Rhein-Neckar/Ahrtal, 18. August 2021. (red/pro) RNB-Redaktionsleiter Hardy Prothmann war in den vergangenen zwei Wochen insgesamt sechs Tage im Ahrtal vor Ort, um von dort zu berichten. Am Wochenende erfolgt der nächste Einsatz. Dafür gibt es viele Gründe.
Von Hardy Prothmann
Themen aus der Metropolregion kommen bei uns aktuell zu kurz – schlicht und ergreifend, weil die Berichterstattung aus dem Ahrtal einfach ein enormer Aufwand ist.
Unglaublich viele Top-Themen
Warum macht das RNB das? Ganz einfach – es wird zu wenig und vor allem zu wenig hintergründig aus dem Gebiet berichtet, in dem sich die größte Katastrophe seit Ende des zweiten Weltkriegs ereignet hat. Eine Flutkatastrophe, die rund 40.000 Menschen betrifft.
Ohne freiwillige Helferinnen und Helfer, ohne Bau-Unternehmer, Landwirte, GaLa-Betriebe und anderen Firmen und Handwerker hätte nach der zerstörerischen Flutwelle die nächste Katastrophe gedroht, weil der Katastrophenschutz der rheinland-pfälzischen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) weitestgehend überfordert ist.
Aus unserer Sicht gibt es vor Ort hunderte oder tausende von Top-Themen. Einerseits zu den vielen Herausforderungen, vor denen der Staat, also Land, Landkreise und Kommunen stehen, ebenso aber die privaten Geschädigten und natürlich die sehr positive „Welle“ der privaten Hilfsbereitschaft aus ganz Deutschland und sogar dem Ausland.
Hochwassergefahr in der Metropolregion
In der Metropolregion gibt es viele Gemeinden, die von Hochwasser bedroht sind. Insofern machen wir vor Ort Erfahrungen, die auch hier eines Tages von Nutzen sein könnten. Leserinnen und Leser des RNB kennen die Debatte um die Sanierung des Rheinhochwasserdamms, um nur ein Beispiel zu bieten. Der Neckar sorgt in Heidelberg immer wieder für Überschwemmungen – all dies führt immer zu Schäden unterschiedlichster Art.
Die Themen aus dem Ahrtal sind deutschlandweit relevant – es gibt viele weitere Mittelgebirge, die von solchen Naturkatastrophen getroffen werden können. Und leider übersteigt es unsere Kapazitäten, die überfluteten Gebiete beispielsweise in Nordrhein-Westfalen auch abzudecken. Das schaffen wir noch nicht mal ansatzweise im Ahrtal, wo jede Berichterstattung ein „pars pro toto“ darstellt, also einen Teil des Ganzen.
Journalismus muss neu entwickelt werden
Dazu gibt es ein weiteres Thema, das elektrisiert. Der Lohnunternehmer und diplomierte Landwirt Markus Wipperfürth revolutioniert gerade den Journalismus. Der 48-Jährige hatte mit Themen aus der Landwirtschaft über Jahre eine Community von rund 50.000 Abonnenten aufgebaut, denen er in Handy-Filmen sein Leben, seine Maschinen, seine Aufgaben vorstellt.
Mit der Katastrophe, als Helfer ab Tag 1 schnellten die Abozahlen nach oben und betragen nun rund 450.000 Abos. Zum Vergleich: Der SWR hat rund 3.600 Mitarbeiter, SWR aktuell kommt auf 310.000 Abonnenten auf Facebook. Ein Mann hat also mal locker eine der größten Rundfunkanstalten abgehängt – in gerade mal vier Wochen.
Ich habe Markus Wipperfürth bereits vor Wochen den besten Außenreporter vor Ort genannt. Das stimmt und stimmt nicht – Markus Wipperfürth ist kein professioneller Journalist, aber professioneller Journalismus kann sehr viel von ihm lernen. In vielerlei Hinsicht, aber vor allem in Sachen Glaubwürdigkeit. Die Transparenz, die Markus Wipperfürth an den Tag legt, ist umfassend und dafür wird er geliebt, gefeiert und auch angegriffen – direkt, wie in einem Interview mit dem ZDF, wo er ins Querdenker-Lager geframet worden ist oder einfach durch Ignoranz.
Menschen für Menschen
Markus Wipperfürth betont immer wieder, dass er nur einer von vielen ist. Das ist zutreffend. Aber er ist die bekannteste Stimme der privaten und privat-beruflichen Helfer geworden. Wenn er ruft, kommen Unternehmer, die Bedarfe erfüllen können.
Ein anderer ist Wilhelm Hartmann (48), der sich selbst Gärtner nennt, aber einen GaLa-Betrieb mit 150-200 Beschäftigten führt und ebenfalls enorm in Vorleistung gegangen ist. Ein sehr sanfter, nachdenklicher und hochkonzentrierter Mensch, dessen Kontakte und Organisationstalent enorm sind und meistens viel leiser laufen.
Aber auch ein Marcus Zintel (43), Dienstleister im Baugewerbe, ist einer von vielen – der hatte mal eben rund 6.000 Tonnen (!) Material verbaut und 100 Meter Bundesstraße wiederhergestellt, eine der wichtigsten Achsen im Tal. Sonst müssten die schweren Transporter und Baumaschinen einen Umweg von 35 Kilometern fahren, teils von Serpentinen geprägt.
Oder ein Daniel van Ophuysen, ein selbständiger Forstarbeiter, den sie vor Ort „Daniel Düsentrieb“ nennen oder auch den „fliegenden Holländer“ (wohnt in der Nähe der Niederlande), weil er immer dort zur Stelle ist, wo man ihn braucht.
Das sind nur vier Personen von Tausenden, sehr unterschiedliche Charaktere, die aber Hand-in-Hand vor Ort helfen und wirken. Auch das ist für uns ein Thema, das wir begleiten. Und mein Motto ist: Journalismus ist eine Dienstleistung von Menschen für Menschen.
Schwere Bedingungen – für alle
Der Standort unserer „Außenredaktion“ ist das Hotel Hohenzollern in Bad Neuenahr (die wollten uns erst für „lau“ übernachten lassen, nachdem Spenden eingegangen sind, haben wir Geld angeboten und wir haben uns geeinigt). Von hier aus geht es mit dem Auto, mit dem Motorrad, auf der Pritsche von Pick-ups hier und dorthin.
Die journalistischen Arbeitsbedingungen vor Ort sind schwer (schwerer wiegen die Schicksale der Menschen vor Ort). Wir haben kein Büro, wo alle Abläufe sitzen, die Wege sind weit und teils beschwerlich, auch teils gefährlich, der Staub belastet, alle gewohnten Situationen der Informationsrecherche sind, freundlich formuliert, anders als gewohnt.
Teils berichten wir vor Ort, häufig über Facebook, dann wieder hintergründig nach der Rückkehr – jetzt muss erstmal viel Material ausgewertet werden, dazu kommen weitere Recherchen. Unser youtube-Kanal, den wir eigentlich nicht bedient haben, ist explodiert mit hunderttausenden Aufrufen. Ebenso die Facebook-Seite und das Blog, das in den vergangenen Wochen immer wieder über Stunden nicht erreichbar war, weil es zu viele Zugriffe gab.
(Beide Seiten können gerne abonniert werden)
Unser Youtube-Kanal: https://www.youtube.com/c/RheinneckarblogDe
Unser Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Rheinneckarblog
Wie die privaten Unternehmer gehen wir in Vorleistung – die bekommen aber nun nach und nach ihre Aufwendungen zumindest teilweise ersetzt und seit einiger Zeit erhalten sie Aufträge, die bezahlt werden.
Leistung muss bezahlt werden – sonst bleibt sie aus
Für uns trifft das nicht zu. Wir bekommen weder etwas ersetzt, noch Aufträge, sondern müssen uns anders finanzieren. Der Werbemarkt, bislang die Haupteinnahmequelle, ist durch die Corona-Krise extrem unter Druck und unsere Einnahmen aus Werbung betragen nur noch einen Bruchteil dessen, was wir benötigen, um wenigstens die Kosten zu decken.
Gleichzeitig erfahren wir enorme Bestätigung für unsere Berichterstattung, die als ehrlich, transparent und hintergründig gelobt wird.
Über Paypal sind uns bislang rund 1.300 Euro Spenden zugegangen, heute eine über 250 Euro. Es ist gleich, wie viel unsere Leserinnen und Leser spenden, jeder wie sie/er kann – wir freuen uns über jede Spende. Wir bezahlen unsere Mitarbeiter, wir haben Kosten und wir benötigen Einnahmen, weil die journalistische Arbeit sonst nicht geleistet werden kann.
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit und natürlich auch Ihre Zuwendung.
Wir erhalten keine Zwangsgebühren – unser unabhängiger Journalismus kostet aber Geld – beispielsweise für Honorare für Autoren und ebenso wie die juristische Abwehr, die uns seit 2010 rund 85.000 Euro gekostet hat.
Wenn Sie zahlen möchten:
Sie können Steady hier abschließen. (Sie werden dort Kunde, Steady behält eine Gebühr ein und zahlt den Rest an uns aus. Sie haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln. )
Sie können hier einen Rheinneckarblog-Plus-Pass kaufen. (Sie werden bei uns Kunde und bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln.)
Sie zahlen per Paypal. (Sie werden bei uns Kunde und bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln.)
Sie überweisen direkt aufs Konto. (Sie werden bei uns Kunde und bei Steady freigeschaltet, sofern Sie mindestens 60 Euro zahlen und haben Zugang zu den kostenpflichtigen Artikeln. Sie können natürlich auch einfach so ein Spende überweisen.)
Hypovereinsbank
Kontoinhaber: Hardy Prothmann
BIC (BLZ): HYVEDEMM489
IBAN (Kto.): DE25670201900601447835