Rhein-Neckar, 19. Januar 2016. (red/pro) Der Südwestdeutsche Rundfunk (SWR) hat aktuell die Kandidaten von Die Linke und AfD aus der „Elefantenrunde“ ausgeladen, in Rheinland-Pfalz auch die FDP. Damit geht der Sender auf die Knie, beugt sein Haupt und legt seine „Waffen“, kritische journalistische Fragen, zu Füßen von Winfried Kretschmann und Malu Dreyer. Dieser Kotau schreit geradezu nach Konsequenzen. Welche das sein könnten? Ein Debattenbeitrag.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wir laden hiermit den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann aus. Wir möchten kein Interview mit dem aktuellen „Machthaber“. Nicht unter diesen Bedingungen.
Der Grund ist ein einfacher – wir solidarisieren uns mit dem SWR. Ob der Sender das will oder nicht. Wir solidarisieren und mit allen bei diesem Sender, die einfach nur fassungslos sind.
Der SWR-Intendant Peter Boudgoust und ich hatten vor nicht allzu langer Zeit eine „Konversation“. Ich habe mich beim Sender-Chef darüber beschwert, dass journalistische Standards nicht eingehalten werden. Weiter habe ich Herrn Boudgoust dazu angehalten, alte Regeln zu berücksichtigen – nämlich nicht schamlos Themen bei uns zu klauen, sondern journalistische Leistungen anderer mit Anstand und Respekt zu behandeln. Auszüge aus seiner Antwort:
In der Pressemitteilung ist zwar von Medienberichten über angeblich unzureichende hygienische Zustände und unwürdige Unterbringungen der Menschen in schlecht beheizten Hallen die Rede, womit vermutlich Ihr Kommentar in Ihrem Blog gemeint ist. Anlass für den Besuch der Fraktionsvorsitzenden des Mannheimer Gemeinderats in der Flüchtlingsunterkunft war aber sicherlich ebenso der Einsatz des Krisenstabes in der Woche zuvor. Darüber hinaus hatten wir Sie ja bereits im Januar darauf aufmerksam gemacht, dass es uns leider nicht möglich ist, jeden Blog zu durchforsten, bevor wir Informationen von Pressestellen, der Polizei, von Stadtverwaltungen oder anderen Quellen recherchieren und veröffentlichen.
Der „Einsatz des Krisenstabs“, wie der SWR-Intendant schreibt, war ebenso wie der „Besuch der Fraktionsvorsitzenden“, Folge unserer Berichterstattung. (Anm. d. Red.: Unterstreichung durch uns, um die „Rhetorik“ klar zu machen.)
Nicht eines „jeden Blog“, sondern konkret Rheinneckarblog.de. Wir hatten exklusiv über unhaltbare Zustände im Lager „Spinelli“ berichtet.
Mit Interesse habe ich zur Kenntnis genommen, dass der SWR vor allem „Pressemitteilungen“ nach „Recherche“ veröffentlicht.

Peter Boudgoust. Intendant. Lächler. Totengräber des Journalismus. Quelle: SWR. Wikipedia CC-BY-SA 4.0
Es ist ein absoluter Skandal, wie der SWR-Intendant Peter Boudgoust sich als Chef eines angeblich „unabhängigen“ öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ausgestattet mit Geldern nicht über Leistung, sondern über Zwangsgebühren, sich dem Diktum der Macht beugt.
Auch, wenn diese leugnet, „Zwang ausgeübt zu haben“. Das macht es noch schlimmer: Das scheint „vorauseilender Gehorsam“ zu sein. Das klingt nach Stiefel lecken.
Der SWR beschädigt unter der Leitung dieses Intendanten in massivster Art und Weise das Ansehen eines freien und unabhängigen Journalismus.
Verantwortlich dafür ist der Intendant Peter Boudgoust. Über die Journalistendarsteller, die angeblich „in leitender Funktion tätig sind“ und sich nicht zur Wehr setzen, muss man kein Wort verlieren.
Es gibt sehr viele gute Journalisten bei diesem Sender, die ich persönlich sehr schätze. Die machen tolle Arbeit. Kritisch. Eigentlich müssten alle „Stopp – so nicht“ rufen, aber viele haben Familie, sind wirtschaftlich abhängig, denken an Karriere und damit beginnt ein unseliger Kreislauf.
Ich habe aktuell sehr viele Gespräche geführt, das „Messer im Sack ist auf“ – aber die Sorge, ob man „abgesägt“ wird, gegeben. Auch Journalisten sind Menschen. Die wenigsten sind Märtyrer und werden stumm, wenn es ihnen an die Existenz geht.
Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe über viele Jahre für mehrere ARD-Sender gearbeitet und habe das gerne getan, weil hier im Gegensatz zum Privatfunk noch Journalismus möglich war – bis zu dem Zeitpunkt, als ich „das System“ kennengelernt habe.
Dieses System ist – Sorry an alle Verschwörungstheoretiker – nicht von irgendwem gesteuert, sondern das Problem von „stinkenden Fischen vom Kopf her“.
Ich kenne ARD-Mitarbeiter, die mich mit meinen Stories durchgeboxt haben. Aber ich kenne eben auch andere, die Journalismus immer nur vorgetäuscht haben und an Karriere interessiert waren und sind. Und ich kenne viele, die dachten, dass sie Journalismus machen dürfen, aber nicht in dieses System passten und heute was anderes machen. Sie wurden ersetzt durch die Leute, die wissen, was „gewünscht“ ist und was nicht.
Herr Boudgoust redet irgendwas von „zusammengebissenen Zähnen“. Fakt ist, dass er noch nicht mal mehr ein Gebiss hat. Er ist zahnlos. Ohne Biss.
Hatte er keine Alternative? Die Frage ist falsch gestellt und zeigt, das Herr Boudgoust nicht verstanden hat, welchen Auftrag er hat. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unabhängig vom Staat und vom Parteiensystem. Er hat den Auftrag, die Öffentlichkeit umfassend und zutreffend zu informieren.
Genau das tut der SWR nicht, wenn er Parteien bevorzugt und andere benachteiligt. Damit macht sich der Sender zur Partei – von Interessen.
Das ist der schlimmstmögliche Vorwurf, dem man einem freien und unabhängigen Journalismus machen kann. Denn damit verliert jedes Medium in der Öffentlichkeit seine Exklusivität.
Was ist eigentlich das Problem, Herr Boudgoust? Sagen Sie die „Elefantenrunde“ (Anm. d. Red.. Was für ein bescheuertes Wort) einfach ab. Informieren Sie die Öffentlichkeit über „unerträgliche und unzumutbare Forderungen“.
Aha, weder Herr Kretschmann noch Frau Dreyer haben das jemals von Ihnen verlangt? Wenn dem so sein sollte, dann, Herr Boudgoust, treten Sie stumm und konsequent zurück. Denn dann haben Sie das nur „befürchtet“ oder sich vorgestellt. Dabei ist Ihnen möglicherweise das Lächeln vergangen – warum eigentlich?
Wenn dem nicht so sein sollte, treten Sie bitte ob der Schande, die Sie über viele engagierte Journalisten gebracht haben, bitte ebenfalls zurück.
Erweisen Sie aber dann der Öffentlichkeit einen letzten Dienst und machen Sie unzumutbare Forderungen öffentlich. Dann hätten Sie sich noch einen Restrespekt verdient.
Ich, Herr Boudgoust, bin nur der Redaktionsleiter irgendeines Blogs. Aber im Gegensatz zu Ihnen, weiß ich, was ich leite. Nämlich eine unabhängige, journalistische Redaktion, die sich ihr Geld verdienen muss.
Herrn Kretschmann werde ich übrigens darüber informieren, dass ich kein Interesse an einem Gespräch mit ihm habe, wenn er mir diktieren wollte, mit wem ich reden darf, damit ich mit ihm reden darf.
So einfach geht das. Herr Boudgoust.
Das Stichwort ist Haltung und Anstand. Journalistisch.
Sie, Herr Boudgoust, sind, das ist meine Meinung, ein Totengräber des Journalismus.
Und damit auch der Demokratie.
Sie, Herr Boudgoust und alle, die das entscheidend mittragen beim SWR, befördern nicht Politikverdrossenheit, sondern Politik- und Journalismus-Verachtung, weil Sie die Grundlage der Demokratie, die offene Debatte, nicht nur verleugnen, sondern ausschließen.
Lesenswert dazu:
Deutschlandfunk: Eine Absage wäre besser gewesen
FAZ: Die AfD muss draußen bleiben
Cicero: Sperre der Afd – gut gemacht SWR
SPON: Afd darf nicht an TV-Duellen vor der Landtagswahl teilnehmen