Ludwigshafen, 19. Oktober 2012. (red/ld) Wir werden älter und die Alten immer mehr. 50 Prozent der Arbeitskräfte werden in den nächsten 30 Jahren fehlen, mit ihnen geht für die Wirtschaft wichtiges Wissen ebenfalls ungenutzt in Rente. Wer heute anfängt zu arbeiten, wird immer länger arbeiten müssen als noch die Eltern. Damit all das überhaupt möglich ist, sind nun die Unternehmen gefragt: Wie können sie zufriedene und gesunde Arbeitskräfte anwerben? Nachhaltiges Personalmanagement ist die Antwort oder eine schöne weichgezeichnete Arbeitswelt.
Schöne neue Arbeitswelt
Die Personalmanager der ABB und der Agentur für Arbeit haben sich so einiges einfallen lassen, damit es ihren Mitarbeitern gut geht: Beratungsstellen für persönliche Entwicklung, wenn der Kinderwunsch drückt oder die Eltern gepflegt werden müssen. Betriebssport und Kooperationen mit Sportvereinen, bis hin zu flexiblen Arbeitszeiten und der Vorbereitung für den Eintritt in die Rente. Es klingt irgendwie zu schön, um wahr zu sein, als wolle man gar nicht mehr aufhören zu arbeiten oder käme vor lauter Gesundheits- und Beratungsangeboten gar nicht mehr dazu.
Doch die Firmen haben keine Wahl, erklärt Beatrix Behrens von der Bundesagentur für Arbeit. Mit der älter werdenden Gesellschaft werden sie es immer schwerer haben, qualifizierten Nachwuchs zu bekommen. „Wir entwickeln uns zu einem Arbeitnehmermarkt“, erklärt sie: Ein Markt, auf dem die Bewerber die Konditionen vorgeben. Neben dem Gehalt wird es darum gehen, ob sie ihre Karriere mit der Gründung ihrer Familie in Einklang bringen können sowie um flexible Arbeits- und Pausenzeiten. „Es wird um die Frage gehen, wo fühle ich mich wohl und einen Kampf um die Herzen der Mitarbeiter geben.“ Denn wo sich der Arbeitnehmer wohl fühlt, geht er auch gerne zur Arbeit, so Behrens.
Durch Zwang wird Schönes möglich
Da es in Zukunft nicht mehr ohne die älteren Mitarbeiter geht, hat sich der Fokus des Personalmanagements dort verschoben. Waren es in der Vergangenheit vor allem diese, die um ihren Arbeitsplatz bangen mussten, weil sie in Unternehmen nicht ausreichend mit neuem gefördert wurden, sollen sie nun Anerkennung und Wertschätzung erfahren, insbesondere für ihr Erfahrungswissen, oder „implizites Wissen“, wie es Volker Barzyk von der ABB nennt. Dieses Wissen können sie schon jetzt in altersgemischten Gruppen einbringen und als Vorbereitung auf den Eintritt in die Rente an die junge Generation weitergeben. „In den nächsten Jahren verlieren wir 50 Prozent unserer Belegschaft und damit 50 Prozent unseres Know Hows.“
Und während junge, vorwiegend weibliche, Berufsanfänger es sich früher zwanzigmal überlegt haben, ob sie eine Familie gründen, es am Ende dann doch auf jenseits des 40. Geburtstags aufgeschoben haben, gibt es Beratungsangebote, wie die Elternzeit zu organisieren wäre. Es gibt Arbeitszeitprogramme, in denen sich die Arbeitnehmer „Sabbaticals“ – Auszeiten – erarbeiten können, indem sie ihre Überstunden an mehreren Monaten gebündelt abfeiern, und danach ganz einfach in den Job zurückkehren.
Kampf um die Herzen
„Es ist ein Kampf um die Herzen“, wollen Behrens und Barzyk erkannt haben. Anders sei es in Zukunft nicht mehr möglich, Nachwuchskräfte einzustellen. Und wer trotz aller Beratungen, Sport- und Auszeitprogramme kurz vorm Burnout steht, darf sich auch psychologisch von der Firma helfen lassen. Alles kein Problem. Es mutet an wie der weichgezeichnete Arbeitstraum, in dem niemand u seinen Job bangen muss. Nur die Firmen müssen zittern, dass ihr Angebot gut genug ist, ihre Arbeitnehmer zu halten: „Wir müssen früh anfangen zu fördern und spät aufhören.“
Unsere Kinder werden es gut haben. Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass unsere Kinder und Enkel weder um den Job, noch um Burnout oder um ihre Gesundheit werden bangen müssen. Darum kümmert sich die Firma. Auch wir müssen uns nicht sorgen, dass wir uns im Alter keine Pflege leisten können. Die Arbeitgeber unsere Kinder werden Verständnis dafür haben, dass sie sich mehr um uns kümmern müssen. Es wird doch noch alles gut. Nur die Rente wird vielleicht nicht mehr so üppig. Aber wenn sie erst mit 75 aus dem Arbeitsleben scheiden, hat sich das vielleicht doch auch gelohnt.