Ludwigshafen/Rhein-Neckar, 19. März 2011. (red) Seit Freitag, den 18. März 2011, heißt der Platz vor der Ludwigshafener Rhein-Galerie „Platz der Deutschen Einheit“. Im Untertitel: „Eingeweiht durch Dr. Helmut Kohl“. Das stimmt leider nur bedingt.
Zwar war Altkanzler Kohl „persönlich“ anwesend und hat auch eine Rede gehalten – die Bilder von der „Enthüllung“ der Tafel sind aber gestellt. Man hatte den Ehrengast Kohl schlicht und ergreifend zunächst vergessen. Während die Tafel „enthüllt“ wurde, saß der „Ehrenbürger“ und „Ehrengast“ Kohl abseits des Geschehens im Rollstuhl.
Von Hardy Prothmann
Kein geringerer als Altkanzler Helmut Kohl soll den „Platz der Deutschen Einheit“ in seiner Heimatstadt Ludwigshafen einweihen. Einige hundert Menschen sind gekommen, um dem Ereignis auf dem Vorplatz der Rhein-Galerie, dem neuen Vorzeige-Einkaufszentrum in Ludwighafen, beizuwohnen.
Eine Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn ist von dem „hohen“ Besuch allerdings kaum etwas zu merken, nur vereinzelt warten Leute. Das Geschehen wird durch die Präsenz der Polizei dominiert. Nach und nach kommen dann doch noch Zuschauer.
Gegen 15:10 wird Helmut Kohl (80) auf den Platz geschoben – seit einem Sturz 2008 mit schwerwiegenden Schädel-Hirnverletzungen ist Helmut Kohl auf einen Rollstuhl angewiesen.
Traute Runde.
Er wird begleitet von seiner zweiten Frau Maike Kohl-Richter (45), Kai Diekmann, Trauzeuge und Chefredakteur der Bild-Zeitung, Eggert Voscherau, früherer Vorstandsvorsitzender und jetziger Aufsichtsratsvorsitzender der BASF, Frank Billand, Investor von „Union Investment„, einem Vertreter des Hamburger ECE-Managements (Betreiber der Rhein-Galerie) sowie Monsignore Ramstetter, einem Kohl-Freund, der die Trauerrede auf Kohls erste Frau Hannelore gehalten und die kirchliche Trauung mit der 35 Jahre jüngeren Frau Maike vollzogen hat.
Spätestens bei der Begrüßung der Gäste wird den Zuschauern klar: Hier geht es nicht nur um die Einweihung eines Platzes durch einen der wichtigsten Gestalter der deutschen Einheit, es geht vor allem auch um die anstehenden Landtagswahlen und ums „Gesehen werden“ für die CDU – mit anschließender „exklusiv“-Berichterstattung in der Bild.
„Fluss der Geschichte“.
Neben Dr. Maria Böhmer (CDU), Integrationsbeauftragte und Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin zeigte sich auch die CDU-Spitzenkandidatin im rheinland-pfälzischen Wahlkampf, Julia Klöckner. Herzlich und volksnah will sie wirken und strahlt, was das Zeug hält.
Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse (CDU) begrüßt Kai Diekmann „stellvertretend für die Presse“, Herrn Kohl mit „Herr Bundeskanzler“ und begründet die Namensgebung des Platzes damit, dass der ehemalige russische Generalsekretär Michail Sergejewitsch Gorbatschow und der Altkanzler in Gesprächen am Rhein die Deutsche Einheit vorverhandelt hätten – das war allerdings in Bonn. „Zwei Männer am Fluss der Geschichte“, seien das gewesen, sagte Lohse und Ludwigshafen rücke „damit an den Fluss“.
„Verdienter Stellenwert“.
Kohls rund fünfzehnminüte Rede ist über weite Strecken nur schwer verständlich, denn er hat enorme Artikulationsschwierigkeiten. Die Reaktionen des überwiegend ergrauten Publikums bleiben verhalten. Nur hier und da wird eher höflich applaudiert – echte Begeisterung mag nicht aufkommen.
Nach der von Helmut Kohal mühsam vorgetragenen Rede wird der Platz „eingeweiht“ – durch die „Enthüllung“ der Gedenktafel, die Kohls Namen trägt – Helmut Kohl aber, den „Kanzler der Einheit“, den „Ehrengast“, hat man im Abseits unter dem Pavillonzelt stehen gelassen. Geradezu „deplatziert“ wirkt Helmut Kohl in diesem Moment. Ein beschämendes Bild.
Ein Agentur-Fotograf beschwert sich vehement über diese „Unprofessionalität“, woraufhin Helmut Kohl für ein nachträglich gestelltes Bild herangeschoben wird. Jetzt nutzt auch Julia Klöckner ihre Chance, sich mit dem Kanzler a.D. ablichten zu lassen.
Auf High-Heels zum „Privattermin“.
Danach ist die Veranstaltung schnell vorbei – die Bild-Zeitung, beziehungsweise deren Chefredakteur Kai Diekmann und seine Frau Katja Kessler, bekannt geworden durch schlüpfrige Kommentare zu Nacktbildern in der Bild, tritt in „High-Heels“ auf und hatte nichts Besseres zu tun, als ihr Handy zu checken.
Die Diekmanns haben später noch einen Privattermin mit Helmut Kohl, wo man sich unter „Vertrauten“ nochmals ablichten lässt.
Dem Altkanzler Dr. Helmut Kohl hat man mit diesem Termin keinen Gefallen getan – auch wenn die Inszenierung aus Polit- und Geschäfts-Promotion dies vordergründig so scheinen lassen sollte.
Fotos und Mitarbeit: local4u