Ludwigshafen/Rhein-Neckar, 21. Juni 2017. (red/pro) Heute begehrte Walter Kohl, einer der Söhne des verstorbenen Altkanzlers Dr. Helmut Kohl (CDU), Einlass ins Elternhaus in Oggersheim. Laut Medienberichten klingelte er zehn Minuten lang, durfte nicht eintreten und wurde schließlich von der Polizei des Orts verwiesen. Verschiedene Medien, die sich überwiegend auf eine dpa-Meldung stützen, nennen das einen “Eklat”. Nein, das ist ein Skandal. Nicht, weil Herr Kohl nicht eingelassen worden ist, sondern wegen der Inszenierung durch sensationslüsterne Medien.
Kommentar: Hardy Prothmann
Was für eine Schande. Wieder einmal stürzen sich Medien lüstern aufs Privatleben von Prominenten. Die einzige Prominenteneigenschaft des Walter Kohl, Sohn des Altkanzlers Dr. Helmut Kohl, ist, dass er dessen Sohn ist. Nichts weiter sonst. Herr Walter Kohl ist keine Person des öffentlichen Lebens, er hat keine herausragenden Funktionen in der Gesellschaft.
Es ist hinlänglich bekannt, dass die familiären Verhältnisse des Altkanzlers nicht gerade herzlich sind. Offenbar kam es zum Bruch mit den Söhnen und deren Familien. Warum das so ist, geht aber niemanden etwas an.
Es gibt keinerlei Informationen, die für die Öffentlichkeit von Interesse wären, denn auch ein Altkanzler Kohl und seine zweite Frau Maike Kohl-Richter haben ein Recht auf Privatsphäre. Insbesondere, nachdem der Mann verstorben und noch nicht mal beerdigt ist, verbieten sich jede Inszenierung und Skandalisierungen aus den Untiefen des Boulevard. Und auch Frau Kohl-Richter ist keine Prominente. Sie ist nun Witwe und auch das ganz privat. Herr Kohl und sie haben lange nach der aktiven Politikerzeit des Altkanzlers geheiratet – das ist keine zeitgeschichtlich relevante Information.
Doch ausgerechnet die Deutsche Presse-Agentur, ein Gemeinschaftsunternehmen deutscher Tageszeitungen, ist sich nicht schäbig genug, in Wort und Bild die Szene vor dem kohl’schen Anwesen in Oggersheim zu “berichten”. Mit Action-Fotos, wie sie Boulevardzeitungen nicht besser machen können. Ein in Szene gesetzter Sohn, dem der Einlass ins heimische Elternhaus nicht gewährt wird. Was der Leser sich dazu denken soll, ist klar: Wie herzlos ist die Witwe? Welche fürchterlichen Geheimnisse gibt es, die selbst über den Tod hinaus keine Versöhnung ermöglichen?
Nicht genug, dass dieser Sohn immer wieder in einer Art öffentlicher Therapie Familieninterna nach außen trägt und die öffentliche Bühne sucht – nein, diesmal hat er sogar seine Kinder dabei. Und auch die Enkel dürfen nicht ins Haus des Großvaters. Damit inszeniert Herr Walter Kohl auch vollständig verantwortungslos seine Kinder. Denn deren Fotos sind nun auch in der Welt.
Nach meiner Meinung verhält sich Herr Walter Kohl wie ein Stalker. Sein absolut indiskutables Verhalten zeigt, warum möglicherweise die Verbindungen abgebrochen worden sind. Mit jedem, der sich derart verhält, meidet man vernünftigerweise jeden Kontakt.
Die Witwe Kohl-Richter wäre anwaltlich gut beraten, wenn sie über ihren Anwalt ein Annäherungsverbot für den Stiefsohn und dessen Familie zu erreichen versuchte. Und mit Sicherheit wird aktuell geprüft, ob dieser Sohn an den Trauerfeierlichkeiten in Speyer teilnehmen darf oder nicht.
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Würde ich Frau Kohl-Richter beraten, würde ich ihr zuraten, diesem Sohn ein Hausverbot zu erteilen und definitiv dafür zu sorgen, dass dieser Mann die Trauerfeier nicht stören kann. Denn dessen penetrantes Verhalten ist nicht nur ungehörig, sondern greift tief ins Privatleben der Witwe ein.
Dass Familienmitglieder untereinander zerstritten sind, ist nichts Außergewöhnliches. Und ein Familienstreit innerhalb einer Familie, in der jemand prominent ist, ist und bleibt privat, solange dieser keine Relevanz für beispielsweise öffentliche Ämter und deren verantwortungsvolle Erfüllung hat.
Wenn Frau Kohl-Richter keinen Kontakt zu den Söhnen ihres verstorbenen Mannes wünscht, dann ist das ihre persönliche Entscheidung, die sie niemandem gegenüber begründen muss. Und sie muss sich durch solche Inszenierungen eines angeblichen “Eklats”, der keiner ist, nicht unter Druck setzen lassen.
Medien, die sich an solchen Inszenierungen beteiligen, machen dies in vollem Bewusstsein auf die Effekthascherei. Mit Sicherheit waren Medienvertreter über den Besuch des Sohns informiert, damit sie auch beim Ereignis vor Ort sind. Und nachdem der Sohn bereits in der vergangenen Woche direkt nach dem Tod des Vaters keinen Einlass gefunden hatte, war der Ausgang so sicher wie das Amen in der Kirche. Daraus großformatige Boulevardartikel zu stricken und zu veröffentlichen, ist beschämend und schadet erneut dem Ruf der gesamten Branche.
Das Rheinneckarblog macht überhaupt keine dieser abgeschmackten “Storys”, aber wenn es heißt, “die Medien”, sind wir pauschal mit gemeint. Wehren können wir uns dagegen ebensowenig wie Frau Kohl-Richter und ihr verstorbener Mann Dr. Helmut Kohl. Wir können unserer Leserschaft nur mitteilen, wie widerwärtig dies aus unserer Sicht ist.
Die Skandalisierung wird vermutlich weitergehen. Darf Herr Walter Kohl bei der Trauerfeier nicht teilnehmen – Skandal. Darf er teilnehmen, wird er eine Inszenierung suchen – Skandal. Fröhlich geht es dann weiter, mit, sagen wir mal einem Streit ums Erbe. Und dann könnte man noch um die Pflege des Andenkens streiten.
Mit Sicherheit wird es große Berichte geben, sollte Frau Kohl-Richter irgendwann einen neuen Partner haben. Dann wird schön verglichen, welche Gemeinsamkeiten es mit dem großen Staatsmann Helmut Kohl gibt und was die Männer unterscheidet. Und natürlich peinlich genau noch irgendetwas gesucht, über das man sich empören kann.
Mit Qualitätsjournalismus hat das alles nichts zu tun. Das ist sensationsgeiles Getratsche.
Mit großer Sicherheit werden Sie eine solche kritische Sicht nicht bei deutschen Tageszeitungen finden – schon gar nicht bei denen, die die dpa-Story von heute direkt rausgehauen haben.