Heidelberg, 18. Mai 2016. (red/nh) Schon mal “im Bau” gewesen? Tanz geschmeckt? Emotionen gerochen? Frei nach Pippi Langstrumpf könnte das Motto der Spielzeit des Theater und Orchesters Heidelberg im kommenden Jahr heißen: Nichts ist unmöglich. Und die Spannung steigt.
Von Naemi Hencke
Enge. Beklemmung. Kälte. Man hat wahrscheinlich nur eine vage Ahnung davon, wie es sich in anfühlt in einer Gefängniszelle (fest) zu sitzen. Die meisten werden sich so ein Leben kaum vorstellen können. Die Welt “hier draußen” ist definitiv eine ganz andere als die Gefängsniswelt “da drinnen”. Die hohen Mauern. Der Stacheldraht. Die Gitter vor den Fenstern.
Wie es wohl ist, im Gefängnis zu sein? Dort, wo “das Böse” eingesperrt und abgeriegelt ist. Eine Parallelgesellschaft hinter Schloss und Riegel. Vielleicht hat gerade deswegen diese Welt eine so bizarre Anziehung auf uns – weil so gut wie kein Mensch von draußen genau weiß, wie es da drinnen wirklich ist. Außer ein paar Ausnahmen eben: Wärter, Ärzte, Psychiater – und eben die Häftlinge selbst.
Theater im Knast
Das ehemalige Gefängnis in der Heidelberger Altstadt – genauer am Oberen Fauler Pelz 1 – wurde im vergangenen Jahr geschlossen. Grund hierfür waren die in die Jahre gekommenen, alten Gemäuer und die rückläufigen Häftlingszahlen. Doch was passiert nun mit dem verlassenen, alten “Faulen Pelz”?
Langfristig sollen Räumlichkeiten der Universität an diesem ungewöhnlichen Ort unterkommen. Kurzfristig plant hier das Theater und Orchester Heidelberg eine spannende Zwischennutzung: Was und wie genau – das wurde noch nicht verraten. In jeden Fall soll der ehemalige Knast an wahrscheinlich zwei Wochenenden im Herbst tagsüber sowie nachts theatralisch bespielt werden.
Die Besucher/innen werden einzeln durch den “Bau” wandern und immer wieder auf unerwartete Situationen stoßen, so erklärt es der Intendant Holger Schultze geheimnisvoll. Er wolle nicht zu viel verraten – die Planungen seien noch voll im Gange.
Wir wollen das Theater in alle Richtungen öffnen,
so Holger Schultze, der Intendant des Theater und Orchesters Heidelberg.
29 Premieren und 8 Uraufführungen
Nicht nur diese äußerst spannende Geschichte erwartetet uns in der kommenden Spielzeit. Allein mit sechs Musiktheater-, 14 Schauspiel-, zwei Tanzpremieren und sieben weitere Premieren im Jungen Theater watet das Theater und Orchester in Heideberg auf.
Insgesamt 31 Konzerte wird das Philharmonische Orchester (ohne Doppelkonzerte) spielen. Erneut wird das Heidelberger Schloss wieder eine imposante Kulisse für zahlreiche Stücke darstellen.
Von Brahms bis Pippi Langstrumpf
Den musikalischen Schwerpunkt werden in der Spielzeit 2016/17 Stücke von Brahms und Beethoven bilden. Die neue Leiterin des Jungen Theaters, Natascha Kalmbach, freut sich insbesondere darauf, dass “endlich mal wieder” Astrid Lindgren in Heidelberg “auftritt” – nämlich mit “Pippi Langstrumpf”. Oder genauer: Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf. Regie geführt hat für diese Inszenierung Yvonne Kespohl.
Auch die Uraufführung “Drunter? Drüber? Durch!” vom Choreograf Marco Jodes werde nicht nur die Kleinen erstaunen – als Theaterstück ohne Worte. Ebenfalls eine eher unkonventionelle Rahmenbedingung für modernes Theater.
Zudem, so Natascha Kalmbach, werde das Junge Theater neue Produktionen anbieten, die alle Altersgruppen abdecken werden – demnach auch Stücke für Kinder ab zwei Jahren. Das sei in den letzten Jahren vergleichsweise vernachlässigt worden.
Was ist etwas, bevor es etwas wird? “Khôra” ist eine choreografische Interpretation des naturphilosophischen Begriffs aus der griechischen Antike. Nanine Linning will in Kooperation mit “Design-Multitalent” Bart Hess eine sinnliche Tanzperformence initiieren:
Der Körper als offenes Buch, als unmittelbarer, mit allen fünf Sinnen erfahrender Spiegel der Seele, als wundersamer Träger von Geschichten, die sich intuitiv zwischen Menschen mitteilen.
Kann man Tanz tatsächlich riechen? Oder gar schmecken?
Des Weiteren werden natürlich das “Barock-Fest: Winter in Schwetzingen”, der “Heidelberger Stückemarkt” und das “Junge Theater im Delta” nicht fehlen. Und weil es so gut war: Fünf Wiederaufnahmen wird es geben – unter anderem kommen “Tschick”, “Die Verwandlung” und “Der Mann aus Oklahoma” nochmals auf die Bühnen des Theater und Orchesters Heidelberg.