Rhein-Neckar/Stuttgart, 21. April 2020. (red/pro) Aktuell sind verschiedene „Lockerungen“ des Lockdown beschlossen worden. Die Politik ist nervös, weil man nicht weiß, ob das zu früh erfolgt. Das aber ist nicht das eigentliche Problem. Nach wie vor fehlt es an gesicherten Fakten und wenn nicht, werden diese nicht kommuniziert. Das schürt negative Stimmungen und daraus könnten negative Folgen erwachsen. Die Politik macht zudem einen entscheidenden Fehler, indem sie die Bevölkerung nicht genügend mitnimmt und zu sehr auf sich selbst schaut – denn ohne die Menschen wäre der aktuelle Rückgang der Infektionszahlen nicht möglich gewesen.
Kommentar: Hardy Prothmann
Ob die ab der kommenden Woche verordnete „Maskenpflicht“ beim Einkaufen und bei Nutzung des ÖPNV hilfreich sein wird, ist äußerst fraglich. Anfang Februar war ich für einige Tage in London – bereits damals habe ich „gefühlt“ dort sehr viele Menschen mit Atemschutzmasken während der fünf Tage gesehen. Die Infektionszahlen in Großbritannien gingen später durch die Decke.
Selbstredend ist die Maskenpflicht nur eine von vielen Maßnahmen und im Bündel könnte sie einen Beitrag leisten, eine weitere Verbreitung von SARS-CoV-2 einzudämmen. Dem steht entgegen, dass man sich irgendwas vor Mund und Nase binden kann, es überhaupt keine Regeln im Umgang mit diesen „Bedeckungen“ gibt und wenn man sich an Aussagen von „Experten“ im Februar und März erinnert, taugen alle Arten von Masken bis auf die FFP2, besser FFP3 Masken nicht besonders viel und können bei falscher Handhabung sogar eher schädlich wirken.
Der naheliegende Grund, warum es keine detaillierte Maskenpflicht gibt, liegt auf der Hand. Ein solche Anordnung käme einer Ausgangssperre gleich, weil die „Profi-Masken“ nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Unterm Strich betrachtet handelt es sich bei der neuen Vorgabe also um reinen Aktionismus.
Fraglich ist auch, ob das Festhalten an „Terminen“ bei der Bekämpfung der Seuche Sinn macht. Ein Virus kennt keine Osterferien. Es handelt nicht moralisch. Es interessiert sich nicht für Bildung oder Wirtschaft oder die kommenden politischen Wahlen. Ein Virus will sich vermehren, was es selbst nicht kann und sucht sich dafür „Wirte“. Ob man nun einen 20. April für eine „Lockerung“ auswählt oder einen 27. April, eine „Maskenpflicht“ einzuführen, ist einem Virus vollständig gleichgültig.
Fraglich sind auch die aktuell kursierenden Zahlen.
Die „bestätigten Infektionen“ stiegen an und die „Basisreproduktionszahl R0“, also der Faktor, wie viele andere Menschen ein infizierter Menschen ansteckt, lag über Wochen bei rund 1,3 und sank zuletzt in Baden-Württemberg auf 0,6. Das kann man als Erfolg sehen, weil es gelungen scheint, die Zahl der Neuinfektionen unter R1 zu drucken, was bedeuten würde, dass die Entwicklung keinen exponentiellen Verlauf mehr nimmt. Doch diese Zahlen sind äußerst unsicher, weil niemand weiß, wie groß die Dunkelziffer ist, denn der Wert leitet sich nur nach der bekannten Zahl von getesteten Personen ab und sagt nichts darüber aus, wie viele Personen sich bereits tatsächlich infiziert haben und längst wieder genesen sind.
Schaut man auf die Zahl der Toten, die positiv auf das Virus getestet wurden, weiß man nicht, ob sie an oder mit der Infektion gestorben sind. Da insgesamt eine Obduktion der Leichen weitgehend unterbleibt, ist völlig unklar, wie „tödlich“ das Virus ist. Interessant sind hier die Zahlen der Rechtsmedizin in Hamburg – die „Corona-Toten“ wurden dort obduziert und die allermeisten wären wegen anderer Vorerkrankungen sowieso binnen eines überschaubaren Zeitraums auch ohne eine Corona-Infektion gestorben.
Völlig unklar ist auch, ob eine „überstandene“ Infektion zu einer Immunität führt und wenn ja, wie lange diese vermutlich anhält. Typischerweise bildet das Immunsystem Antikörper, kann sich also bei einem erneuten Befall „erinnern“ und sofort die Abwehr hochfahren. Doch was, wenn das Virus mutiert? Und wie lange erinnert sich das Immunsystem? Und wie stark und effektiv kann es reagieren? Dazu gibt es keinerlei gesicherte Information.
Die seit Montag geltende Regelung, dass Handelsbetriebe bis 800 Quadratmeter öffnen dürfen, größere aber nicht, ist mit der Erklärung, dass alles darüber halt „Großhandel“ sei, völlig absurd. Diese Definition leitet sich aus baugesetzlicher Rechtsprechung ab, die ganz sicher nicht in irgendeiner Art und Weise pandemische Ereignisse berücksichtigt.
Wie absurd die Umsetzung von Schutzmaßnahmen sein kann, kann jeder selbst beobachten. Es ist völlig unbedeutend, wie groß die Ladenfläche ist. In allen Supermärkten sind „Schutzeinrichtungen“ an den Kassen installiert. Häufig aber vollständig dilettantisch – der Schutz ist häufig so aufgebaut, dass man an den Kassierern vorbeigeht und dort, wo man die gescannte Ware entgegennimmt, gibt es keinen Schutz, weder für die Angestellten, noch für die Kunden.
Es bringt auch überhaupt nichts, die Zahl der Kunden auf eine Quadratmeterzahl zu begrenzen, wenn es dafür keine validen Daten gibt. Es ist vollständig unerheblich, ob man nun einen Kunden auf zehn oder zwanzig Quadratmeter zulässt. Entscheidend ist, wie viele Kunden im Mittel welchen Betrag in einem Handelsgeschäft ausgeben, damit sich die Öffnung zumindest trägt, den Verlust zumindest in Grenzen hält und wann es zur „Milchmädchenrechnung“ wird, weil man zwar „auf hat“, aber trotzdem pleite geht in einem Zeitraum X, weil die Betriebskosten deutlich über den Einnahmen liegen und auch „staatliche Hilfen“ diesen Verlust nicht ausgleichen können.
Auch die Zahlen der „staatlichen Hilfen“ müssen nüchtern betrachtet werden. Aktuell wird viel Geld bewegt – aber vor allem nach dem „Prinzip Gießkanne“. Die Summen sagen überhaupt nichts über den effektiven Einsatz aus. Irgendwelche Aufregungen über „Betrügereien“ sind dabei nur Beiwerk – immer, wenn es um Geld geht, finden sich Betrüger, die versuchen, daran zu kommen. Die entscheidende Frage ist, wie lange die „Maßnahmen“ durchgezogen werden und wie lange solide Unternehmen mit „staatlicher Hilfe“ über die Runden kommen.
Da sind wir bei der nächsten kommunikativen Fehlleistung. Nein, es ist nicht der Staat, der den Menschen Geld gibt, sondern der Staat verteilt zuvor bei diesen Menschen einkassierten Steuern um. Es sind die Unternehmer und alle Bürger, die dem Staat Geld geben, das dieser nun verteilt. Und dieser Staat muss das irgendwann mit Schulden finanzieren, die wiederum den Bürgern und den nachfolgenden Generationen auferlegt werden.
Die nächste kommunikative Fehlleistung ist, wenn jemand von „wir“ spricht und nur sich selbst, eine Regierung, verschiedene Ministerien und Behörden meint. Ohne die Bereitschaft der Menschen, sich selbst auf erhebliche Beschränkungen einzulassen, würde überhaupt kein Erfolg zu verzeichnen sein.
Nach RNB-Recherchen, die nicht klar validiert werden können, sondern eher einem „journalistischen Gefühl“ folgen, wächst der Unmut in der Bevölkerung ganz enorm, weil es eben viele Anordnungen gibt, die man befolgt, aber auch viele Widersprüche, die nicht eindeutig ge- und erklärt werden. Damit riskiert die Politik, dass die Geduld der Menschen irgendwann zu Ende gehen wird und ein „nach-mit-die-Sintflut“-Effekt erzeugt wird.
Insbesondere dann, wenn zunächst von den bekannten Experten wie einem Professor Drosten zunächst das Tragen von Schutzmasken als wenig bedeutend bezeichnet wurde, dann aber andere behaupten, das sei nun absolut notwendig. Was denn nun?
Hinzu kommt das gegenseitige Unter- und Überbieten in den einzelnen Ländern und hier in einzelnen Kommunen, was den Umfang der Maßnahmen angeht. Viele Menschen wünschen sich eine „einheitliche Linie“ – die kann es aber nicht geben und ist wenig sinnvoll. Warum, wird nicht erklärt. Es kann durchaus Sinn machen, in manchen Regionen „knallharte“ Entscheidungen zu treffen und in anderen nicht – Stichwort: Hotspot.
Völlig außer acht lassen die meisten Medien folgende Überlegung: Selbst wenn es gelänge, durch Bund, Länder und Kommunen, die Epidemie in Deutschland sehr erfolgreich einzudämmen und sogar „auszumerzen“ – was wäre gewonnen? Eher nichts, wenn das nicht auch in allen Anrainerstaaten gelänge, denn sobald man die Grenzen wieder aufmacht, würde das Virus wieder deutlich zurückkehren. Man muss aber die Grenzen aufmachen, um den Austausch von Waren oder Dienstleistungen möglich zu machen, denn sonst kommt die Wirtschaft nicht wieder in Schwung. Wenn es also dazu kommt, dass man in Deutschland sagt: Operation erfolgreich, Corona besiegt, hat man zwar die eine Schlacht gewonnen, aber keine zukunftsfähige Situation, denn ohne Grenzöffnungen fehlt es an allem, um produzieren zu können.
Ebenso völlig außer acht gelassen wurde bislang das Wetter. Klingt jetzt absurd? Ist es nicht. Die Wochen während des Lockdowns waren insgesamt von mildem Wetter bestimmt – das heißt, die meisten Menschen konnten raus ins Freie und wenn es nur der Balkon war. Trübe Regenwetterstimmung war nicht und möglicherweise hat dieses Klima auch dazu geführt, dass das Virus sich „weniger intensiv“ verbreiten konnte, denn Viren mögen weder warme Temperaturen noch UV-Licht. Beides ist eher „tödlich“ für diese nicht lebenden organischen Strukturen.
Festzuhalten ist, dass die Politik immer versucht, „den Puls zu messen“ und danach Entscheidungen zu fällen. Bislang ging es einigermaßen gut, man hat sehr harsche Verfügungen erlassen, die im Übrigen rechtlich noch längst nicht bewertet sind, auch, wenn es hier und da Urteile gegeben hat. Man ist „sehr froh“, dass es bislang vergleichsweise glimpflich abgegangen ist, was die Bevölkerung angeht – mit einzelnen Ausnahmen. In unserem Berichtsgebiet ist hier die Heidelberger Anwältin Beate Bahner aufgefallen, dazu folgt noch ein Bericht.
Festzuhalten ist auch, dass die Politik aktuell hochgradig nervös ist, weil niemand weiß, ob „Lockerungen“ aktuell geeignet sind, die Volksseele zu heilen und wenn sich die Infektionen wieder häufen, welche Maßnahmen notwendig werden und welche Reaktionen das in der Bevölkerung hervorruft. Bislang wurde in vielen Medien der Kampf ums Klopapier oder Hefe hochgehalten – das kann sich sehr schnell anders konkretisieren. Insbesondere dann, wenn die Maskenpflicht dazu führt, einen scheinbaren Schutz zu suggerieren und es deshalb zu vermehrten Kontakten und Infektionen kommt – die Sache ist nicht stringent überlegt.
Am Montag bin ich mit meinem Motorrad durch die Innenstadt gefahren. Fressgasse, Kunststraße, Paradeplatz, Marktplatz, Little Istanbul, Alter Messplatz und Neckarstadt-West. Während der rund einstündigen Fahrt habe ich mindestens 50 krasse Verstöße gegen das Kontaktverbot beobachtet. Überwiegend durch Migranten, aber auch durch junge Leute. In einigen Fällen bin ich hinter Streifenwagen hergefahren, die nichts unternommen haben, obwohl die Polizeibeamten genau meine Beobachtungen gemacht haben müssen, wenn sie nicht blind sind. Auch das ist eine interessante Beobachtung und wirft die Frage auf, wie intensiv die Polizeibehörden Verstöße ahnden – daraus leitet sich dann wieder die Zahl der „amtlich-bekannten“ Verstöße ab. Was nicht amtlich wird, ist nicht bekannt.
Als journalistischer Beobachter bin ich aktuell vollständig unentschieden in der Bewertung. Soll ich glauben, dass die Politik versucht, wieder zu einem „früheren Leben“ zurückzukommen oder soll sich mutmaßen, dass man „zunächst lockert“, um dann zur „Erkenntnis“ zu gelangen, dass die „Menschen nicht vernünftig sind“ und daher „staatliche Repression zwingend notwendig“ sein muss? Das kann ich aktuell nicht entscheiden, weil ich keine Belege dafür habe, aber die These ist erlaubt.
Nach meinen Recherchen ist es mehr als wahrscheinlich, dass es ein „zweite Welle“ geben wird. Was das an staatlichen Maßnahmen nach sich ziehen wird, ist mir bis dato unbekannt. Ich könnte, rein hypothetisch vermuten, dass es die Politik darauf anlegt, um weitere, noch krassere Maßnahmen beschließen zu können.
Und Nein, liebe Verschwörungstheoretiker, nicht, um eine Diktatur zu errichten, sondern aus ganz menschlich nachvollziehbaren Gründen. Man war faul, man ist vollständig überfordert und man sucht den Fehler natürlich nicht bei sich, sondern bei anderen, um sich Zeit zu verschaffen, das Chaos zu reorganisieren, um den Anschein zu erwecken, dass man alles unter Kontrolle hat und andere dafür aus Dankbarkeit im kommenden Jahr ihre Stimme an der richtigen Stelle machen.
Die extremen Ränder, egal ob AfD oder Die Linke oder Fridaysforfuture oder Teile der Grünen machen aktuell überhaupt keine Punkte. Ganz im Gegenteil steigen nach – räusper – Umfragewerten die Zustimmungen für die aktuellen Regierungen und hier vor allem für die Unionsparteien. Das aber ist fraglich und kann sich innerhalb kürzester Zeit extrem verändern.
Das meint auch die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) mit „Öffnungsdiskussionsorgien“. Mal abgesehen von diesem Wortungetüm, das „Wir-schaffen-das“ fortschreibt, ist diese Frau der klügste politikstrategische Kopf seit vielen Jahren. Sie ist entschieden dafür, die Leute, also das Volk, dumm zu halten und unklare Aussagen zu machen, um sich später die Deutungshoheit zu erhalten.
So gut wie jeder Politiker zittert gerade, denn niemand weiß, welche Aussage, welche Entscheidung am Ende richtig sein wird.
Es wird hier auf alle Ebenen der Zivilgesellschaft ankommen. Auf die „normalen Bürger“, die beschreiben, was sie erlebt haben und erleben und seriöse Medien, die das mit gebotener Sorgfalt berichten. Es wird auch sehr auf Juristen ankommen, die ihr Geschäft beherrschen und drängend bohren, ob all diese grundgesetzlich-widrigen Maßnahmen wirklich notwendig waren oder sich nicht auch anders hätten lösen können. Es wird aber vor allem auf Unternehmer und Arbeitgeber ankommen, die trotz allem Frust ihren Geist weiterführen und Werte schaffen wollen.
Dafür muss es möglicherweise auch zu einer „Revolution“ durch die Wirtschaft kommen, die der „Politik“ eindeutig sagt, was geht und was nicht geht.
Die künftig verordnete Maskerade, egal, ob mit professionellem Masken oder Schals ist nichts weiter als ein „so-tun-als-ob“, weil die Politik nicht bereit ist, Tacheles zu reden. Es gibt nicht genug geeignete Schutzmasken, es gibt keine durchgängig bekannte Methode, diese zu verwenden und es wird im Zweifel dazu führen, dass man „Konsequenzen“ schafft, weil die Bürger halt „versagen“ beim „dringenden Appell“. Damit leitet „die Politik“ ihr eigenes Versagen gekonnt um – die Bürger sind halt selbst schuld.
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