Mannheim, 21. Mai 2015. (red/cb) In der Landeserstaufnahmestelle (LEA) im Benjamin-Franklin-Village sind zur Zeit rund 200 Flüchtlinge untergebracht. Darunter leben viele Familien mit Kindern, die hier, nach der allgemeinen Schulpflicht, eine Schule besuchen müssen. Daraus ergeben sich viele Probleme: Viele der Kinder haben noch nie eine Schule gesehen, geschweige denn besucht. Um Flüchtlingskinder besser zu fördern und in das Alltagsleben einzubinden, bietet die Käfertalschule in der Wormser Straße jetzt eine Nachmittagsbetreuung an. Hier können die Kinder spielen, basteln und lernen gleichzeitig die deutsche Sprache und Kultur.
Von Carolin Beez
Derzeit besuchen bis zu zehn Kinder von Asylbewerbern die Käfertalschule in der Wormser Straße. Sie sind in den Klassen eins bis vier untergebracht und werden in den Schulalltag eingeführt – was in den Augen der Rektorin Christine Riedl noch einige Schwierigkeiten verursacht: Es sei nie sicher, ob die Kinder zur Schule kommen. Beziehungsweise wann. Einige werden von ihren Eltern gebracht, andere müssen den Weg vom Benjamin Franklin Village – dort sind die Familien zur Zeit untergebracht – allein zurücklegen.
Ich nehme an, dass die meisten Kinder nicht einmal die Uhr lesen können, deshalb ist es schwer von ihnen zu verlangen, dass sie pünktlich zum Unterricht erscheinen.
sagt die Direktorin. Doch die Pünktlichkeit sei nicht das Einzige, was die Arbeit mit den Flüchtlingskindern schwierig gestaltet. Die Kinder seien gewohnt zu tun, was sie möchten, erklärt die Schulleiterin. Einfachste Aufgaben, wie ein Bild auszumalen, längere Zeit auf einem Stuhl zu sitzen, einfache Formen auszuschneiden oder sich auf einen Sachverhalt zu konzentrieren, würden ihnen sehr schwer fallen. Außerdem könne keines der Kinder Deutsch sprechen, schreiben oder lesen.
Völlig neue Lebensumstände
Das gestaltet den Umgang schwierig und nimmt Zeit in Anspruch, die vom Lehrpersonal nicht immer aufgebracht werden kann. Trotzdem sei man sehr darauf bedacht die Kinder für ihr Fehlverhalten nicht zu verurteilen. Keines der Kinder und nicht einmal die Eltern hätten jemals eine Schule oder einen Kindergarten besucht und seien nun mit völlig neuen Aufgaben konfrontiert. Den meisten sei es neu sich an Regeln oder feste Zeiten zu halten. Das müsse man erst lernen, erklärt Frau Riedl.
Um die Kinder besser in den deutschen Schulalltag einbinden zu können, bietet die Käfertalschule seit Kurzem eine Nachmittagsbetreuung an. Den Flüchtlingskindern wird nach der Schule ein warmes Mittagessen serviert und anschließend werden sie für eineinhalb Stunden in einem Raum der Gemeindejugend in St. Laurentius – wie die Schule auch in der Wormser Straße – von ehrenamtlichen Helfern betreut.
Hilfe der Kirchengemeinden
Ursprünglich habe die Schulleitung versucht die Kinder in Columbusstraße unterzubringen, wo auch ihre Familien zur Zeit in der Landeserstaufnahmestelle (LEA) wohnen. Dort sind allerdings keine Räumlichkeiten verfügbar, die für die Kinderarbeit genutzt werden könnten. Deshalb habe man sich dann an die umliegenden Gemeinden gewandt, sagt die Direktorin Frau Riedler.
Die Kinder können sich so an ihr Umfeld und die deutsche Sprache gewöhnen, lernen deutsches Essen kennen und können dazu auch noch basteln, spielen oder toben. Allerdings gibt es auch hier wieder Probleme. Die Kinder seien sehr unausgeglichen und ließen sich nicht immer auf das Programm der Helferinnen ein. Besonders bei den Jungs sei es schwierig, eine sinnvolle Beschäftigung zu finden.
Die Arbeit ist sehr zeitintensiv und verlangt einem als Ehrenamtliche viel Geduld und Ruhe ab,
erklärt eine der Betreuerinnen. Die Kinder können von der Motorik her nicht richtig basteln, schneiden oder malen, der Umgang mit Papier und Schere muss hier erst ganz neu vermittelt werden. Umso schöner sei es für die Betreuerinnen, wenn sie dann zum ersten Mal eine kleine Kisten falten oder Faltgirlanden ausschneiden.
Spielerisch Deutsch lernen
Bei solch kreativen oder auch sportlichen Beschäftigungen beginnen die Kinder zu kommunizieren, sie hätten schnell einen Weg gefunden sich mit Händen und Füßen zu verständigen. Bei kleinen Übungen oder Spielen wie Memorie beginnen sie auch schon einzelne Begriffe der deutschen Sprache nachzusprechen und werden vertraut mit ihrem Umfeld.
Insgesamt haben sich nach einem Aufruf der Caritas zwölf Freiwillige aus den Kirchengemeinden in Käfertal gemeldet. Sie gestalten in Zweier- oder Dreierteams von Montag bis Freitag täglich das Programm. Eine pädagogische oder sprachliche Qualifizierung wird dabei nicht vorausgesetzt.
Unterstützung des Bezirksbeirats
Um das Projekt zu unterstützen, ist nun auch der Bezirksbeirat aktiv geworden. Bei der nicht-öffentlichen Sitzung am Mittwoch wollten die Mitglieder darüber beraten, einen Antrag an den Gemeinderat stellen, der den Verantwortlichen einen Betrag für Ersatzbeschaffungen, wie zerstörte oder verlorene Hefte, Bleistifte und andere Materialien bereitstellen soll. Das Ergebnis ist nicht bekannt. Das Mittagessen wird von der CDU-Mitgliedern des Bezirksbeirats bezahlt. Für die Kinder oder ihre Eltern entstehen also keine Kosten.