Mannheim, 19. Mai 2015. (red/ms) Eltern haben keinen Anspruch darauf, ihre Beitragszahlungen zurück zu erhalten, wenn gestreikt wird – das gilt juristisch als „höhere Gewalt“. Trotzdem wird die Stadt Mannheim aller Voraussicht nach die Gebühren erstatten. Das teilte Oberbürgerbürgermeister Dr. Peter Kurz heute auf einem Pressegespräch mit.
Es sei „schlichtweg unfair“, wenn Eltern gezwungen würden, für eine Leistung zu bezahlen, die sie nicht erhalten, sagte Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) heute gegenüber Journalisten. Daher werde die Verwaltung bis zur kommenden Gemeinderatsitzung eine Vorlage erstellen, in der darüber abgestimmt werden soll, ob Eltern im Rahmen des Kita-Streiks ihre Beiträge zurück bekommen.
Es gibt für die Stadt Mannheim keine rechtliche Verpflichtung das zu tun. Es ist eine freiwillige Leistung. Oberbürgermeister Kurz nennt es außerdem „ein Gebot der Fairness“ und erinnert an die Vergangenheit:
Schon im Jahr 2009 gab es einen vergleichbaren Fall. Damals wurde neun Tage lang gestreikt.
Auch damals habe der Gemeinderat entschieden, die Gebühren zu erstatten – ohne große Diskussionen, wie Dr. Kurz sagte. Er rechne auch dieses mal fest damit, dass der Beschluss mit großer Mehrheit oder einstimmig angenommen wird: „Das ist eigentlich nur eine formelle Hürde.“
Wie lange der Streik noch dauern wird, ist offen. Er ist unbefristet. Ver.di gab sich bislang kampfeslustig und kündigte an, den Streik flächendeckend auszuweiten und so lange zu verlängern, bis die Verhandlungen zu zufriedenstellenden Ergebnissen gekommen sind.
Kaum oder keine Kosten für die Stadt
Für die Stadt würden sich die Kosten im Rahmen halten, wenn die Beiträge zurückgezahlt werden – denn sie muss derzeit auch keine Löhne für die Erzieher zahlen. Laut Dr. Kurz gibt es derzeit noch keine konkreten Zahlen darüber, wie viel ein Streiktag die Stadt kostet. Aber: „2009 hat die Stadt durch die Gebührenrückerstattung keine Verluste gemacht.“
Oberbürgermeister Kurz stellte die Pläne, die Beiträge zurück zu zahlen heute auch dem Gemeinderat vor – danach gab es kurzen Applaus von Stadträten verschiedener Fraktionen. Insofern ist stark damit zu rechnen, dass der Beschluss mit einer großen Mehrheit getroffen wird.
In diesem Fall wird den Eltern das Geld rückwirkend für den Monat Mai automatisch auf das Konto ausgezahlt, von dem für gewöhnlich die Beiträge überwiesen werden – ein Antrag wird dazu nicht nötig sein.
CDU versucht zu Punkten
Die CDU-Fraktion übersandte kurz vor der Sitzung noch eine Pressemitteilung, in der der jugendpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Nikolas Löbel. fordert:
Die Stadt Mannheim täte gut daran, den vom Kita-Streik betroffenen Eltern die Gebühren für die betreuungsfreie Zeit zurückzuerstatten. Wir als CDU stehen zur Tarifautonomie und hoffen auf eine schnelle und gerechte Einigung der beiden Tarifparteien. Dennoch haben wir großes Verständnis für die Forderungen unserer Erzieherinnen und Erzieher. Mindestens genauso großes Verständnis haben wir als CDU aber auch für die Eltern, die seit Wochen nach Notlösungen für die Betreuung ihrer Kinder suchen müssen, diese von den Betreuungsgebühren zu befreien. Wo keine Leistung geboten und in Anspruch genommen wurde, da sollten wir auch die Kosten erstatten.
Auch die bildungspolitische Sprecherin Rebekka Schmitt-Illert wird zitiert:
Für die vielen Familien in unserer Stadt stellt der Kita-Streik eine große Herausforderung dar. Wir sollten als Stadt Mannheim versuchen, unserer Rolle als familienfreundliche Stadt gerecht zu werden und die Betreuungsgebühren zurückerstatten, selbst wenn dadurch erhebliche und ungeplante Mehrkosten entstehen sollten. Dafür müssten Stadtverwaltung und Gemeinderats dann im Schulterschluss eine Gegenfinanzierung finden.
Schneller als der Oberbürgermeister die Forderung in den Raum zu stellen, dürfte ein wahltaktisches Manöver sein. Den Punkt macht allerdings der Oberbürgermeister, weil er keine „Forderung“ aufstellt, sondern Fakten schafft, die nur noch formal beschlossen werden müssen. Mit Hinweis auf 2009 korrigiert er auch die von Frau Schmitt-Illert vermuteten „Mehrkosten“.