Heidelberg/Rhein-Neckar, 18. Juli 2014. (red/pm) Der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung hat die erste Evaluation zur Umsetzung der Leitlinien verabschiedet.
Information der Stadt Heidelberg:
„Die Leitlinien für eine mitgestaltende Bürgerbeteiligung haben sich bewährt, doch hier und da gibt es noch Optimierungsbedarf: Das ist das Ergebnis der ersten umfassenden Auswertung zur Bürgerbeteiligung in Heidelberg. Der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung hat am 04. Juli 2014 den ersten Evaluationsbericht zur Umsetzung der Leitlinien verabschiedet. Sowohl die Leitlinien selbst, als auch der Beteiligungsprozess und die Durchführung der einzelnen Veranstaltungen werden darin genau unter die Lupe genommen – aus den Blickwinkeln von Bürgerschaft, Stadtverwaltung und Politik.
Der Evaluationsbericht wurde auf Beschluss des Heidelberger Gemeinderates erstellt, um möglichst frühzeitig aus den Erfahrungen bei der Umsetzung der Leitlinien zur Bürgerbeteiligung zu lernen. Der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung, der die Leitlinien einst entwickelte, hat die Evaluation begleitet. Sie umfasst folgende Schwerpunkte:
- quantitative Auswertung der Projekte mit Bürgerbeteiligung
- Befragung von Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmern
- repräsentative Bevölkerungsumfrage (Heidelberg-Studie 2013)
- Interviews mit Akteuren aus Politik, Bürgerschaft, Verwaltung und Wirtschaft, die intensiv an Beteiligungsverfahren mitwirken (Schlüsselpersoneninterviews)
- verwaltungsinterne Auswertung
Quantitative Auswertung: Rund 30 Projekte mit Bürgerbeteiligung
Seit Einführung der Leitlinien hat die Stadt Heidelberg bei rund 30 Projekten Bürgerbeteiligung durchgeführt, wobei der weitaus größte Teil – über 80 Prozent – dem Dezernat II „Bauen und Verkehr“ zuzuordnen ist. Projekte aus den Bereichen Stadtplanung, Bauen, Wissenschaft, Umwelt und Verkehr sind am stärksten vertreten.
Bei Beteiligungsveranstaltungen nehmen in der Regel zwischen 40 und 90 Bürgerinnen und Bürger teil, manchmal kommen auch 200 oder mehr – etwa bei den Bürgerforen zur Konversion.
Teilnehmerbefragung: Persönliche Betroffenheit motiviert am stärksten
An neun unterschiedlichen Beteiligungsveranstaltungen wurden insgesamt 245 Teilnehmerinnen und Teilnehmer befragt. Als Grund für ihre Teilnahme nannte der überwiegende Teil die persönliche Betroffenheit und den Wunsch, den eigenen Standpunkt einzubringen.
Die Bewertung der Veranstaltungen war insgesamt sehr positiv, sowohl was die Informationsvermittlung, als auch die Einbindung der Bürger anbelangt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfügen häufig über einen Hochschulabschluss und leben seit über 20 Jahren in Heidelberg.
Bevölkerungsumfrage: 92 Prozent finden Bürgerbeteiligung wichtig
In der Heidelberg-Studie 2013 wurde zum ersten Mal repräsentativ erhoben, wie die Heidelberger Bevölkerung das Thema Bürgerbeteiligung wahrnimmt und bewertet. Das Ergebnis: Bürgerbeteiligung wird von den meisten Bürgerinnen und Bürgern als sehr positiv und wichtig angesehen.
92 Prozent finden es wichtig bis sehr wichtig, sich an Vorhaben der Stadt beteiligen zu können, 91 Prozent sagen, dass eine regelmäßige Beteiligung bei Planungs- und Entscheidungsvorhaben ein guter Weg sei, um das Verhältnis zwischen Bürgern und Politik zu verbessern.
Schlüsselpersonen: Frühzeitige Information der Bürger verbessert
Zur Bürgerbeteiligung wurden auch 32 Schlüsselpersonen aus Politik, Bürgerschaft, Verwaltung und Wirtschaft befragt, die intensiv an den Beteiligungsverfahren mitwirken. Unter anderem wurde geäußert, dass sich die verlässliche und frühzeitige Information der Bürger deutlich verbessert habe – beispielsweise durch die Vorhabenliste, die allein im Jahr 2013 über 3.000 Mal online aufgerufen wurde.
Gefahren sehen die Befragten unter anderem darin, dass die Erwartungen der Bürger in der Praxis enttäuscht werden können, wenn zum Beispiel der Beteiligungsgegenstand vorab nicht genau definiert wurde. Auch die Schwierigkeit, eine ausgewogene Beteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten, wurde thematisiert.
Verwaltung: Häufig tragfähige Ergebnisse durch Bürgerbeteiligung
Bürgerbeteiligung sorgt für mehr Transparenz: Das ist ein zentrales Ergebnis der Umfrage unter den städtischen Ämtern, die mit Bürgerbeteiligung befasst sind. Ihrer Erfahrung nach können durch Bürgerbeteiligung unterschiedliche Interessengruppen an einen Tisch gebracht und so häufig tragfähige Ergebnisse erzielt werden.
Auf der anderen Seite sei Bürgerbeteiligung auch komplex, aufwendig und berge Risiken. Wichtig für den Erfolg eines Verfahrens sei eine gute Vorbereitung und dass zum Beispiel eine zum Thema passende Beteiligungsmethode gewählt werde.
Vielfalt der Interessen stärker abbilden
Aufbauend auf den Evaluationsergebnissen hat der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung darüber diskutiert, ob es Veränderungsbedarf bei den Leitlinien gibt und wie man den Beteiligungsprozess und die Durchführung der einzelnen Veranstaltungen optimieren kann. Dabei hat er einige Bereiche mit Verbesserungspotenzial identifiziert:
Unter anderem sollten künftig noch größere Anstrengungen unternommen werden, um die Vielfalt der Interessen im Beteiligungsprozess abzubilden. So sollten etwa die bildungsferneren Schichten stärker eingebunden werden. Denkbar sei hierfür eine gezielte Ansprache über Multiplikatoren.
Auch bei Beteiligungsprozessen zu Bauvorhaben sieht der Arbeitskreis Optimierungsbedarf. So sollten etwa die Einzelvorgänge bei der Schaffung von Baurecht transparenter dargestellt und die Beteiligungsmöglichkeiten bei Bauvorhaben von rechtlich selbständigen Einrichtungen, in denen die Stadt vertreten ist, klarer gefasst werden.
Der Arbeitskreis Bürgerbeteiligung wird auf dieser Basis Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Leitlinien formulieren. Der Evaluationsbericht wird im Herbst dem Gemeinderat vorgestellt.
Arbeitskreis Bürgerbeteiligung
Dem Arbeitskreis Bürgerbeteiligung gehören Vertreter aus Bürgerschaft, Gemeinderat und Verwaltung an. Er steht unter externer wissenschaftlicher Leitung von Prof. Helmut Klages von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer und von Prof. Angelika Vetter von der Universität Stuttgart.
Heidelberger Leitlinien für Bürgerbeteiligung
Die Heidelberger Leitlinien für Bürgerbeteiligung wurden im Juli 2012 vom Gemeinderat beschlossen und sind seitdem Grundlage für die Beteiligungsverfahren bei zahlreichen wichtigen Projekten der Stadt. Ziel ist es, dass die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in die Planungen eingebunden werden und verlässliche Möglichkeiten zur Mitwirkung erhalten.
Ein Kernelement der Leitlinien ist die Vorhabenliste: Mit dieser können sich die Bürgerinnen und Bürger anhand kurzer Steckbriefe schnell über alle wichtigen städtischen Projekte und Vorhaben informieren. Weitere Informationen finden Sie unter www.heidelberg.de/buergerbeteiligung.“