Mannheim, 21. Mai 2015. (red/ms) Die Quadrate T4 und T5 bieten die Möglichkeit, neuen Wohnraum und Grünflächen inmitten der Innenstadt zu schaffen – der Erste Bürgermeister Christian Specht (CDU) nennt das „eine Chance zur Stadtreparatur“. Die Planung ist inzwischen weit vorangeschritten und wurde gestern von der Stadt Mannheim vorgestellt. Das zukunftsorientierte Konzept wurde allerdings von rückständigen Hassrentnern zerrissen, die den vernünftigen Teil des Publikums übertönten.
Von Minh Schredle
Der Einzelhandel in der Innenstadt sei auf einem guten Weg und floriere, sagt Christian Specht, Erster Bürgermeister der Stadt Mannheim. Beim Wohnungsangebot in den Quadraten gebe es allerdings Defizite. Doch hier sei Besserung in Sicht.

Die Stadt Mannheim stellte gestern mit „den wichtigsten Beteiligten“ den aktuellen Planungsstand zu den Quadraten T4 und T5 vor.
Gestern stellte die Stadt Mannheim gemeinsam mit den Architekten und Investoren den Zwischenstand der Planung für die Quadrate T4 und T5 vor. Etwa 40 Besucher sind anwesend, darunter viele Anwohner aus umliegenden Quadraten. Bürgermeister Specht betonte während der Veranstaltung mehrfach:
Wir wollten hier nicht das profitabelste Geschäft – sondern eine ideale Quartiersentwicklung.
Man hätte laut Herrn Specht in Zeiten des Baubooms auch das gesamte Areal an den höchstbietenden Investor veräußern können, der das Gebiet dann in wenigen Jahren nach den eigenen Vorstellungen gestaltet. Aber man habe hier „eine Chance zu einem Stück Stadtreparatur“, die man nicht ungenutzt lassen sollte:
Die Quadrate müssen auch in ein paar Jahrzehnten noch attraktiv sein.
T4 und T5 wurden bis zum Sommer 2011 durch die Sickingerschule genutzt, deren Gebäude sich über beide Quadrate erstreckte. Dadurch wurde die Grundstruktur der Mannheimer Quadrate verändert. Das soll nach den aktuellen Planung von Stadt, Architekten und Investoren wieder rückgängig gemacht werden, die Innenstadt soll langfristig wieder ihre ursprüngliche Struktur zurückerhalten.

Ein aktueller Entwurf für das Quadrat T4. Bild: GBG Mannheim.
T4 wird von der GBG geplant und umgesetzt. Geschäftsführer Karl-Heinz Frings war anwesend, überlies die Präsentation aber der zuständigen Architektin Kerstin Eberhard. Das Quadrat soll nur zur Hälfte bebaut werden, eine Hälfte soll zu einer öffentlich zugänglichen Grünanlage werden.
Insgesamt werden 69 Wohneinheiten mit Größen zwischen etwa 66 Quadratmetern und 135 Quadratmetern entstehen. Außerdem wird es hier eine Kindertagesstätte geben, die – entgegen den ersten Planungsentwürfen – nun doch ein- statt zweigeschossig werden soll. „Wir freuen uns über diese Lösung,“ sagte Frau Eberhard: „Das wird sowohl den Kindern, als auch den Erziehern zu Gute kommen.“
Heterogenes Gesamtkunstwerk?
Für das Quadrat T5 wurde ein Planungswettbewerb durchgeführt, den das Stuttgarter Architekturbüro „haas cook zemmrich“ gewinnen konnte. Ihr Konzept mit einem Investitionsvolumen von rund 45 Millionen Euro soll durch die Pfeil Projektentwicklung GmbH verwirklicht werden, die auch das Rheinauer Tor entwickelt haben.
„Wir planen eine heterogene Bebauung,“ erklärte der Architekt Stephan Zemmrich. Das solle nicht heißen, dass das Gebiet später „wie willkürlich zusammengewürfelt“ aussehen solle, sondern dass man einen einheitlichen Klotz vermeiden wolle. Also werden zehn Häuser mit zehn unterschiedlichen Fassaden entstehen, die einen Ring um einen Innenhof mit Gartenanlagen bilden sollen. „Aber wir wollen nicht nur von außen eine erstklassige Architektur bieten,“ sagte der Investor Stefan Pfeil:
Wir wollen ein Gesamtkunstwerk liefern.
Daher würden auch die Wohnungen selbst von Architekten durchdesignet werden. Laut Herrn Pfeil werde man „für jeden Geschmack etwas finden“ – eine soziale Durchmischung ist eine der Zielvorgaben der Stadt Mannheim. Herr Pfeil sagt dazu:
Vom kleinen Geldbeutel bis zum Topverdiener wollen wir die gesamte Bandbreite abdecken.
Über konkrete Miet- oder Verkaufspreise könne man derzeit noch nichts sagen, erklärt Herr Pfeil auf Rückfrage. Dazu sei das Projekt noch nicht fortgeschritten genug. Da es sich jedoch um einen Neubau nach modernsten Standards handeln wird und die Preise für Baukosten in den vergangenen Jahren drastisch angestiegen sind, bleibt abzuwarten, ob die neuen Wohnungen tatsächlich auch für den wirklich kleinen Geldbeutel bezahlbar sein werden – vermutlich wird es erst für die „gehobene Mittelschicht“ wirklich interessant.
Der momentane Vorhabenstand resultiere aus einem jahrelangen Planungsprozess, in den die Bürgerschaft aktiv mit einbezogen worden ist, sagte Herr Specht. Immer wieder habe man sich den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasst. Demnach könne er Vorwürfe, es komme der Stadt bei dem Projekt nur auf die Ökonomie an und die Interessen der Bürger blieben unbeachtet, nicht unkommentiert lassen – einige aufgebrachte Rentner hatten sich beschwert, dass für die Bebauung ein paar Kastanien weichen müssen, die nach Angaben der Stadt Mannheim ohnehin schon von Schädlingen befallen sind und keine langen Lebenszeiten mehr haben werden.
Schockierende Selbstsucht
Dennoch blieben die Rentner hartnäckig und trotzig: Sie wollen diese Bäume um jeden Preis erhalten und störten die Veranstaltung mit polemischen Zwischenrufen, die an Selbstsucht kaum zu überbieten sind: Nicht wenige von ihnen fordern, die gesamte Planung noch einmal über den Haufen zu werfen und ein Konzept vorzulegen, das all ihren eigenen Interessen gerecht – die Interessen der Stadt sind dabei zweitrangig. Die Kompromissbereitschaft ist gleich null.

Christian Specht und Karl-Heinz Frings hören einem Zuschauer zu.
Für jeden gefällten Baum wird es einen Ersatz geben, der sich allerdings besser mit der Bebauung vertragen soll, heißt es von der Stadt Mannheim. Bei Kastanien gebe es einen außergewöhnlich starken Wurzelwuchs, der sich weiträumig ausbreite. Damit seien Kastanien eigentlich grundsätzlich ungeeignet, in unmittelbarer Nähe zu Gebäuden zu stehen. Doch von vernünftigen Argumenten ließen die Renter nicht überzeugen – irgendwann rief ein Zuschauer:
Man kann doch nicht einer ganzen Stadt Nachteile zumuten, um seine eigenen Vorteile zu behalten.
Die Veranstaltung artete ins Chaotische aus. Immer mehr Rentner ignorierten die Moderation von Bürgermeister Specht, fielen sich einander ins Wort und wollten sich nicht mehr unterbrechen lassen – das ist sehr bedauerlich: Denn so gingen die wenigen sachlichen Argumente und vernünftigen Fragen, die von Zuschauern eingebracht wurden, unter. Wie hier die Möglichkeit zur Bürgerbeteiligung missbraucht wurde, war beschämend.
Unter den Planern und Investoren breitete sich Unmut aus – denn ihre Arbeit wurde kein bisschen gewürdigt oder anerkannt, sondern in einer widerwärtigen Art und Weise schlecht geredet; ihrem Gedankengut, das sie aus einer jahrelangen, intensiven Auseinandersetzung mit der Materie entwickelt haben, wurde keinerlei Respekt entgegengebracht. Auch Bürgermeister Specht wirkte zunehmend verzweifelt, da mit dem abfälligen Genörgel dieser überwiegend schlecht informierten Hassrentner schlichtweg kein lösungsorientiertes Arbeiten möglich war.
Um 20:00 Uhr hätte Schluss sein sollen – wenn Bürgermeister Specht mehr als 20 Minuten später nicht abgebrochen hätte, würden viele wahrscheinlich immer noch da sitzen und ihren selbstsüchtigen Protest herausschreien. Demokratie und Bürgerbeteiligung eröffnen die Chance, Entwicklungen mitzugestalten – aber das funktioniert nur dann, wenn Kompromissbereitschaft gezeigt wird und man respektvoll miteinander umgeht.

Informationsvorlage aus der Präsentation der GBG. Foto: GBG.

Informationsvorlage aus der Präsentation der GBG. Foto: GBG.