Schriesheim, 20. Juni 2016. (red/ms) Am Samstag fand die große Eröffnungsfeier statt – doch bislang wurde der Branichtunnel in Schriesheim noch nicht für Verkehr freigegeben. Wann genau das geschehen wird, ist unklar. Zunächst wirkt das blamabel – doch das Regierungspräsidium Karlsruhe betont: „Sicherheit geht vor. Spätestens ab Mittwochmorgen ist der Tunnel befahrbar“.
Von Minh Schredle, Fotos: Annika Schaffner
Ab Sonntag, 19. Juni 2016, ist der Tunnel, und damit die Ortsumfahrung Schriesheim, auch für den Verkehr freigegeben,
heißt es in einer Pressemitteilung des Verkehrsministeriums Baden-Württembergs.
Am Sonntag, 19. Juni 2016, ist der Tunnel, und damit die Ortsumfahrung Schriesheim, jedoch nicht für den Verkehr freigegeben. Die seit Jahrzehnten ersehnte Entlastung für die vielbefahrene Talstraße lässt weiter auf sich warten. Probleme mit der Technik verzögern die Verkehrsfreigabe des Branichtunnels – Sicherheit geht vor, heißt es seitens der verantwortlichen Behörden.
Acht Jahre Bauzeit und 30 Millionen Euro teurer
Es geht um nicht weniger als ein Jahrhundertprojekt – in erster Linie für Schriesheim, aber auch für die Region. Bürgermeister Hansjörg Höfer (Grüne) bezeichnete den „Meilenstein“ bei den Eröffnungsfeierlichkeiten sogar als „das größte Bauvorhaben in der Geschichte unserer Stadt“ und kündigte an:
Künftige Generationen werden sich an diesen 18. Juni zurückerinnern.
Hunderte interessierte Bürgerinnen und Bürger waren vor Ort, um die Einweihung mitzuerleben und den Tunnel zu begehen. Der Vorentwurf für das Bauprojekt wurde bereits 1993 genehmigt, der Spatenstich erfolgte am 17. November 2008. Ursprünglich waren sechs Jahre Bauzeit und Kosten in Höhe von 63 Millionen Euro veranschlagt. Daraus wurden inzwischen fast acht Jahre und insgesamt etwa 92 Millionen Euro Kosten, bevor der Tunnel nun beinahe für den Verkehr freigegeben werden konnte.
Das Investitionsvolumen ist gewaltig. Durch die Baumaßnahme soll eine Ortsumfahrung Schriesheims vereinfacht werden. Das Nadelöhr Talstraße soll laut Planungsunterlagen um bis zu 12.500 Fahrzeuge pro Tag entlastet werden – damit ergäbe sich voraussichtlich eine massive Beruhigung der angespannten Verkehrslage. Mit einer Länge von 1.796 Metern sind die Dimensionen des Bauprojekts allerdings immer noch geringer als die des Saukopftunnels nördlich Weinheims (2.715 Meter lang, gut 20.000 Fahrzeuge pro Tag).
Teure Technik macht Probleme
Ein großer Kostenfaktor war unter anderem die Ausstattung des Tunnels mit Betriebstechnik, teilte Ralph Eckerle vom Regierungspräsidium Karlsruhe bei den Eröffnungsfeierlichkeiten mit – diese habe knapp 15 Millionen Euro gekostet, deutlich mehr als zu Beginn angenommen.
Probleme mit dieser Betriebstechnik sind nun ausschlaggebend, dass es zu weiteren Verzögerungen kommt, bis der Tunnel endlich befahren werden kann. Der Sicherheit wird ein hoher Stellenwert beigemessen: Am Sonntagvormittag habe man Defizite bei der „Meldekette“ festgestellt, erklärt ein Mitarbeiter des Regierungspräsidiums auf Rückfrage der Redaktion.
„Es gibt einen Plan B“
Das Sicherheitssystem funktioniert wie folgt: Sollte es im Tunnel zu Störungen welcher Art auch immer kommen, werden sämtliche Vorfälle intern an die Betriebszentrale weitergeleitet. Diese ist allerdings nicht 24 Stunden am Tag besetzt. Wenn niemand vor Ort ist, sollen Meldungen per Telefon an Mitarbeiter des Landratsamts Rhein-Neckar weitergeleitet werden. Dabei habe es Probleme gegeben, heißt es seitens des Regierungspräsidiums:
Meldungen sind draußen angekommen – aber aus bislang unbekannten Gründen nicht zu 100 Prozent.
Nachdem eine Fluchttür geöffnet wurde, sei die automatische Meldung an die Leitzentrale des Rhein-Neckar- Kreises ausgeblieben. Hier müsse nun die Ursache gefunden und nachgebessert werden, bevor der Tunnel freigegeben werden kann. Bislang sei das noch nicht gelungen. Allerdings gebe es auch einen Plan B:
Wenn es bis Dienstagabend nicht gelungen ist, den Fehler zu finden, werden wir die Betriebszentrale ab Mittwoch vorläufig rund um die Uhr besetzen.
Demnach werde der Tunnel spätestens ab Mittwochmorgen, gegen 06:00 Uhr, für den Verkehr freigegeben. Man müsse sicher sein, die Sicherheit der Fahrgäste gewährleisten zu können. Durch die Verzögerung sei nicht mit weiteren signifikanten Kostensteigerungen zu rechnen.
Nach fast acht Jahren Bauzeit und einer großen Eröffnungsfeier wirkt es zunächst unverständlich, warum der Tunnel noch nicht eröffnet worden ist. Die Kommunikationslage ist offenbar noch auf mehreren Ebenen ausbaufähig.
Wenn der Branichtunnel ab Mittwoch befahren werden kann und die erhoffte Entlastung für den Verkehr bringt, wird sich in der nahen Zukunft aber wohl kaum jemand über die drei zusätzlichen Tage Wartezeit beschweren – die Sicherheitsbedenken außer Acht zu lassen um den „Fahrplan“ einzuhalten ist keine Option. Nicht auszudenken, wäre tatsächlich ein Ernstfall eingetreten.