Rhein-Neckar/Kehl, 19. November 2016. (red/pro) Der Landesparteitag der AfD in Kehl hat planmäßig begonnen. Rund 600 Teilnehmer wählen auf der als “Aufstellungsversammlung” genannten Veranstaltung die Liste der Kandidaten für die Bundestagswahl 2017. Der Landesvorstand hatte zuvor beschlossen, keine Medien zuzulassen. Dies wurde von der Versammlung heute so bestätigt. Gegen die Parteiveranstaltung demonstrierten rund 300 Personen überwiegend friedlich.
Nachdem sich bereits kurz nach 8 Uhr erste Demonstranten vor der Stadthalle eingefunden hatten, wuchs die Teilnehmerzahl der zuvor bei der Stadt Kehl angemeldeten Kundgebung bis kurz vor 10 Uhr auf etwa 300 Menschen an, teilte die Polizei mit. Von dort an bewegte sich der Demonstrationszug durch die Innenstadt zu einer Kundgebung auf den Marktplatz, bis er nach seiner Fortsetzung über die Schul- und Großherzog-Friedrich-Straße gegen 10.30 Uhr vor der Stadthalle sein Ende fand.
Während im Verlauf der angemeldeten Kundgebung keinerlei Störungen registriert wurden, kam es nach Polizeiangaben kurz vor Beginn des Demonstrationszuges am Haupteingang der an mehreren Zugängen für Veranstaltungsteilnehmer geöffneten Halle zu zwei mutmaßlich beleidigenden Äußerungen aus dem Kreis der Demonstrierenden gegenüber den anreisenden Parteitagsbesuchern. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Unter den Demonstranten befand sich nur eine kleine Gruppe von rund 30 Personen aus dem radikalen Antifa-Lager. Offenbar ist es der linksradikalen Szene nicht gelungen zu mobilisieren, weswegen Zusammenstöße mit der Polizei ausblieben.
Das Polizeipräsidium Offenburg war mit starken Kräften vor Ort und wurde vom Polizeipräsidium Einsatz unterstützt. Die Bundespolizei war am Bahnhof und im Grenzgebiet zu Frankreich verstärkt aufgetreten. Im Vorfeld war auch in Frankreich mobilisiert worden, auf Nachfrage sprach die Polizei aber nur von vereinzelten Teilnehmern aus dem Nachbarland.
Der AfD-Landesparteitag hatte die Entscheidung des Landesvorstands bestätigt, keine Medien zur Veranstaltung zuzulassen. Dies ist ein unerhörter Vorgang – nach unserer Kenntnis haben demokratische Parteien noch niemals Medien den Zugang zu Landes- oder Bundesparteitagen verwehrt.
Rechtlich ist dies nach unserer Auffassung möglich – es gibt zwar ein hohes öffentliches Interesse, aber eine Partei kann sich auf das Vereinsrecht berufen und zu einer privaten Veranstaltung gibt es keine Pflicht, Medienvertreter zuzulassen.
Ob diese Entscheidung klug ist, steht auf einem anderen Blatt. Nachvollziehbar ist, dass die AfD sich nicht von Medien “vorführen” lassen will. Dies kann man bei der häufig sehr einseitigen und tendenziösen Berichterstattung auch großer Medien nachvollziehen. Andererseits steht einer Partei, die eine Alternative zu etablierten Parteien darstellen will, ein “Rückzug ins Private” nicht gut an. Sie verweigert sich damit einer öffentlichen Wahrnehmung und Kontrolle und kann diese Makel nicht mehr beheben.
Damit befördert die AfD auch Spekulationen. Möglicherweise könnte die Partei in großer Sorge sein, weil Vorwürfe, diese sei ein Sammelbecken für Rechtsradikale, tatsächlich in erheblichem Umfang zutreffen. Kontrollieren kann das niemand, weil unabhängige Berichterstattung nicht zugelassen worden ist. Im Ergebnis ist das ein massiver Kommunikationsschaden, für den die AfD selbst verantwortlich ist.
Am Sonntag will die AfD mit einer Pressekonferenz über den Landesparteitag informieren. Wenn die Medien eine konsequente Botschaft an die AfD senden wollten, wäre es begrüßenswert, wenn niemand diese Pressekonferenz besuchen würde. Möglicherweise wäre das ein Mittel, die AfD-Mitglieder und -Verantwortlichen zur Reflexion zu zwingen.