Mannheim, 19. Juni 2015. (red/ms) Der Mannheimer Gemeinderat steckt in einem Dilemma: Bei der Planung für „Mannheims neuen Stadtteil“ – das Benjamin-Franklin-Village – ist ohne Absprache eine Achse aufgetaucht, die das gesamte Gebiet teilt und das Stadtbild markant verändert. Die Investoren haben ihre Planung daran angepasst. Jetzt ist es offenbar zu spät, dagegen zu sein. Damit wurde der Gemeinderat als entscheidendes Souverän ausgerechnet bei Mannheims bedeutendstem Zukunftsprojekt von der Verwaltung nicht zu Rate gezogen.
Kommentar: Minh Schredle
Die „Verwunderung“ war groß als im Ausschuss für Umwelt und Technik Anfang Mai der Zwischenstand für Franklin-Mitte vorgestellt wurde – denn auf einmal war in den Plänen eine Achse aufgetaucht, die einmal senkrecht durch das gesamte Gebiet verläuft. Und dabei Gebäude teilt.
Das wurde vom Gemeinderat vorher nie beraten, geschweige denn genehmigt oder gar gewünscht. Die Planer und Architekten handelten offenbar eigenständig. Dabei handelt es sich bei der sogenannten „Europa-Achse“, einer „Hommage an den Charme des Broadways“, aber nicht gerade um eine dezente Kleinigkeit, die man mal eben beschließt, ohne Rücksprache zu halten. Hier geht es um ein Vorhaben, das das Stadtbild von Franklin-Mitte – angedacht als Vorzeigestadtteil der Zukunft – auf Jahrzehnte hinweg prägen wird.
Und auch wenn die Achse bei den Architekten und offenbar auch den Investoren gut ankommt: Im Gemeinderat sorgt sie für Verstimmungen. Volker Beisel (FDP) findet, sie „enstellt“ das Gesamtbild. Auch aus den Reihen der CDU gab es harsche Kritik.
Kann man jetzt noch dagegen sein?
Am 21. Mai reichte die CDU-Fraktion einen Antrag ein: Die Verwaltung soll darüber abstimmen lassen, ob die Europa-Achse im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens weiterverfolgt werden soll. Ob es jetzt aber überhaupt noch wirklich möglich und sinnvoll ist, gegen die Achse zu stimmen, ohne der Stadt massive Nachteile zu verschaffen, ist eine ganz andere Frage.
Verschiede Investoren sagten gestern im Konversionsausschuss, dass sie ihre Planungen inzwischen an die Achse angepasst hätten. Sie sprechen von einem „gewaltigen Aufwand“, den es verursachen würde, „jetzt wieder alles über den Haufen zu werfen“.
Das klingt stark nach: „Tut uns leid, aber jetzt ist es zu spät, das noch zu ändern“. Und das darf nicht sein. Der Gemeinderat ist offenbar einfach übergangenen worden. Daran sind nicht die Investoren schuld – sondern die Verwaltung, die Bürgermeister und die zuständigen Architekten und Städteplaner.
Stadträte im Dilemma
Stadträte, die diese Achse nicht befürworten wollen (müssen), stecken jetzt in einem Dilemma: Wenn sie gegen die Europa-Achse stimmen, verzögern sie die Entwicklung von Franklin, möglicherweise würden sogar die Investoren vergrault und man brächte den Konversionsprozess in Gefahr. Stimmen Sie für die Achse oder gar nicht erst darüber ab, lassen sie es als „Souverän“ zu, dass sie bei der Planung übergangen worden sind.
Der Vorgang „nötigt“ den Gemeinderat – vollkommen „unnötig“ beim wichtigsten Projekt der Konversion: Das Investitionsvolumen für Franklin beträgt schätzungsweise um die 220 Millionen Euro. Mannheim ist auf die Gunst von Investoren angewiesen, wenn die Entwicklung von Franklin ein Erfolg werden soll.
Es wäre mehr als wünschenswert, wenn die Politik hier geschlossen gemeinsame Ziele verfolgen würde. Aktuell sieht es danach aus, dass es heftige Debatten und Unmut statt Geschlossenheit geben wird.