Dossenheim, 18. März 2015. (red/ld) Die Betriebsgesellschaft des Hanna&Simeon-Heims plant auch in diesem Jahr Verluste zu machen: rund 60.000 Euro. Diese soll die Gemeinde Dossenheim voll bezahlen. Dabei hält sie nur ein Fünftel der Anteile. Im Gemeinderat fand sich dennoch eine Mehrheit dafür.
Am Ende der Debatte, ob die Gemeinde die Verluste des Hanna&Simeon-Heims komplett bezahlen soll, enthielten sich 7 der 22 Gemeinderäte ihrer Stimme: Die gesamte SPD-Fraktion und drei Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das sind knapp ein Drittel. Gemeinderat Thomas Katlun (Bündnis 90/Die Grünen) stimmte sogar gegen den Vorschlag der Verwaltung.
Das Hanna&Simeon-Heim plant in diesem Jahr Einnahmen in Höhe von 1.942.199 Euro und Ausgaben von 2.001.334 Euro. Damit fehlen 59.136 Euro. Das ist zwar schon deutlich weniger als in der Vergangenheit. Es ist aber auch nur ein Plan: Im Jahr 2013 waren beispielsweise 10.600 Euro Gewinn vorgesehen gewesen. Stattdessen wurde das Geschäftsjahr mit einem Verlust in Höhe von 152.570,15 Euro abgeschlossen. Die Verluste bezahlte die Gemeinde.
Bis zum Jahr 2018 sind ebenfalls Verluste geplant: 41.000 Euro für 2016, 26.200 für 2017 und 9.900 Euro für 2018. Für das Jahr 2019 sind erstmals Gewinne in Höhe von 7.700 Euro, für das Jahr 2020 sind 26.800 Euro Gewinn geplant.
CDU: “Wir wollen uns auch um die Alten kümmern”
Das Hanna&Simeon-Heim sei bei einer Belegung von 97 Prozent wirtschaftlich, sagt Hans-Peter Stöhr, Fraktionssprecher der CDU. Laut Gemeinderatsvorlage war das Heim im vergangenen Jahr zu 93,61 Prozent belegt. Das entspricht 44 von insgesamt 48 Plätzen. Das heißt, dass noch drei Plätze dauerhaft belegt sein müssten, damit sich das Heim trägt: Die 97 Prozent Belegung entsprechen rechnerisch 46,56 Plätzen.
“Wir tun ja auch etwas für unsere Jugend und sollten uns auch um die Älteren kümmern”, sagt Herr Stöhr. Es sei aber Ziel, einen ausgeglichenen Wirtschaftsplan zu erreichen. Auf die Gebührensatzung habe die Gemeinde keinen Einfluss. Genausowenig wie auf die Geschäftsführung des Heims. Diese ist ehrenamtlich geführt vom evangelischen Pfarrer Manfred Billau und Marianne Reiser.
Gemeinderäten und Verwaltung fehlt Fachwissen
“Wir tragen das volle Risiko und haben keinen Einfluss auf das Unternehmen”, sagt der Fraktionssprecher der SPD, Carlo Bonifer. Er halte die gesamte Leitungsstruktur des Heims für problematisch, sagt er. Es bestehe keine Notwendigkeit dafür, dass die Gemeinde Gesellschafter eines Altenpflegebetriebs ist: “Das gehört nicht zu unseren Pflichtaufgaben. Wir bezahlen die Verluste mit unseren Einkünften.” Außerdem würden andere Pflegebetriebe wirtschaftlich arbeiten. Als Beispiel nennt er das Pflegeheim der Heidelberger Stadtmission.
Auch Dr. Thomas Katlun sieht die Struktur kritisch. Die Beteiligung der Gemeinde an dem Pflegeheim stelle die Gemeinderäte und die Verwaltung zudem vor hohe Anforderungen: “Wir haben nicht das Fachwissen, die Arbeit des Heims zu beurteilen”, sagt er. Herr Bonifer sieht das ähnlich. Die Gemeinderäte müssten sich “rudimentäre Kenntnisse” aneignen, um Wirtschaftsberichte zu lesen: “Das frisst Ressourcen, die den Gemeinderäten an anderen Stellen fehlen”, sagt er.
Keine Zukunft für bestehende Gesellschaftsstruktur
Dr. Katlun sieht zudem ein rechtliches Problem: “Eine Gemeinde darf sich nicht in den freien Wettbewerb einmischen”, sagt er. Dies sei der Fall, wenn die Gemeinde die Verluste der Gesellschaft ausgleicht und nicht mit EU-Recht vereinbar. Damit die Gemeinde dennoch die Verluste bezahlen darf, muss ein Betrauungsakt – eine einjährige Ausnahmeregelung – erlassen werden. Im Jahr 2013 hat dies geklappt. Die Jahresrechnung für 2014 liegt noch nicht vor.
Lange werde dies nicht weitergehen, sagt Herr Bonifer. Er sieht in der derzeit bestehenden Struktur keine Zukunft bis zum Jahr 2020. Ein Grund dafür sei, dass Pfarrer Billau im kommenden Jahr 65 Jahre alt wird und damit in den Ruhestand gehen werde. Zu seinem Ruhestand wollte sich Pfarrer Billau auf unsere Nachfrage nicht äußern.
Ob sein Nachfolger die Geschäftsführung übernehmen wird, sei ungewiss, sagt Herr Bonifer. Eine vakante Geschäftsführung werde für die Gemeinde problematisch, sagt er. Auf unsere Anfrage sagte Pfarrer Billau, dass die evangelische Kirchengemeinde in diesem Fall entsprechende Vorschläge zur Nachfolge machen werde. Dr. Katlun fordert, dafür eine hauptamtliche Geschäftsführung einzusetzen, die das nötige Wissen und die Fähigkeiten hat, ein Pflegeheim zu führen. Aber auch darauf hat die Gemeinde Dossenheim keinen Einfluss.