Mannheim/Ludwigshafen/Rhein-Neckar, 20. Mai 2015. (red/ms) Hätten Sie’s gewusst? Am Sonntag war Museumstag. Schon zum 38. Mal und das international. Deutschlandweit sollen über 1.600 Museen teilgenommen haben, 250 in Baden-Württemberg. Trotzdem fiel es – zumindest hier in der Region – schwer, etwas davon mitzubekommen. Denn die Aktionen fanden überwiegend im Versteckten statt. Wer soll Kultur denn noch ernst nehmen, wenn sie es nicht einmal selber tut?
Kommentar: Minh Schredle
Ich stehe im Wilhelm-Hack-Museum und bin ziemlich verdutzt. Habe ich mich im Datum vertan? Ich schaue mehrfach auf mein Handy, um das zu prüfen. Aber es ist tatsächlich Sonntag, der 17. Mai 2015, und heute ist Museumstag – etwas Besonderes ist mir bis dahin noch nicht aufgefallen. Wirklich gar nichts.
Es ist auch nur eine handvoll Besucher da. Vielleicht fünf oder sechs, verteilt über das ganze Museum. Und das um 13:00 Uhr. Irgendwie hatte ich mir mehr erwartet. Wäre ich ahnungslos am Hack-Museum vorbeigelaufen, hätte ich höchstwahrscheinlich gar nicht bemerkt, dass heute etwas anders sein soll. Denn von außen gibt es keinerlei Indizien für einen besonderen Tag.
Eine Stunde später bei den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim das gleiche Bild: Nichts weist darauf hin, dass heute Museumstag ist. Nirgends wurde ein Schild platziert, nirgends ein Hinweis, nirgends wird irgendetwas irgendwie beworben.
Ist das der Anspruch, den die Museen an sich selbst stellen? Will man so Leute für Kultur begeistern? Will man so beweisen, dass Museen „Orte der Zukunft“ sind, wie es noch in der Ankündigung zu dem „Aktionstag“ behauptet wurde?
Die Aktionen, die ich erlebt habe, waren höchstens halbherzig und ziemlich verschlafen: Im Hack-Museum selbst ist überhaupt nichts los. Im Museumsgarten sind immerhin gut 30 Menschen, aber auch hier ist die Stimmung überschaubar. Es wird gekocht, mit Gewürzen, die im Garten angebaut wurden. Das ist ganz nett. Aber mehr auch nicht.
Im Haus „Weltkulturen“ der Reiss-Engelhorn-Museen ist der Eintritt heute frei. Aber nicht in die Sonderausstellungen. Von besonderen Angeboten ist nichts zu spüren. Ein paar Kinder dürfen auf Papyrus schreiben und mit Pappe basteln – aber auch das ist nichts Besonderes:
Solche Aktionen gibt es eigentlich fast jedes Wochenende,
sagt mir eine Betreuerin. Allerdings sei der Umfang heute ungewöhnlich: Denn es wird auf Papyrus geschrieben und mit Pappe gebastelt und das auch noch gleichzeitig. Wow.
Auf Rückfrage beurteilen die Museen den Museumstag als Erfolg. Sibylle Schwab, von der Leitung Museumsvermittlung, hat das Programm für die Reiss-Engelhorn-Museen zusammengestellt, war am Sonntag vor Ort und sagt gegenüber dem Rheinneckarblog:
Auch in diesem Jahr herrschte beim Internationalen Museumstag in den Reiss-Engelhorn-Museen ein buntes Treiben. Zahlreiche Führungen, Aktionen und Bastelstationen für Kinder und Erwachsene standen auf dem Programm. Die Stimmung war sehr gut und alle Angebote wurden rege angenommen.
Was soll man dazu sagen? Erfolg misst sich immer an den eigenen Erwartungen und Ansprüchen. Vielleicht war ich einfach an den falschen Orten. Vielleicht bin ich einfach zu geringschätzig – meine Erwartungen waren jedenfalls eindeutig größer. Und zwar weil ich glaube, dass die Kultur in der Rhein-Neckar-Region so viel mehr zu bieten hat als am Sonntag geboten worden ist.
250 Museen sollen sich in Baden-Württemberg am Museumstag beteiligt haben – es ist traurig, wenn „Beteiligung“ heißt, dass man offen hat und vielleicht noch eine Alibi-Führung anbietet.
Es gibt wahre Schätze in der Region, die man mit Stolz und Würde präsentieren könnte und die in der Bevölkerung momentan dramatisch unterschätzt oder kaum beachtet werden. Aber so wie sie sich am Sonntag präsentiert haben, wirkt es, als hätten die Museen ihr Selbstvertrauen verloren. Wenn man sich weiterhin so versteckt, ist es kein Wunder, dass das Interesse schwindet. Denn wer soll Kultur noch ernst nehmen, wenn sie es nicht einmal selbst mehr tut?