Mannheim, 21. Dezember 2016. (red/ric) Die Weihnachtsferien stehen vor der Tür. Zeit für viele Bürger ein paar Tage zu vereisen, um die Verwandten zu besuchen. Wieder zuhause angekommen der Schock – in die Wohnung wurde eingebrochen, der kostbare Schmuck und das Bargeld geraubt. Alleine im Zeitraum vom 24. Dezember 2015 bis 10. Januar 2016 wurden im Präsidiumsbereich Mannheim 152 Einbrüche verübt. Die Polizei steuert dagegen und hat ihr Intensiv-Konzept „Abenddämmerung“ vorgestellt. Ziel der Kampagne ist, die Bevölkerung für das Thema Wohnungseinbruch zu sensibilisieren und einfache Tipps zu geben, um Einbrecher abzuschrecken.
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Von Riccardo Ibba
Der Briefkasten quillt über, die Fensterläden sind seit Tagen geschlossen, nirgends brennt Licht. Einige Fenster sind gekippt und beim Verlassen des Hauses wurde nicht abgeschlossen. Liegt die Immobilie dann noch gut angebunden an einer Autobahn oder Schnellstraße, hat der Einbrecher sein „Traumhaus“ gefunden.
Bei über 60 Prozent aller Einbrüche wurde es den Tätern einfach gemacht, meint die Polizei. Und die Einbrecher nutzen jede sich bietende Gelegenheit.
Social-Media rückt bei Polizei in den Fokus
Kripo-Chef Siegfried Kollmar, sein Kollege Marcus Winter sowie Pressesprecher David Faulhaber stellten vergangene Woche die Eckdaten des neuen Präventionsprogramms gegen den Wohnungseinbruch vor.
Dazu gehört eine Plakatkampagne sowie der Hinweis, dass auf der Facebook-Präsenz des Polizeipräsidiums Mannheim Videoclips zu sehen sind, in denen die Polizei der Bevölkerung Ratschläge erteilt, wie ihre Immobilie besser geschützt werden kann.
Die Kernarbeit erledigt mit 18 Beamten die besondere Aufbauorganisation (BAO) „Wohnungseinbruch“, dazu kommen zehn bis 40 Beamte, die im täglichen Einsatz „draußen“ unterwegs sind.
Da alle Informationen unter einer Dachorganisation gebündelt sind, sind eine bessere Koordination sowie gezieltere Maßnahmen möglich. Das hat zur Folge, dass die Aufklärungsquote gestiegen ist und mehr Inhaftierungen stattfinden. Aktuell wird durchschnittlich ein Einbrecher pro Woche in Haft genommen, was einen guten Wert darstellt – ich bin nie zufrieden und denke, wir werden uns weiter verbessern,
sagt Herr Kollmar. Über 50 Inhaftierungen wird man also dieses Jahr haben, prognostiziert er. Arbeit gibt es genug – denn die Einbruchsmafia ist gut organisiert. 1.685 Einbrüche oder Versuche gab es 2014 im Präsidiumsbereich, vergangenes Jahr waren es 1.492. Entscheidend sei, dass man immer erfolgreicher sei bei der Inhaftierung durch eine verbesserte Aufklärungsquote.
Präsenz, Personal, Prävention
Das neue Konzept beruht im wesentlichen auf drei Säulen. Die Präsenz auf den Straßen wurde verstärkt, das Ermittlungspersonal aufgestockt und zudem viel in die Prävention investiert. So patrouillieren Beamten durch die Straßen, verteilen Flyer und weisen auf Sicherheitslücken hin.
Der Dialog mit der Bevölkerung wird gesucht und gestärkt, ein zentraler Punkt, wie Herr Kollmar anmerkt.
Die Aufklärungsquote von nur 14 Prozent im Jahr 2014 konnte auf 21 Prozent im Jahr 2015 angehoben werden – 2016 ist das Ziel „noch ein paar Prozent drauf“. Die Strafverfolgung sei aber nur nie eine Seite der Medaille – die Verhinderung von Einbrüchen absolut wesentlich.
Die Polizei sucht den Schulterschluss mit den Bürgern. Wir sind auf die Hinweise aufmerksamer Menschen angewiesen. Das hilft uns bei den Ermittlungen enorm.
Wie die perfekte Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Polizei aussieht, erklärte anschliessend Marcus Winter. Vor kurzem konnte die Polizei eine vierköpfige Einbrecherbande aus Rumänien in Ludwigshafen dingfest machen, die in sechs Raubzügen in der Region und darüber hinaus rund zehn Kilogramm Schmuck erbeutet hatte. Der muss nun zugeordnet werden – das „Einzugsgebiet“ der Bande hat einen Radius von über 100 Kilometern. Eine Sisyphos-Arbeit, wie Herr Winter sagt.
Ausgangspunkt unserer Ermittlungen war ein Anruf einer Zeugin, die in Tatortnähe eines Einbruchs zur tatrelevanten Zeit einen Ford Galaxy mit britischem Kennzeichen beobachtet hatte. Dieser wurde zwei Wochen später bei zwei versuchten Wohnungseinbrüchen erneut gesichtet. In der anschließend eingeleiteten Fahndung konnten die vier Männer bei einer Verkehrskontrolle dingfest gemacht werden, nachdem im Auto Aufbruchswerkzeug und Diebesgut sichergestellt wurde,
beschreibt Herr Winter, Leiter der Kriminalinspektion 2, die erfolgreiche Ermittlungsarbeit.
Verkehrskontrollen unterstützen den Ermittlungserfolg
Da die Einbrüche vermehrt in Gegenden auftreten, die nahe einer Autobahn gelegen sind, hat die Polizei ihre Taktik angepasst und setzt auf zusätzliche Verkehrskontrollen entlang der A5 und A6. Mit durchschlagendem Erfolg.
Die erfahrenen Kollegen der Straßenpolizei haben mit geübtem Blick bereits den ein oder anderen Einbrecher zur Strecke gebracht, wie Herr Kollmar klarstellt. Neben der kriminalistischen Arbeit tragen die Verkehrskontrollen zum Erfolg bei.
Die Methoden der Kriminellen haben sich dabei kaum geändert. Bevorzugt wird in der Abenddämmerung zugeschlagen, gelingt der Einbruch binnen einer halben Minute nicht, wird der Tatort wieder verlassen.
Die Täter haben es auf Schmuck und Bares abgesehen, Laptops und Handys werden meist nicht mitgenommen. Die Polizei könnte die elektronischen Geräte orten.
So schnell die Diebe gekommen sind, so schnell sind sie auch wieder weg. Die Zeiten, in denen ganzen Häuser leergeräumt wurden, scheinen vorbei. Lediglich die Bereitschaft nachts einzusteigen, wenn die Bewohner schlafen, ist angestiegen und bereitet der Polizei Sorgen – bislang habe es einen Fall einer schweren Körperverletzung gegen eine ältere Frau in Leimen gegeben.
Doch auch ohne Gewalt ist die psychologische Belastung für viele nach einem Einbruch enorm – man fühlt sich nicht mehr sicher.
Prävention zum Nulltarif
Um sein Haus für Einbrecher unattraktiv zu machen, müssen die Bewohner nicht Unmengen an Geld in Sicherheitstechnik investieren, es reichen vermeintlich banale Dinge.
Wer beruhigt in den Urlaub möchte, bittet seinen Nachbarn die Post zu leeren, morgens die Rollläden zu öffnen und abends zu schliessen. Ansonsten gilt beim Verlassen des Hauses, Fenster und Türen zu, Beleuchtung an. Verdächtige Personen sollen der Polizei gemeldet werden.
Zudem bietet die Polizei eine kostenlose kriminalistische Beratung zum Thema Wohnungseinbruch für alle Bürger an. Die Beamten kommen auch ins Haus und die Wohnung, um vor Ort Ratschläge zu erteilen. Rund 1.600 dieser Beratungen hat die Polizei 2016 geleistet, dazu 45 Präventionsveranstaltungen.
Ein wichtiger Tipp der Polizei: Wertgegenstände sollten fotografiert werden. Das hilft der Polizei bei der Zuordnung, falls es zum Einbruch kommt und das Diebesgut sichergestellt werden kann.
Für den Raum Mannheim stehen die Beamten unter der Nummer 0621- 1741212 parat, für Heidelberg/Rhein-Neckar-Kreis sind die hilfsbereiten Polizisten unter 0621-1741234 zu erreichen.