Ludwigshafen/Rhein-Neckar, 18. Oktober 2016. (red/pro) Die Stadt berichtet von „schwallartigen und intensiven Geruchsbelästigungen in den nördlichen Stadtteilen“. Der Bevölkerung wird geraten, Fenster und Türen weiterhin geschlossen zu halten. Die Feuerwehr hat bei Kontrollmessungen „erhöhte Werte verschiedener chemischer Substanzen“ festgestellt – um welche Substanzen es sich handelt, wurde nicht mitgeteilt.
24 Stunden nach dem massiven Störfall ist die Gefahr noch nicht gebannt. Über der Unfallstelle liegt ein etwa ein Meter hoher Schaumteppich, der „Produktaustritte“ zurückhalten soll. Aktuell kann die Unfallstelle nicht betreten werden – die Gefahr ist immer noch zu groß.
Eigentlich weiß niemand, welche Mengen chemischer Stoffe unter dem Schaum liegen und welche Gefahr noch davon ausgeht. Die Feuerwehr ist aktuell noch mit knapp 40 Mann vor Ort im Einsatz. Die Brandherde sind seit gestern Abend gelöscht – um 21:30 Uhr wurde „Feuer aus“ gemeldet.
Bei Arbeiten an einer Rohrleitungstrasse kam es gestern ab 11:20 Uhr zu einer Explosion mit Folgebränden. Es brannten unter anderem Rohrleitungen mit den Produkten Ethylen und Propylen.
Ethylen und Propylen sind wesentliche Grundbausteine der chemischen Industrie. Ethylen wird unter anderem zur Herstellung von Produkten wie Dämmstoffen und Lösemitteln verwendet. Propylen wird unter anderem zur Produktion von Autolacken, Dispersionen und Klebstoffen eingesetzt.
Beim Einsatz kamen zwei Angehörige der BASF-Werksfeuerwehr ums Leben. Eine dritte Person wird noch vermisst. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal gibt 27 verletzte Personen an, darunter neun Schwerverletzte. In Summe also 30 Opfer. Die BASF teilt acht Schwerverletzte und 17 Leichtverletzte mit. In Summe also 25 Opfer des Unglücks.
Stefan Lang, Arbeitsmedizin und Gesundheitsschutz der BASF SE, sagte auf der heutigen Pressekonferenz, „zum Glück gab es eine Hochdruckwetterlage“. Übersetzt: Damit sind möglicherweise gefährliche Stoffe hoch in die Atmosphäre abgezogen, statt sich in den umliegenden Stadtteilen zu verbreiten.
Bürgerinnen und Bürgern der Stadtteile Pfingstweide, Edigheim, Oppau und Friesenheim empfiehlt die Stadtverwaltung, längere Aufenthalte und Arbeiten im Freien zu vermeiden. Aufgrund der sich momentan ständig verändernden Windrichtung hat sich die Stadtverwaltung entschieden, ihre Sicherheitshinweise auszuweiten. „Der Schutz und die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger stehen für uns an erster Stelle. Daher haben wir uns zu diesem vorbeugenden Schritt entschlossen“, sagte Beigeordneter und Feuerwehrdezernent Dieter Feid.
In einem kommenden Schritt wird die Feuerwehr sicherstellen, dass alle Leitungen geprüft werden und tatsächlich leer sind. Erst wenn dies erfolgt ist, kann Entwarnung gegeben werden, erläutert Feuerwehrchef Peter Friedrich den Einsatz.
Die BASF hat verschiedene Steamcracker und weitere Anlagen im nördlichen Teil des Werks abgeschaltet oder auf Notbetrieb gesetzt. Der Landeshafen Nord ist aktuell gesperrt. Zudem gibt es erhebliche Verkehrsprobleme, weil anfahrende Lkw ihre Ladungen nicht ins Werk bringen können. Dem Werk fehlt dadurch die Zufuhr von Produktnachschub, was mutmaßlich erhebliche Auswirkungen auf die Produktion hat.
Bei einer Pressekonferenz am Mittag teilte die BASF mit, die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei zu unterstützen und nach Aufarbeitung des Störfalls das Sicherheitskonzept möglicherweise anzupassen. In diesem Jahr habe es bislang 6 meldepflichtige Störfälle gegeben, insgesamt habe die BASF aber 16 Fälle gemeldet, mehr als sie müsse.
Wie es zu einem den Störfall auslösenden Brand gekommen ist, ist noch vollkommen unklar. Hierfür brauche es eine „Inaugenschaunahme“ der Unglücksstelle, was aktuell ohne Lebensgefahr nicht möglich sei.
Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse, die sich zur Zeit auf einer UN-Konferenz in Ecuador aufhält, hat für alle öffentlichen Gebäude der Stadt Trauerbeflaggung angeordnet. Im Rathaus und im Rathaus Oppau liegen ab 14 Uhr Kondolenzbücher auf.