Rhein-Neckar/Berlin, 21. März 2018. (red/pro) Aktualisiert. „Damit hat jeder das, was er zum Leben braucht“, behauptete der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Anfang März. Er kommentierte damit den Anteil für Ernährung für Menschen, die von Sozialhilfe leben. Redaktionsleiter Hardy Prothmann dokumentiert seit dem 19. März zwei Wochen lang seinen täglichen Speiseplan nach dem Regelsatz. Die spannende Frage ist, ob und wie man sich von den 145,04 Euro pro Monat, die anteilig für Ernährung im Hartz IV-Regelsatz enthalten sind, ernähren kann. Tag 3 bietet einen kalten Mittagstisch, abends gibt es Nudeln.
Von Hardy Prothmann
(Anm. d. Red.: Artikel wurde am Abend ergänzt.)
Frühstück
Das Frühstück bestand heute aus einem Butterbrot mit Erdbeermarmelade. Dazu Kaffee. Die Kosten: 10 Cent für 100 Gramm Brot, 7 Cent für 10 Gramm Butter und 10 Cent für 20 Gramm Marmelade sowie 20 Cent für den Kaffee. Also 47 Cent gesamt. Das Frühstück hatte rund 350 Kalorien. Leider haben wir ein Foto unseres herrlichen Marmeladenbrots vergessen.
Mittagessen
Wie gestern blieb keine Zeit fürs Kochen, deshalb gab es mittags Brot mit was drauf. Zwei dicke Scheiben vom Sauerteigbrot. Als Aufstrich gibt es eine nicht originale Guacamole, die normalerweise noch Tomate und Joghurt enthält, sondern eine zerdrückte Avocado mit dem Saft einer halben Zitrone, einer kleingehackten Knoblauchzehe, Salz und Pfeffer.
Das schmeckt herrlich frisch. 200 Gramm Brot kosten 20 Cent, die Avocaco ist mit 99 Cent für 139 Gramm Fruchtfleisch wieder verhältnismäßig teuer, aber halt sehr lecker frisch und kalorienreich. Die zwei Scheiben Brot mit Avocadoaufstrich kosten 1,19 Euro und haben rund 750 Kalorien. Damit sind 1.100 Kalorien von mindestens 2.000 Kalorien gedeckt.
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Wir haben jetzt 1,66 Euro ausgegeben. Dazu kommt das Sprudelwasser, 1,5 Liter für 21 Cent. Also 1,87 Euro.
![](https://rheinneckarblog.de/wp-content/uploads/2018/03/harzeressen-20180321-guacamole.jpg)
Guacamole ist im Handumdrehen zubereitet, lecker, mit gesunden Ölen und Vitaminen.
Abendessen
Für das Abendessen bleiben also 2,97 Euro. Es wird Nudeln mit einer meiner Lieblingssoßen geben, die Kosten werden explodieren und mein Budget für heute klar sprengen. Aber nur, weil ich auf Vorrat koche.
Am Abend gibt es Spaghetti Bolognese. Dafür verwenden wir: 500 Gramm gemischtes Hack (2,29 Euro), 1 Zwiebel (8 Cent), 2 Knochlaufzehen (5 Cent). Zwiebeln und Knoblauch werden kleingeschnitten und mit dem Fleisch in Olivenöl (20 Cent) angebraten. Dazu kommt Tomatenmark (5 Cent) und dann 700 Gramm passierte Tomaten (79 Cent). Salz, Pfeffer, Gewürznelke, Lorbeerblätter, Zucker, Paprikapulver süß (10 Cent). Zum Verfeinern 150 Milliliter Sahne (52 Cent). Dazu noch vier Karotten (33 Cent). 200 Gramm Spaghetti (24 Cent) und 25 Gramm Gran Padano (31 Cent). Gesamt: 4,96 Euro, also mehr als ein Tagesbedarf von 4,84 Euro!
![](https://rheinneckarblog.de/wp-content/uploads/2018/03/harzeressen-20180321-spaghetti-bolognese.jpg)
Leckere Spaghetti Bolognese sind einfach herzustellen.
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Doch die Rechnung geht anders. Wir ziehen Nudeln und Käse (55 Cent) wieder ab, bleiben 4,41 Euro. Die nach dem Einkochen rund 1,4 Kilo Soße ergeben gut fünf Portionen mit 280 Gramm Soße und je 150-200 Gramm Nudeln wird man pappsatt. Eine Portion Bolognese kostet also rund 0,88 Cent.
Soße, Nudeln und Käse haben also zusammen 1,43 Euro gekostet. Zusammen mit den restlichen Ausgaben
des Tages von 1,87 Euro ergeben sich 3,30 Euro.
Woher kommen die Lebensmittel und wie bereite ich sie zu?
Das Sauerteigbrot habe ich selbst gebacken (die Beschreibung finden Sie in Teil 1, ebenso den Hinweis zum Sprudelwasser).
Alle anderen Lebensmittel habe ich in verschiedenen Supermärkten gekauft. Bei 2,29 Euro für das gemischte Hack habe ich sicher kein Bio-Fleisch gekauft, sondern sehr günstiges. Die rechtlichen Preise sind günstige Einkäufe wie 45 Cent für ein Kilo Zwiebeln, 99 Cent für das Kilo Karotten und die passierten Tomaten (79 Cent für 700 Gramm) kann man in der Eigenherstellung nicht günstiger kochen.
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Zubereitungszeiten: Frühstück 3 Minuten, Mittagessen 7 Minuten, Abendessen 20 Minuten. In Summe 30 Minuten.
Habe ich mich ausgewogen ernährt?
Wir führen hier keine Debatte über Fleisch oder kein Fleisch, Bio oder nicht. Bei der Frage zur ausgewogenen Ernährung haben wir den Grundumsatz und den Kalorienbedarf im Blick. Bei einem erwachsenen Mann sind das rund 2.000 Kalorien Grundumsatz und bis zu 2.900 bei normaler körperlicher Betätigung.
Zusammengerechnet komme ich heute auf rund 1.450 Kalorien und bin satt geworden – das gleicht meine 2.637 Kalorien von gestern wieder aus.
Es gab Obst, Konfitüre (Zucker), Milchprodukte (Sahne, Käse), Brot, Fleisch, Wurzelgemüse. Die Ernährung enthält Kohlenhydrate, verschiedene Eiweiße, verschiedene Fette, Ballaststoffe, Vitamine, also alles, was zu einer gesunden Ernährung gehört. Das Brot kommt ohne Konservierungsstoffe aus. Das Abendessen war frisch zubereitet.
Bin ich mit dem durchschnittlichen Regelsatz ausgekommen?
Ja, sogar deutlicher als in den ersten beiden Tagen. Die Kosten betrugen 3,3 Euro. Somit bleiben 1,54 Euro Guthaben. Zusammen mit den 54 Cent der Vortage sind 2,04 Euro eingespart.
Durch den Einkauf der abgepackten Mengen (Fleisch) ist man zum „Überkochen“ gezwungen, man kocht also mehr als der Tagesbedarf es braucht. Deshalb werden Portionen eingefroren. Das kostet natürlich Strom, doch dazu in späteren Artikeln mehr. Aktuell geht es rein um die Ernährungspreise.
Hinweis: Unsere Redaktionsküche ist nichts Besonderes. Die Ausstattung: Kühlschrank hoch mit Gefrierteil. 2 Induktionsherdplatten. Backofen. Küchenmaschine. Wasserkocher. Dazu typisches Kochbesteck, diverse Messer, Handrührgerät, Zauberstab, Schneidbretter, diverse Vorratsdosen, Schüsseln. Kleiner, mittlerer, großer Topf. Kleine und große Pfanne. Wassersprudler. Küchenwaage. Nicht eingerechnet sind Energiekosten – die sind aber auch nicht im Regelsatz enthalten. Wir berechnen Kosten für vorhandene Lebensmittel wie Öl, Essig und Gewürze und sonstige Zutaten.
Teilnehmer: Wir haben auf unseren Aufruf verschiedene Rückmeldungen erhalten. Parallel zu dieser Dokumentation schreiben die Teilnehmer auf, was diese in 15 Tagen ausgeben. Teilnehmer sind: Männlicher angestellter Single. Weibliche Studentin Single. Alleinerziehende Mutter, angestellt, ein Kind. Angestellter Vater, angestellte Mutter, zwei Kinder. Klar ist: Je weniger Menschen zu ernähren sind, umso höher sind die Kosten und der Aufwand – die sich sonst auf mehrere Personen verteilen. Allein die Zeit spielt eine Rolle: Es macht wenig Unterschied, ob man für eine Person oder für vier Personen Mahlzeiten zubereitet. Größere Mengen erzeugen meist auch im Verhältnis kleinere Kosten.