Mannheim/Rhein-Neckar, 18. Mai 2015. (red/pro) Sind die Jusos jetzt vollkommen „gaga“ geworden? Meinen die eine aktuelle Pressemitteilung tatsächlich ernst? Soll man angesichts des galoppierenden Blödsinns einfach betreten schweigen oder muss man denen mal die Meinung geigen? Keine Sorge – als meinungsstarkes Medium geben wir den Jusos Mannheim genau die Antwort, die anscheinend nötig ist.
Von Hardy Prothmann
Mal ganz ehrlich, liebe Jusos – habt Ihr Euch schon vor der Legalisierung von Canabis komplett „die Rübe weggekifft“? Ihr kritisiert die „mediale Aufbereitung als auch den Umgang“? Von was? Mit wem?
Was genau bitte kritisiert Ihr da als verlängerter Arm der Pegida in Sachen „Lügenpresse“? Eine Gleichschaltung etwa? Medien gegen arme Asylbewerber? Das kann schon sein, dass gewisse Medien gegen Zuwanderer und Asylbewerber hetzen, da fallen mir durchaus Beispiele in der Umgebung ein – aber „die“ Medien? Meint Ihr das echt so richtig ernst?
Und welchen „Umgang“ meint Ihr? Ich habe nur einen sehr professionellen und äußerst kontrollierten Umgang der Polizei mit Tatverdächtigen gesehen. Ein Hoch auf dieses Land und seine Polizei – wenn das überall auf der Welt so abliefe, wäre das sehr wünschenswert. Klar, es gibt Polizeigewalt und es gibt Übergriffe von Polizisten – aber „die“ Polizei? Vor allem unsere Polizei hier vor Ort – habt Ihr gerade aktuelle oder fast aktuelle Beispiele für „Fehlverhalten“?
Auf welchem Trip muss man sein?
Ein Herr Skander Absi, stellvertretender Kreisvorsitzender der Mannheimer Jusos und „Callcenteragent“, argumentiert tatsächlich, „die Menschen dort besitzen keine Möglichkeit durch reguläre Arbeit ihre Familien zu ernähren…“.
Herr Absi, auf welchem Trip sind Sie gerade so? Das sind Aslybewerber. Die stehen unter staatlicher Obhut und beantragen für sich selbst und niemanden sonst politisches Asyl. Sie bekommen ein Dach über dem Kopf, Sach- und Geldleistungen, werden ärztlich versorgt (ob ausreichend, darüber kann man streiten, auch über viele andere Aspekte der Asylpolitik.)
Dokumentation der Pressemitteilung der Jusos vom 17. Mai 2015 zur Razzia in Asylunterkünften:
„Jusos Mannheim kritisieren die einseitige Berichterstattung und den Umgang mit Geflüchteten bei der Großrazzia
Die Jusos Mannheim kritisieren die mediale Aufarbeitung als auch den Umgang bei der Großrazzia im Asylbewerber*innenheim am vergangenen Montag. Es wurden nach einer Großrazzia in der Mannheimer Asylunterkunft 19 Asylbewerbende wegen dem dringenden Verdacht des Rauschgifthandels festgenommen.
Skander Absi stellvertretender Vorsitzender der Jusos Mannheim dazu: „Die Menschen dort besitzen keine Möglichkeit durch reguläre Arbeit ihre Familien zu ernähren. Auch wenn die Polizei den Einsatz als Erfolg verkauft, sind letztendlich die Flüchtlinge die leidtragenden. Die Strippenziehenden, die im Hintergrund agieren und die großen Profite durch den Rauschgifthandel machen, werden bei den Ermittlungen vergessen. Das ist als würde man Wasser in den Rhein kippen.“
„Erst wenn den Geflüchteten die Möglichkeit gegeben wird, sich hier unter normalen Bedingungen eine Existenz aufzubauen, wird man diese Probleme nicht mehr haben. Für uns haben in erster Linie hier die Gesetzgebenden und die Asylgesetzgebung zum großen Teil dazu geführt, dass es zum Rauschgifthandel gekommen ist“, schließt Clara Copiez, Vorsitzende der Jusos.“
Und die, die gerade kontrolliert wurden, müssen überhaupt keine Familien ernähren, das sind junge Männer aus Gambia gewesen, die hier „politisches Asyl“ suchen, um Sie nochmals an den Stand der Dinge und die „Umstände“ zu erinnern, weil Sie offenbar überhaupt nicht die geringste Ahnung haben, was den grundgesetzlichen Gedanken von Asyl ausmacht und das Recht auf Asyl. Dieses Recht heißt nicht: „Ausländer haben das Recht, durch einen Aufenthalt in Deutschland ihre Familien irgendwo auf der Welt zu ernähren.“ Lesen Sie bei Gelegenheit nochmals nach, was Artikel 16 GG formuliert: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“
Seid Ihr vollständig schmerzbefreit?
Und die Juso-Vorsitzende Clara „Copiez“ meint laut Pressemitteilung tatsächlich, dass „die Asylgesetzgebung zum großen Teil dazu führt, dass es zum Rauschgifthandel gekommen ist“. Ich formuliere das jetzt mal recht vorsichtig: Meinen Sie das im Vollbesitz Ihrer geistigen Kräfte?
Merkt Ihr überhaupt noch was? Beispielsweise, dass Ihr die Polizei kriminalisiert und Kriminelle entschuldigt? Merkt Ihr, dass Ihr potenziell unterstellt, dass alle Menschen, die unter der „unerträglichen“ Asylgesetzgebung „leiden“, zu potentiellen Rauschgifthändlern werden? („Ich wollte doch nur meine Familie ernähren können, die Jusos verstehen mich.“) Und wollt Ihr der Polizei tatsächlich unterstellen, sie sei nicht hinter den Hintermännern her?
Wollt Ihr wirklich für Verständnis werben, dass die armen, armen Asylbewerber Opfer der deutschen Gesetzgebung und quasi gezwungen sind, mit Rauschgift zu handeln, um Mama, Papa und Geschwisterkinder über die Runden zu bringen?
„Argumente“, die fassungslos machen
Oder anders herum: Jeder, der einer regulären Arbeit nachgehen könnte, wird automatisch nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt kommen und sicher kein Rauschgifthändler? Denkt Ihr wirklich so durcheinander? Seid Ihr von diesen „Inhalten“, mit denen Ihr an die „Presse“ und damit an die „Öffentlichkeit“ geht, tatsächlich überzeugt?
Mich macht das fassungslos. Und besorgt mich zutiefst. Wenn Vorsitzende der Jungsozialisten, also mutmaßliche spätere SPD-Politiker dermaßen falsch denken und dermaßen falsch eingestellt sind, dann wird es mir Angst und Bange um Deutschland.
Das ist dasselbe deformierte Denken, das Gewalt gegen Nazis „legitimiert“ – überhaupt Verächtlichmachung, Verleumdung, Erniedrigung, Verfolgung gegen alles, was nicht die eigene „aufrechte“ linke Gesinnung ist. Quer zur jeder Rechtsstaatlichkeit. Quer zu jedem vernünftigen Denken. Quer zu allem – Hauptsache Revolution.
Beschädigung des OB-Kandidaten – Futter für die Rechten
Ihr beschädigt gerade Euren OB-Kandidaten Dr. Peter Kurz enorm. Denn würde man den fragen, was er von Eurer „Pressemitteilung“ hält, müsste er diese als „dummes Geschwätz“ einordnen, was ihm Unterstützung versagen würde oder sich herausreden, „die jungen Leute“, was ihn auch Unterstützung kosten würde. Das nennt man ein klassisches Dilemma.
Und darüber hinaus liefert Ihr den Rechtsradikalen durchgeladene „Argumente“: „Jusos entschuldigen Rauschgifthandel und beleidigen das Deutsche Volk und seine Gesetze. Nach Meinung der Jusos müssen Asylanten in Deutschland mit Rauschgift handeln. Diese Vaterlandsverräter machen Deutsche zu Schuldigen und entschuldigen die, die uns Deutsche vergiften.“ So oder so ähnlich lässt sich das, was Ihr da fabriziert habt, „verarbeiten“.
Und Ihr beschädigt beim Durchschnittsbürger jedes Verständnis für ein „Mannheim sagt Ja“, wo Ihr Jusos ja auch kräftig mitgemischt und noch kräftiger gegen unsere Redaktion agitiert habt – damals habt ihr gewaltbereite linke Gruppen gerechtfertigt. Weder ein Durchschnittsbürger noch ein Intellektueller wird Eure „Argumentation“ verstehen, sondern sich eher abwenden.
Mannheim sagt Ja – auch zu Rauschgifthändlern, Vergewaltigern und sonstigen Verbrechern, die quasi „gezwungen“ sind?
Ganz im Gegenteil bestätigt Ihr Vorbehalte, die Bürger mit einem pauschalen „Mannheim sagt Ja“ haben – ganz sicher sind die Mannheimer überwiegend dafür, dass politisch verfolgte Menschen Asyl in Deutschland erhalten.
Aber ganz sicher ist niemand von diesen Menschen dafür, „Rauschgifthandel“ zu entschuldigen. Oder Vergewaltigungen. Oder wahllose „Ficki-Ficki“-Ansagen an Frauen und junge Mädchen. Oder die miese Behandlung, Erniedrigung und Misshandlung von Frauen und Mädchen zu dulden, wie man sie alltäglich erleben muss, insbesondere bei Flüchtlingen mit muslimischem Hintergrund. Wohlgemerkt – nicht bei allen, aber bei sehr vielen. Dieses Problem kann man weitaus begründeter „pauschalisieren“. Fällt Euch dazu auch noch was als Argument ein? Vielleicht: „Frauen werden in Asylfamilien nur deshalb unterdrückt, weil der Gesetzgeber die Rechte der Frauen in diesen Gruppen noch völlig unzureichend festgelegt hat?“ Hm, wäre das was für Euch?
Diese Pressemitteilung, liebe Jusos, ist derart skandalös, dass Ihr dringend in eine Klausurtagung gehen solltet, um intensiv über Werte, Haltung, Rechtsstaatlichkeit nachzudenken. Und zwar vorbereitet – mit Kenntnis des Grundgesetzes, einer Ahnung von Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, informiert über die Arbeit der Polizei und der Ausländerbehörden und mit Informationen über das Herkunftsland dieser mutmaßlichen Rauschgifthändler, nämlich Gambia.
Und dann könnt Ihr nochmal versuchen, mit gescheiten Gedanken eine gescheite Mitteilung an die Öffentlichkeit zu formulieren. Bis es soweit ist, rate ich an, ein Schweigegelübde abzulegen, um weiteren Schaden zu vermeiden.
P. S.
Von Vorteil wäre es auch, wenn Ihr Eure Vorsitzende nicht als Clara Copiez bezeichnet, sondern als Clara-Franziska Kopiez, so heißt sie ausweislich Eurer Homepage richtig. Und als Gründungsmitglied der „Deutschen Gesellschaft zur Rettung von dem Genitiv“, darf ich darauf hinweisen, dass es nicht „wegen dem dringenden Verdacht“ heißt, sondern „wegen des dringenden Verdachts“. Und wieso man „Wasser in den Rhein kippt“, wenn man Kleindealer verhaftet, hab ich nicht verstanden. Aber das sind nur Randbemerkungen.