Ladenburg/Rhein-Neckar, 20. September 2012. (red/la) Bei der ersten Kreisversammlung der Grünen nach der Sommerpause kommentierte die künftige Bundestagskandidatin Franziska Brantner das Euro-Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Europapolitik von Kanzlerin Angela Merkel bezeichnete sie dabei als „verlogen“.
Von Reinhard Lask
Bei ihrer ersten Kreisversammlung als designierte Bundestagskandidatin kommentierte die Europaabgeordnete Franziska Brantner das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM).
Die außenpolitische Sprecherin der grünen Fraktion im Europaparlament ist mit dem Urteil nur teilweise zufrieden.
Das Gericht habe leider kein Signal zu mehr demokratischer Legitimation gesetzt. „Das Europaparlament ist im Verfassungsgerichtsurteil gar nicht erwähnt worden.“ Im Gegenteil sei ein weiteres „Stoppschild“ für das Parlament aufgestellt.
Gerade im Hinblick auf die Macht der Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und dem Internationalen Währungsfond sei eine demokratisch legitimierte Kontrollinstanz nötig.
„Die Troika handelt mit Griechenland aus, wo und wie es sparen soll. Aber niemand kontrolliert die Troika. Bei Militärhaushalten gibt es zum Beispiel kaum genaue Vorgaben, wohl aber beim Rentensystem.“
Merkels Machtspiele
An der Rolle von Kanzlerin Angela Merkel bei der Eurorettung ließ Brantner kein gutes Haar: Alle Entsandten bis auf die Deutschen hätten den Rettungsmaßnahmen zugestimmt. Nun werde der Euro gegen den deutschen Widerstand gerettet.
„Sie kann jetzt sagen ‚wir waren dagegen und andere haben uns reingezogen‘. Das ist die unerträgliche Verlogenheit von Angela Merkel.“
Die Griechen würden nun ein Jahr mehr Zeit bekommen, aber an den harten Auflagen für das Land werde sich nichts ändern.
„Merkel will sich bis zur Bundestagswahl durchwurschteln. Die harten Entscheidungen kommen danach, wenn es eine Große Koalition gibt und sie die FDP los ist. Die EZB wird bis dahin alles zusammenhalten.“
Europa will voran – Merkel bremst
Bei der spanischen Bankenkrise sei die Kanzlerin mehr an innenpolitische Machtspielen, als nachhaltigen Lösungen interessiert. Merkel will erst eine Bankenunion unterstützen, bremse aber dann bei der Einführung einer Europäischen Bankenaufsicht. „Sie will sie ihrer Koalition diesen Streit nicht zumuten.“ Wieder seien alle europäischen Länder bereit, nur die Deutschen bremsen. Und das obwohl Merkel im Mai noch für die Aufsicht gewesen sei.
Brantner will die bereits bestehende Europäische Aufsichtsagentur EBA stärken, zumal diese auch demokratisch legitimiert sei.
„Wenn wir in Spanien eine funktionierende Bankenaufsicht gehabt hätten, wäre die Krise verhindert worden.“
Eine Europäische Bankenaufsicht müsse entstehende Finanzblasen frühzeitig erkennen können. Dazu müsse die Aufsicht unabhängig sein und selbst eingreifen dürfen, um zum Beispiel bei Banken direkt nachzuforschen wer, wem, wieviel Geld geliehen habe. Bisher habe die EBA jedoch solchen keine Rechte.
Deutschland zahlt bisher nichts
Beim ESM müsse Deutschland nun zum ersten Mal „was zahlen“. Bisher seien das 22 Milliarden. Allerdings habe Deutschland durch den Euro bisher rund 80 Milliarden Euro gespart. Wie hoch der Profit der Wirtschaft durch Exportüberschüsse sei, dafür gebe es keine Zahlen.
„Wer heute die D-Mark zurückhaben will, vergisst, wie schwierig die Währungsschwankungen einzelner Länder vor der Euroeinführung waren.“ Deutschland profitiere nach wie vor vom Euro. Wenn die D-Mark wieder eingeführt würde, käme es nach ihrer Sicht zu einer starken Aufwertung der deutschen Währung – zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit. „Gezahlt haben wir jedenfalls noch nichts!“, sagt Brantner.
Griechenland wird auf jeden Fall gerettet
Sie ist sich zudem sicher, dass Griechenland trotz aller Probleme gerettet werden wird. „Die lassen wir nicht pleite gehen. Sie tilgen zwar keine Schulden, aber zahlen brav ihre Zinsen.“
Es sei unmoralisch und inakzeptabel zu behaupten, dass Deutschland nur zahlen und andere sich einen faulen Lenz machen würden.
„Gerade die jungen Menschen in Griechenland oder Spanien zahlen gerade mit ihrer Lebensperspektive.“
Zudem sei die Situation in Deutschland auch nicht rosig:
„Wir zahlen null Prozent Zinsen auf Staatsanleihen und haben Wirtschaftswachstum. Trotzdem schafft Finanzminister Schäuble es nicht Schulden zurückzuzahlen. Wenn wir sieben Prozent Zinsen zahlen müssten, würden wir das auch nicht schaffen.“
Von einer Aufteilung des Euroraums in einen starken Norden und schwachen Süden hält Brantner nichts. Die Sanierung der griechischen Staatsfinanzen sei noch aus einem anderen Grund notwendig:
„Griechenland stellt 1,6 Prozent der europäischen Wirtschaftskraft. Wenn man es nicht schafft, dass wir diese poplige Volkswirtschaft bei uns behalten können, glaubt niemand mehr, dass der Euro stabil sein kann.“