Stuttgart/Rhein-Neckar, 20. Juni 2014. (red/ld) Kommunikations- und Unterhaltungsmedium, Informationsquelle oder Statussymbol: Das Internet ist für Jugendliche das Medium Nummer eins und liegt damit noch vor dem Fernsehen und dem Radio. Weniger nutzen dagegen Printmedien wie Zeitung oder Bücher. Das ist das Ergebnis einer Studie des medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest.
Von Lydia Dartsch
Wie nutzen Jugendliche Medien? Welches am meisten und mit wem sprechen sie darüber? Und wie kompetent schätzen sie sich im Umgang mit Medien ein? Fragen wie diesen ging der medienpädagogische Forschungsverbund Südwest in einer aktuellen Studie über die Mediennutzung und die Medienkompetenz bei Jugendlichen nach.
Darin wurden zwischen August und September vergangenen Jahres 2001 deutschsprachige Personen mit Internetzgang im Alter zwischen 14 und 29 Jahren nach deren Mediennutzung in einer standartisierten Online-Erhebung befragt. Bei den Ergebnissen wurde sowohl zwischen männlichen und weiblichen Studienteilnehmer unterschieden, wie auch zwischen deren Bildungsstand und den jeweilgen sozialen und kulturellen Milieus, in denen sie sich bewegen.
81 Prozent gehen täglich online
Auch wenn das Internet als das von den Jugendlichen meistgenutzte Medium für Informationen und Unterhaltung ist: So etwas wie „die Jugendlichen“ gibt es nicht. Statt einer homogenen Bevölkerungsgruppe, zeigten sich in der Studie erhebliche Unterschiede in der Nutzung der Medien, in der Selbsteinschätzung zur Kompetenz und in der Bewertung der Glaubwürdigkeit von Medien: Je nach Geschlecht, Bildungsstand oder Soziokulturellem Hintergrund.
Fast alle Befragten nutzen das Internet an mehreren Tagen in der Woche. Über vier Fünftel von ihnen sogar täglich. Nur vier Prozent nutzen es seltener. Deutlich weniger (62 Prozent) schauen täglich fern oder hören Radio (38 Prozent). Tageszeitungen dagegen sind bei Jugendlichen allgemein „out“: Nur 9 Prozent der Befragten liest sie täglich. Insgesamt liegt deren Nutzung bei 65 Prozent. Deren Online-Angebote werden sogar noch seltener genutzt, nämlich von insgesamt 61 Prozent – 11 Prozent lesen sie täglich.
Internet: Informationsquelle Nummer Eins
Die Jugendlichen kennen sich aus mit dem Internet. Rund 80 Prozent beurteilten die eigenen Fähigkeiten als „gut“. Über 68 Prozent der Befragten werden zumindest gelegentlich von anderen um Rat oder nach Tipps zur Internetnutzung gefragt. Dabei nutzen Jungen und Mädchen das Internet sehr unterschiedlich: Während sich die meisten Jungs vor allem für Computerspiele, Computer, Autos, Sport oder das Thema „Internet“ interessieren, suchen Mädchen und junge Frauen vor allem an Schönheits-, Gesundheits-, Mode- und Familienthemen. An regionalen und überregionalen Nachrichten sind beide fast gleich stark interessiert – die Jungen und jungen Männer etwas stärker.
Das Internet wird dabei als das geeignetste Informationsquelle angesehen – ganz gleich, ob es um das politische Geschehen oder um persönliche Interessen geht. Öffentlich-rechtliches Fernsehen und Radio dagegen sind bei den persönlichen Interessen weniger geeignet eingeschätzt. Gemeinsam mit den Eltern gehören diese drei Medienarten zu den Allroundern.
Allerdings unterscheiden sich die Jugendlichen durch ihren sozio-kulturellen Hintergrund untereinander stark in der Nutzung der verschiedenen Medien. Während traditionsbewusste, konservativ-bürgerlich eingestellte Jugendliche vor allem den lokalen Tageszeitungen und öffentlich-rechtlichen Medien die höchste Glaubwürdigkeit zuschreiben, misst die Gruppe der konsum- und markenorientierten „materialistischen Hedonisten“ besonders Nachrichtenseiten im Internet eine besonders hohe Glaubwürdigkeit zu. Facebook und anderen sozialen Communities wird dagegen nur selten eine besonders hohe Glaubwürdigkeit zugemessen.
Informationen für „Chancenlose“ uninteressant
Auffällig an den Ergebnissen der Studie ist die Mediennutzung, der als „prekär“ eingestuften Jugendlichen. Diese Jugendlichen haben meist eine geringe Bildung, einen Hauptschulabschluss oder gehen noch zur Schule. 21 Prozent von ihnen haben Abitur oder Fachabitur. Ein Viertel hat eine mittlere Reife. Abgesehen vom Bildungsniveau zeichnen sich diese Jugendlichen vor allem durch ein unsicheres Lebensgefühl aus. Sie haben bereits früh erste Brüche erlebt – beispielsweise in der Familie, die ihnen zudem sehr wichtig ist und die sie besonders idealisieren. Sie wünschen sich dazuzugehören und wollen „auch mal etwas richtig gut schaffen“, wie es in der Studie heißt. Ihre Lebensumwelt nehmen diese Jugendlichen vor allem als unfair wahr. Ihre eigene Leistung werde sich nicht auszahlen, denken sie. Dementsprechend schätzen sie ihre gesellschaftlichen Aufstiegschancen als sehr gering ein.
Zwar nutzt auch diese Gruppe der Jugendlichen mit 80 Prozent das Internet am häufigsten. Im Vergleich zu den anderen untersuchten Gruppen nutzen sie Tageszeitungen, Zeitschriften und deren Angebote im Internet auffällig selten. Die dort angebotenen Informationen würden schlichtweg als „uninteressant“ eingestuft, heißt es als Begründung in der Studie. Diese Gruppe Jugendliche gab in der Studie am seltensten an, sich über das tagespolitische Geschehen gut informiert zu fühlen. Die starke Mediennutzung des Internets und des Fernsehens lasse dagegen darauf schließen, dass sich diese Jugendlichen vor allem nach Unterhaltung als nach Informationen suchen. Dabei nutzen nur 65 Prozent von ihnen das Internet täglich. Entsprechend gering ist auch ihre Medienkompetenz auf diesem Gebiet. Sicherheitsvorkehrungen nutzen die wenigsten von ihnen. Dieser Wert ist bei den anderen Milieus deutlich höher.
Mitarbeit: Chiara Dell’Anna