. Denn Peter Rosenberger (CDU) fordert eine Buga light und die auch noch gegen die Mehrheit der CDU im Gemeinderat, was besonders absurd ist, weil ein Oberbürgermeister gestaltet, aber nicht entscheidet. Das ist dem Gemeinderat als Souverän überlassen.
Die CDU setzt in Sachen Buga nach und hofft hier auf Stimmen, die Christopher Probst unterstützt haben. Und verächtlicht dessen Wähler. Probst-Wähler gegen die Buga werden keinen Buga-Light-Kandidaten wählen. Dann schon eher einen Buga-Unterstützer wie Dr. Kurz, um ihn zu stützen, denn dass es einen starken Oberbürgermeister braucht, hat Christopher Probst unmissverständlich klar gemacht, auch wenn er hier in der Opposition ist.
Buga ist überschätzt
Ganz anders wird ein Schuh draus. Die Buga ist noch längst nicht auf der Schiene – im Herbst erscheint ein neues Gutachten zur Straßenverlegung, es ist eine Klage anhängig und wenn es genug Bürger, die ja angeblich so zahlreich sind, schaffen, könnte man auch noch ein Bürgerbegehren initieren.
Ansonsten ist die Buga nur ein großes Projekt in Mannheim. Christopher Probst hat den beiden verbliebenen aussichtsreichen Kandidaten empfohlen, sich sein Wahlprogramm genau anzuschauen. Darin mahnt er einen enormen Sanierungsstau an. Mindestens 800 Millionen Euro soll der betragen. Und darum geht es wirklich – wie soll man das alles finanzieren? Auf was muss man verzichten?
Populismus der CDU
Wenn Christopher Probst die CDU geißelt, weil die zusätzliche Stellen für den Kommunalen Ordnungsdienst einst abgelehnt hat und nun ein Kandidat Peter Rosenberger quasi eine sofortige Aufstockung verspricht und all die CDU-Wahlkämpfer Hurra schreien, dann versteht man, warum Herr Probst der CDU „Populismus“ vorwirft.
So geht das nicht. Die CDU ist einfach nicht ehrlich. Die SPD aber auch nicht, denn sie stützt ihren Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz fast blind. Hat man in den vergangenen Jahren schon mal erlebt, dass ein Verwaltungsentwurf an der SPD gescheitert wäre? Da muss man lange suchen.
Die Lehre dieser Oberbürgermeisterwahl steht fest: 30,7 Prozent ist eine katastrophale Wahlbeteiligung. Dagegen schaut ein OB Dr. Eckart Würzner in Heidelberg ohne ernst zu nehmenden Gegenkandidaten mit 21,8 Prozent Wahlbeteiligung noch richtig gut aus – dabei galt die Heidelberger Wahl vielen als „Horrorszenario“.
Kandidaten gewinnen auf der Straße
Klar ist, die Kandidaten müssen auf die Straße, zu den Menschen, vor Ort. Klar spielen soziale Medien wie Facebook eine immer größere Rolle – aber nicht bei „Persönlichkeitswahlen“. Man wählt schließlich Menschen und nicht das Massenposting von Parteisoldaten (überwiegend durch SPD und ein bisschen durch Grüne).
Der entscheidende Fehler für den Amtsinhaber Dr. Peter Kurz war die Kohabitation mit den Grünen und Die Linke. Hier hat er sich gebunden, hier wurde er im Stich gelassen und hier haben ihm vermutlich viele, die ihm sonst wohlgesinnt sind, die Stimme versagt. Das wird er vor dem Wahltermin am 05. Juli niemals zugeben – aber danach brechen andere Zeiten an, da kann man sicher sein. Ebenso, wenn Peter Rosenberger gewinnen sollte. Zur Erinnerung: Die Grünen waren nicht in der Lage, obwohl drittstärkste Fraktion im Gemeinderat, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Da ist „Die Partei“ mutiger – deren Kandidat Christian Sommer hat immerhin 3,3 Prozent erreicht – die hätten dem Amtsinhaber den Sieg gebracht.