Mannheim/Rhein-Neckar, 18. März 2016. (red/ms) Im August 2014 kollidierten am Mannheimer Hauptbahnhof ein Güterzug und ein Eurocity. Dabei wurden gut 30 Menschen verletzt, vier davon schwer. Außerdem entstand ein Sachschaden von etwa 2,3 Millionen Euro. Die Unfallursache ist offenbar nicht auf einen technischen Defekt zurückzuführen, sondern durch den Lokführer des Güterzugs verschuldet worden. Mehr als 1,5 Jahre hat die Staatsanwaltschaft Mannheim ermittelt. Nun erhebt sie Anklage wegen “des Verdachts der Gefährdung des Bahnverkehrs und der fahrlässigen Körperverletzung”.
Der Schock saß tief, trotz Glück im Unglück: Planmäßig sollte der EC 216 am 01. August 2014 um 20:48 Uhr im Mannheimer Hauptbahnhof einfahren. Das Gleis 2 war vom zuständigen Fahrdienstleiter der Deutschen Bahn freigegeben. Gleichzeitig erreicht der Güterzug 40635 den Hauptbahnhof. Dieser hätte eigentlich auf Gleis 3 einfahren sollen – doch er kollidiert auf Gleis 2 mit dem Eurocity, in dem sich zu diesem Zeitpunkt etwa 250 Menschen befinden. Zwei Wagons des Personenzugs entgleisen, gut 110 Menschen sind betroffen. Gut 30 Personen wurden verletzt, vier davon schwer.
In der Zwischenzeit haben 14 Betroffene Personenschäden bei der Bundespolizeiinspektion Karlsruhe gemeldet. Das gravierendste war dabei nach Angaben der Staatsanwaltschaft Mannheim eine Schlüsselbeinfraktur. Das hätte weitaus übler ausgehen können – glücklicherweise waren die Züge mit etwa 30, beziehungsweise 35 Kilometern pro Stunde noch vergleichsweise langsam unterwegs. Bei höheren Geschwindigkeiten hätte das Unglück leicht lebensgefährdend enden können. Ebenfalls glücklich: Ein Wagon des Güterzuges, in dem ätzende Chemikalien gelagert worden waren, stürzte nicht um.
Offene Fragen
Die Frage, die aber dennoch im Raum steht, ist: Wie konnte es überhaupt zu einem solchen Vorfall kommen? Und wer ist verantwortlich.
Unmittelbar nach dem Vorfall hat die Staatsanwaltschaft Mannheim in Zusammenarbeit mit der Eisenbahnunfalluntersuchungsstelle des Bundes (EUB) Ermittlungen aufgenommen. Beide kommen zu der Einschätzung: Die Kollision habe keine technischen Ursachen gehabt. Laut Anklage ist das Unglück auf menschliches Versagen zurückzuführen. Unter Bezugnahme auf den Untersuchungsbericht der EUB schreibt die Staatsanwaltschaft Mannheim:
Vielmehr resultiere sie (Anm. d. Red.: Die Kollision) aus einem Fehlverhalten des (vorliegend angeklagten) Triebfahrzeugführers auf dem Güterzug. Dieser habe sich irrigerweise an den links seines Fahrwegs befindlichen Signalen orientiert und deshalb zunächst ein ihm geltendes Haltesignal überfahren, wodurch automatisch eine Zwangsbremsung des von ihm geführten Güterzuges bis zum Stillstand ausgelöst worden sei. In weiterer Verkennung der Situation und ohne sich – wie zwingend vorgeschrieben – wegen der Zwangsbremsung mit der Fahrdienstleitung im Hauptbahnhof in Verbindung zu setzen, habe der Angeschuldigte die Zwangsbremsung aufgehoben und die Fahrt fortgesetzt, wodurch es zur Kollision gekommen sei.
Gut 1,5 Jahre nach dem Vorfall erhebt die Staatsanwaltschaft daher nun Anklage wegen “des Verdachts der Gefährdung des Bahnverkehrs und der fahrlässigen Körperverletzung”.
Wie es dazu kommen konnte, dass der 62-jährige Logführer mehrere Wahnsignale übersah und anscheinend nicht stutzig wurde, als eine automatische Zwangsbremsung eingeleitet wurde, ist allerdings noch nicht abschließend geklärt. Die Gerichtsverhandlung könnte hier Klarheit schaffen.