Rhein-Neckar, 21. Februar 2016. (red/pro) In einer gemeinsamen Presseerklärung fordern die CDU-Spitzenkandidaten Julia Klöckner (Rheinland-Pfalz) und Guido Wolf (Baden-Württemberg) weitere Verhandlungen mit anderen europäischen Ländern sowie den Ländern in den Krisenregionen, aber auch nationale Lösungen. Die Angst vor der AfD sitzt tief – und selbst ein Wahlgewinn stellt sie vor große Probleme.
Kommentar: Hardy Prothmann
In Baden-Württemberg stand die CDU mit 39 Prozent im September 2015 noch einigermaßen gut da – aktuell kommt die CDU nach Infratest dimap nur noch auf 31 Prozent im Südwesten. In Rheinland-Pfalz lag die CDU im Herbst bei 41 Prozent – aktuell sind es nur noch 37 Prozent. In Baden-Württemberg stieg die AfD von 5 auf 12 Prozent, in Rheinland-Pfalz von 4 auf 9 Prozent.

Julia Klöckner und Guido Wolf suchen ihr Heil im Nationalen. Foto: CDU
Niemanden mehr reinlassen
In beiden Ländern verliert die SPD, in Baden-Württemberg dramatisch. Zwar wird die CDU in beiden Ländern vermutlich stärkste Fraktion – allerdings wird die Regierungsbildung schwer, da die FDP vermutlich in beide Landtage einziehen wird, es in beiden Fällen aber nicht für eine Mehrheit reicht. Erstaunlich: In Rheinland-Pfalz verlieren die Grünen laut Infratest stark. Aktuell kommen sie noch auf 8 Prozent, bei der Landtagswahl 2011 erreichte man 14,2 Prozent. In Baden-Württemberg hingegen legen die Grünen um fast 4 Prozentpunkte auf 28 Prozent zu.
Ohne Asylgrund oder Schutzstatus sollte niemand mehr in unser Land einreisen dürfen und auf die Kommunen verteilt werden,
fordern nun die beiden CDU-Spitzenkandidaten und hoffen damit AfD-Wähler zurückzugewinnen. Ob dies drei Wochen vor den Landtagswahlen am 13. März noch möglich ist, darf bezweifelt werden.
In der gemeinsamen Pressemitteilung stützen Frau Klöckner und Herr Wolf zwar pro forma den Kurs der Kanzlerin Dr. Angela Merkel – tatsächlich gehen sie auf Konfrontation gegenüber anderen EU-Ländern und schwingen “nationale” Töne:
All diese Schritte (siehe unten, Anm. d. Red.) können wir ohne Verzögerung national angehen, wenn möglich natürlich auch zusammen mit anderen europäischen Ländern, auch mit Österreich. Wer bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise mehr leistet, als andere, sollte dafür auch zusätzliche EU-Gelder bekommen oder weniger in den EU-Topf einzahlen müssen. Mitgliedsstaaten, die sich der Solidarität dagegen komplett verweigern, müssen das auch zu spüren bekommen.
Der harsche Ton gegenüber den Mitgliedstaaten ist nicht die beste Basis, um miteinander zu verhandeln. Die schwierigen Verhandlungen mit der Türkei werden ebenso ausgeblendet, wie der Kriegsstatus in Syrien. Stattdessen gibt es “Haue” für SPD und Grüne – insbesondere in Baden-Württemberg profitiert Ministerpräsident Winfried Kretschmann aber durch seine Lobeshymnen an die Kanzlerin, der er volle Unterstützung zusagt.
Grenze der Hilfsbereitschaft gefordert
Die CDU-Spitzenkandidaten gehen dazu auf Konfrontation:
Eine Grenze der Hilfsbereitschaft, die sich an den Möglichkeiten orientiert, ist nicht nur moralisch-ethisch vertretbar. Aus unserer Sicht ist sie geradezu eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung unseres humanistischen Anspruchs.
Letztes Aufbäumen gegen den Aufstieg der AfD
Möglicherweise wird sich die Stimmung im Land in den kommenden drei Wochen soweit drehen, dass vor allem die Parteien zulegen, die auf Abschottung setzen. Dann könnte die CDU Prozente gut machen. Dazu müssen sich aber beide Kandidaten nicht nur für eine Pressemitteilung am Sonntag entscheiden, die sich gegen “Sonntagsreden” richtet, sondern im Schlussspurt ihre Forderungen bekräftigen.
Das ist ein gefährliches Unterfangen – denn viele Wählter könnten auch sagen: Wir wählen nicht die Kopie der AfD, sondern das Original. Das würde die CDU weitere Stimmen kosten. In Baden-Württemberg könnten dann die Grünen stärkste Fraktion werden.
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Dokumentation der gemeinsamen Pressemitteilung von Julia Klöckner und Guido Wolf
“Die CDU ist die Partei Europas, wie sonst keine zweite in Deutsch?land. Deshalb sehen wir mit besonderer Sorge, wie die EU zum Teil des? Flüchtlingsproblems wird, statt Lösungen anzubieten. Als erfolgreiches? Friedensprojekt kann die Europäische Union nur funktionieren, wenn ?legitime Interessen der Nationalstaaten und das Wohl der Gemeinschaft sich nicht im Wege stehen. In diesen Krisenzeiten zeigt sich der tatsächliche Grad der europäischen Einheit über Sonntagsreden hinaus.
Schon während der Wirtschaftskrise mussten wir feststellen, dass eine gemeinsame Währung ohne eine gemeinsame Finanzpolitik nicht funktioniert. Jetzt lernen wir, dass das Schengen-System mit gemeinsamen Grenzen einen gemeinsamen Grenzschutz erfordert. Politische Projekte, die in Schönwetterzeiten geboren wurden, müssen nun in kürzester Zeit sturmfest gemacht werden. In beiden Fällen spielt, aus ganz unterschiedlichen Gründen, Griechenland eine dramatisch-tragische Hauptrolle.
Unsere Bundeskanzlerin wirbt, zurecht, vehement um Solidarität innerhalb der EU. Auch um den notwendigen Verbleib Großbritanniens in der Union. Dafür braucht Angela Merkel unsere Unterstützung. Der griechische Regierungschef versucht dagegen, beides – die Solidarität innerhalb der EU und den Brexit – gegeneinander auszuspielen. Das zeigt die unterschiedlichen Formate von Regierungschefs. All diese Enden und damit auch Europa zusammen zu halten, ist eine Jahrhundertaufgabe. Und ein Glücksfall, dass unser Land von der Christdemokratin Merkel regiert wird. Deutschland ist weiterhin solidarisch und muss weiterhin den Weg gehen, europäische Aufgaben gemeinsam zu lösen.
Aber wir machen uns nicht allein vom Wohlwollen unsolidarischer EU-Länder abhängig, sondern müssen zweigleisig voran gehen. Je näher an den Herkunftsländern der Flüchtlinge wir dabei tätig wer?den, desto besser für Deutschland und desto besser
auch für die Betroffenen. Wir können innerhalb von?vierundzwanzig Stunden jedem Erdbebenopfer auf?der Welt helfen, ohne auf einen EU-Beschluss zu?warten. Warum tun wir uns mit der Nothilfe rund um? Syrien so schwer? Jeder Euro, den wir in Jordanien,? dem Libanon oder der Türkei investieren, hat ein Vielfaches an Wirkung von dem, was die Versorgung von Flüchtlingen in unserem Land kostet. Diesen ersparen wir die gefährliche und kostspielige Westbalkanroute. Hier hat die ganze EU, auch zum Wohle der Opfer von Flucht und Vertreibung, viel zu lange gewartet und gezögert.
Es ist eine Frage des gesunden Menschenverstandes: Wir werden? den Zuzug nur regulieren und in den Griff bekommen können,? wenn wir ein Steuerungssystem haben. Dieses fehlt uns bisher und? deshalb sind tagesaktuelle Kontingente aus Grenzzentren und? Hotspots so notwendig. Nur so können wir die Fluchtrouten weiter entlasten und die Schlepperkriminalität austrocknen – indem? wir sagen: Je weiter weg von Deutschland sich ein Flüchtling registrieren lässt, desto größer ist seine Chance auf Aufnahme in das Kontingent.
Wir brauchen vorgelagerte Erstaufnahmeeinrichtungen in Grenznähe, die auch als Wartezonen dienen. Ohne Asylgrund oder Schutzstatus sollte niemand mehr in unser Land einreisen dürfen und auf die Kommunen verteilt werden. Von dort aus ist eine spätere Abschiebung nämlich schwieriger, in einigen Fällen fast unmöglich. Auch hier geht es um ein deutliches Signal in die Herkunftsländer hinein.
All diese Schritte können wir ohne Verzögerung national angehen, wenn möglich natürlich auch zusammen mit anderen europäischen Ländern, auch mit Österreich. Wer bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise mehr leistet, als andere, sollte dafür auch zusätzliche EU-Gelder bekommen oder weniger in den EU-Topf einzahlen müssen. Mitgliedsstaaten, die sich der Solidarität dagegen komplett verweigern, müssen das auch zu spüren bekommen.
Wir dürfen aber nicht über mangelnde Einigkeit in der Europäischen Union enttäuscht sein, wenn wir im eigenen Land die politischen Hausaufgaben nicht?machen. SPD-Politiker in unseren Bundesländern ?üben Kritik an der Bundesregierung, der ihre Partei selbst angehört. Sie fordern mehr Tempo, Entschlossenheit und Lösungen.
Selbst liefern sie das?genaue Gegenteil: Verzögerungstaktik, Blockade von Entscheidungen und keinen einzigen Lösungsvorschlag. Asylpaket I, Asylpaket II, Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten, erst um den Westbalkan, jetzt in Nordafrika, Umwandlung von Geld- in Sachleistungen – alle Punkte kamen nur auf Drängen der Union auf die Agenda. SPD und Grüne haben immer auf der Bremse gestanden, im Bundesrat und in den Ländern. Abgelehnt, dann widerwillig zugestimmt und die Dinge dann trotzdem nicht umgesetzt.”
Dass nur aus wahltaktischen Gründen die nordafrikanischen Staaten jetzt nicht mehr beim nächsten Bundesrat am 23. Februar – und damit vor dem Wahltag – als sichere Herkunftsländer deklariert werden sollen, das ist unverantwortlich. Rot-Grün ist so mitverantwortlich für mangelnde europäische Solidarität, weil sie zuhause vormachen, wie unsolidarische Verhalten geht.
Und wo ist eigentlich SPD-Außenminister Steinmeier in dieser Frage, zum Beispiel wenn es um den Abschluss von Rücknahmeabkommen mit den Herkunftsländern geht?
Politischer Wettbewerb und das Ringen um Lösungen ist wichtig, ja der Wesenszug von Demokratie und das zumal im Wahlkampf. Rein taktische Kapriolen, egal ob in deutschen Landeshauptstädten oder in Brüssel, schaden uns am Ende aber allen – mit Ausnahme der Populisten und Extremisten. Deren Parolen, der Illusion von einfachen Lösungen müssen wir mit entschiedenem, politischen Handeln begegnen.
Eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen bedeutet beides: Herz und Härte, schwierige Entscheidungen und auch Leid. Zu zögern, nicht zu handeln, wird letztlich jedoch noch mehr Schaden und Schmerz verursachen. Genau so verstehen wir auch das Diktum unseres Bundespräsidenten. Eine Grenze der Hilfsbereitschaft, die sich an den Möglichkeiten orientiert, ist nicht nur moralisch-ethisch vertretbar. Aus unserer Sicht ist sie geradezu eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung unseres humanistischen Anspruchs.”
https://www.cdurlp.de/artikel/gemeinsame-erklaerung-von-julia-kloeckner-und-guido-wolf
http://www.cdu-bw.de/aktuelles/pressemitteilungen/presse-detail/datum/2016/02/21/artikel/wolf-und-kloeckner-zu-den-ergebnissen-des-eu-gipfels.html
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