Mannheim/Stuttgart, 20. Januar 2016. (red/pro/nh) Die Bevölkerung ist durch zunehmende Straftaten und sexuelle Übergriffe verunsichert und macht sich Sorgen. Punkt. Die Stimmung ist am Kippen. Punkt. Wie geht es weiter im Land? Was muss getan werden, um öffentliche Räume sicher zu halten? Offen Fragen. Wir haben den CDU-Kreisvorsitzenden Nikolas Löbel zum Interview getroffen, um zu erfahren, was die CDU fordert und was das Thema “Flüchtlinge” für den Wahlkampf bedeutet.
Interview: Hardy Prothmann, Mitarbeit: Naemi Hencke
Herr Löbel, wie schätzen Sie die aktuelle Sicherheitslage in Mannheim ein?
Nikolas Löbel: Immer mehr Menschen fragen sich: Wie sicher ist die Stadt? Übergriffe in der Stadt häufen sich, Frauen und Männer sind betroffen. Vor allem die Zahl sexueller Übergriffe ist gestiegen. Jetzt die Vergewaltigung einer Frau im Zentrum der Stadt zu einer “normalen” Tageszeit – da geht ein selbstverständlich gewordenes Gefühl der Sicherheit verloren.
Wir erleben eine Welle von Herausforderungen
War es ein Fehler, dass unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung 1.000 Polizeistellen abgebaut wurden?
Löbel: Damals nicht. Haushaltsgründe sprachen für den Abbau der Stellen. Aktuell erleben wir eine Welle von Herausforderungen. Die vorhandenen Kapazitäten reichen nicht mehr aus. Wir brauchen definitiv mehr Polizei und vermutlich auch mehr Mitarbeiter beim Kommunalen Ordnungsdienst, obwohl wir hier gerade erst vier neue Stellen beschlossen haben.
Sie fordern auch wieder die Videoüberwachung im öffentlichen Raum.
Löbel: Wir sind für die Wiedereinführung der Videoüberwachung auf den Hauptachsen der Mannheimer Innenstadt, also vom Bahnhof, über den Wasserturm, die Planken, Paradeplatz bis zur Alten Feuerwache. Das hat nichts mit Überwachungsstaat zu tun. Wenn der öffentliche Raum insgesamt unsicherer ist, müssen wir sichere Bereiche schaffen, damit die Menschen sich ohne Sorgen bewegen können. Wichtig ist: Wir müssen jetzt handeln.
Dafür reicht die Videoüberwachung?
Löbel: Nein, das ist eine Präventivmaßnahme und erleichtert die Strafverfolgung. Die Präsenz durch Sicherheitspersonal muss ebenfalls erhöht werden. Möglicherweise auch durch privates Sicherheitspersonal.
Die Entwicklung des Jungbusch ist gefährdet
Wie und wo soll das gehen?
Löbel: Die Lage in der Innenstadt und in unserem Szenevertiel Jungbusch wird immer kritischer. Wir haben den Stadtteil aufgewertet – das ist die Meile für die jungen Menschen in der Stadt und auch von außerhalb. Hier nehmen leider Diebstähle und Bedrohungen durch Männergruppen mit arabischem und nordafrikanischem Migrationshintergrund zu. Das gefährdet die Entwicklung enorm. Wir könnten als Stadt den Jungbusch und andere Gebiete der Innenstadt per Satzungsbeschluss zum Veranstaltungsort machen und diese Bereiche einer städtischen Tochtergesellschaft übertragen, beispielsweise City Events. Diese wiederum kann zusätzlich private Sicherheitsfirmen beauftragen. Beim Mannheimer Stadtfest machen wir das ja auch so. Das ersetzt ganz klar nicht die Polizei. Aber besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Nur die Präsenz von Sicherheitspersonal schafft ein besseres Sicherheitsgefühl, man hat Ansprechpartner, die eine Frau vielleicht auch mal ein paar Meter bis zur Straßenbahn begleiten.
Wer zahlt das? Die Stadt?
Löbel: Ja. Das ist leider so. Die Lage macht dies notwendig. Die Stadt als unterste Polizeibehörde ist für die Sicherheit ihrer Bürger zuständig. Und diese Sicherheit müssen wir jetzt objektiv und subjektiv stärken.
Sie haben 2015 als JU-Vorsitzender eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen gefordert. Beharren Sie darauf?
Löbel: Die aktuelle Situation ist politisch eine große Herausforderung. Wir müssen leider die Wahrheit akzeptieren, dass ein Teil der Flüchtlinge, gerade junge Männer, uns enorme Schwierigkeiten bereitet. Dafür brauchen wir Lösungen – zunächst auf europäischer Ebene. Und wenn das nicht möglich ist, müssen wir auf nationaler Ebene handeln. Das heißt, geltendes Recht durchsetzen, die nationale Grenzen sichern und nicht jeden einreisen lassen.
Gelten unsere Werte noch?
Also keine Willkommenskultur mehr?
Löbel: Doch – aber vernünftig. Das Limit ist fast erreicht, die Mehrheit der Bevölkerung steht nicht mehr hinter der Willkommenskultur. Deutschland hat sich durch seine große Hilfsbereitschaft als Herz Europas gezeigt. Der Einsatz der Bürger war und ist vorbildlich, doch das Gefühl wird stärker, dass die Hilfsbereitschaft ausgenutzt wird. Mannheim war immer schon eine Zuwandererstadt und kommt trotzdem an seine Grenzen. Die Bewohner fragen sich zunehmend: Gelten unsere Werte noch? Ich habe selbst lange – wie der Mannheimer sagt – in “Klein-Istanbul” gelebt. Die dort seit langem wohnhaften Migranten fordern am deutlichsten eine Abschiebung von straffällig gewordenen Asylbewerbern oder Flüchtlingen.
Was außer mehr Polizei und Videoüberwachung sollte man noch tun?
Löbel: Wesentlich ist: In unserem Land gelten unsere Regeln. Wir haben Grundwerte und Normen, die für jedermann gelten – unabhängig von der Herkunft. Das müssen die Menschen, die mit uns leben wollen, schnell lernen. Und wir müssen zurück zur gesellschaftspolitischen Debatte. Wir müssen uns fragen: Wer sind wir und was wollen wir? Integration fängt bei der Vermittlung von Grundwerten an: Woran habe ich mich zu halten? Wenn hier nur verfeindete Pole sich gegenüberstehen, gibt es keine Lösung. Wir müssen zurück in die Mitte.
Wen lassen wir eigentlich in unser Land?
Wie ist es um die juristischen Regeln bestellt? Müssten die verschärft werden?
Löbel: Wir haben die richtigen Gesetze, sexuelle Straftaten werden mit hohen Strafen bestraft. Wir brauchen keine neuen Gesetze, aber der Vollzug muss effektiver werden. Und das Abschieben von abgelehnten Asylbewerbern funktioniert bisher nicht, daher bleibt als Konsequenz nur die Frage: Wen lassen wir eigentlich in unser Land? Zurzeit überwiegend junge, alleinstehende Männer, aus einem anderen Kulturkreis kommend. Diese haben andere Erwartungen, statt nur in Sicherheit zu leben. Außerdem haben diese Menschen zur Zeit nichts zu tun, weil wir sie sich zum Beispiel nicht selbstversorgen lassen. Dann kommt oftmals der Alkohol ins Spiel und wir alle wissen, dass junge Männer, die unterbeschäftigt sind und unter Alkoholeinfluss stehen, auf dumme Gedanken kommen können.
Wenn man manchen CDU- und SPD-Politikern zuhört, klingt das wie AfD aktuell.
Löbel: Die AfD hat nach den Prognosen einen hohen Zulauf, was zeigt, dass sich viele Bürger einen anderen Kurs wünschen. Den darf man nicht der AfD überlassen.
Sind Sie zufrieden mit dem Wahlkampf der CDU?
Löbel: Ja. Von der CDU Baden-Württemberg kommen klare Worte.
Wir brauchen starke Abgeordnete.
Gegen den Kurs der Kanzlerin.
Löbel: Nein. Wir fordern eine Korrektur. Niemand konnte die Entwicklung so absehen und wenn der Kurs nicht stimmt, muss man gegensteuern.
Gehen Sie davon aus, dass die AfD in den Landtag einzieht?
Löbel: Danach sieht es aus.
Wie beurteilen Sie die Lage in den Mannheimer Wahlkreisen?
Löbel: Die Grünen sind nach den Prognosen stärker als bei der vergangenen Wahl, das stärkt auch den grünen Abgeordneten Raufelder im Süden. Die SPD wird immer schwächer, was den SPD-Abgeordneten Fulst-Blei im Norden schwächt und unseren Kandidaten Chris Rihm begünstigt. Unabhängig davon: Unsere Kandidaten Rihm und Südmersen kämpfen auf ihre Weise und machen ihre Sache gut. Was ich wichtig finde: Mannheim darf in Stuttgart nicht abgekoppelt werden, wie das die vergangenen Jahre war. Wir brauchen starke Abgeordnete, die Mannheimer Interessen im Land vertreten.