Nordbaden, 18. August 2015. (red) Hurra – Jan Fleischhauer, der mit diesem martialischen Namen von Spiegel Online, versteht die Welt nicht mehr. Denn er hat sich mit den Badenern angelegt, weil er sie für Schwaben hält. Und der gute Mann, der oft den Bösen im „schwarzen Kanal“ bei SPON gibt, ist fassungslos. Der Mann weiß nicht, was Heimat ist und hat die Lektion nicht verstanden. Er sollte sich ein Herz fassen und im Süden auf Wanderschaft zu sich selbst gehen.
Von Hardy Prothmann
Lieber Herr Fleischhauer, nach der Lektion ist vor der Lektion: „Dummgebbabeld is glei“. Das verstehen Sie nicht, deswegen übersetze ich Ihnen das: „Dumm geredet ist gleich oder Blödsinn redet man sehr schnell“. Und Sie haben Blödsinn von sich gegeben, wenn Sie sich erdreisten, die Badener als Schwaben zu bezeichnen.

Jan Fleischhauer trägt einen martialischen Namen, weiß oft wenig und haut gerne mal daneben – er muss halt mal seinen Arsch aus seiner Miefigkeit raus bewegen. Foto: Spiegel Online
Vielleicht ist Euch das da oben im Norden egal, wenn wir hier unten Euch alle als Fischköppe bezeichnen. Aber das kann ich nicht wirklich glauben. Soweit meine Lebenserfahrung reicht, ist ein Bremer kein Hamburger und der kein Kieler.
Haben Sie sich vor Ihrem ersten Text, pardong „Kolumne“ mal mit Süddeutschland befasst? Wissen Sie, wer Schiller war und wer Goethe? Kennen Sie das Badner-Lied? Klar, aus Ihrer Sicht sind wir hier unten im Südwesten vermutlich alle Schwaben, weil Sie zu viel nach Berlin schielen, wo alle, die südlich von Hannover leben, irgendwie Schwaben sind und die Deppen verachten, weil wir seit Jahrzehnten die da oben alimentieren.
Der Südwesten ist ein Lebensgefühl
Der Schwabe, den es nie so richtig gab, aber trotzdem immer noch gibt, ist der Inbegriff des bornierten Spießers. Der Schwabe ist ein Kampfbegriff, Herr Fleischhauer. Sie haben doch angeblich Philosophie studiert und sogar Literaturwissenschaft – und da ist Ihnen nie was aufgefallen?
Dieses Süddeutschland, Herr Fleischhauer hat noch viele andere renitente Völkchen. Zum Beispiel die Pfälzer. Ich bin Pfälzer und ist bin stolz drauf – auf dieses Lebensgefühl. Und ich lebe seit 1989 in Nordbaden, identifiziere mich sehr mit den Menschen hier, bleibe aber Pfälzer, obwohl mein Vater aus Rostock stammt und meine Mutter aus Dresden.
Bayern neiden Kurpfälzer
Und wir Kurpfälzer, insbesondere aus Mannheim und Heidelberg wissen, dass unser Kurfürst die Kultur nach Bayern gebracht hat und die Bayern ohne uns nichts wären – deswegen können die Bayern auch unseren Kurfürsten Karl-Theodor nicht leiden, obwohl fast alles in seiner Tradition steht. Von den Farben über die Brezel bis zum Hefeweizen, das die Bayern Weißbier nennen.
Wir hier im Südwesten sind das Erfinderland – nicht nur von Auto und Fahrrad, sondern auch der Demokratie in Deutschland. Ganz klar – unsere Geschichte ist auch belastet und keiner ist ohne Schuld, aber mer babble ned bleed un halde uns ver was besonneres.
Sie wundern sich, dass die Schwaben keinen Einspruch einlegen, wenn man sie mit uns gemein macht? Würden Sie widersprechen, wenn man Sie adelt? Sicher nicht. Sie würden vom Fleischhauer zum Lendenschwenker werden. Allerdings nur, wenn Sie charakterlich dazu geeignet sein sollten.
Aufrechte Menschen lassen sich nicht durch Fischköppe zum Stinken bringen
Was Sie vollständig ahnungslos in Ihrem Text „riechen“, sollten Sie mal vor Ort überprüfen, statt auf dem stillen Örtchen in Ihren kruden Vorstellungen zu vermiefen. Sie werden hier auch viele deutsche Flaggen sehen können, Sie werden Stolz sehen können, aufrechte Menschen. Und wenn Sie im Recherchefach aufgepasst hätten, wüssten Sie, dass wir Süddeutschen die Flüchtlinge aufnehmen und nicht die Norddeutschen und schon gar nicht die Ostdeutschen.

Herr Fleischhauer hat genau keine Ahnung – Hardy Prothmann. Foto: sap
Wie Sie auf die Idee kommen, uns Süddeutsche (ich bin nicht so, die Schwaben eingenommen) mit separatistischen Bombenlegern irgendwoanders zu vergleichen. Das, Herr Fleischhauer, bestätigt nur Ihren eingeschränkten Horizont bei uneingeschränktem Nicht-Wissen ohne jegliche Rechercheleistung. Damit beschädigen Sie den Ruf der Spiegel-Gruppe massiv. Ich hoffe, dass Sie dafür auf den Poppes bekommen (Hintern) für das „dummgebabbel“.
Kommen Sie einfach mal vorbei, trauen Sie sich auf eine Tour in den Süden, ins Badener Land, zu den Pfälzern und auch zu den Schwaben. Die kehren kaum noch die Woche und sind als Neu-Badener sehr willkommen, als Schwaben halt einfach nur langweilig.
Sie, Herr Fleischhauer, brauchen mal frische Luft, was ordentliches zu essen und den ein oder anderen Schoppen – wie man von Badener-Schwaben auf sexuelle Identitätswechsel und sogar Zigeuner kommen kann und das ohne Brücke innerhalb von wenigen Sätzen, zeigt eigentlich nur, dass Sie, Herr Fleischhauer mal dringend aus ihrem Mief rauskommen müssen.
Trauen Sie sich, Herr Fleischhauer
Trauen Sie sich. In gut fünf Stunden (ich weiß das, weil ich mich in die andere Richtung traue), sind Sie vor Ort. Ich führe Sie gerne rum und beschütze Sie. Versprochen. Sie müssen sich keine Sorgen machen – außer der, dass Ihr Horizont erweitert wird. Dafür übernehme ich aber keine Haftung. Es könnte sein, dass Sie der Südwesten emotional überfordert, weil Sie hier Erlebnissen konfrontiert werden, die sie im Norden nie erleben werden.
Was die seltsamen Zuschriften angeht, ein Wort: Es gibt keinen badischen Dialekt und es gibt keine Vorstellung, dass nur die Südbadener das denken. Ihre Quelle ist scheiße. Hier spricht jedes Kaff seinen eigenen Dialekt, wenn es sein muss – da reicht ein Kilometer Abstand oder ein Straßenzug. Aber nur, wenn man es drauf anlegt – ansonsten verstehen wir uns prächtig und amüsieren uns gemeinsam über „die anderen“. Insbesondere Fischköppe, die denken, nur weil sie „hochdeutsch“ sprechen, gleich was Besseres sind. Wenn die Ausgleichsfinanzen aus dem Süden kommen, heißt es meist aus dem Norden nur undankbar „es ist zu wenig“.
Sie sollten mal vor Ort redscherdschieren, um von Ihren komischen Gedanken und Ängsten runterzukommen. Wie gesagt, ich garantiere Ihnen, dass Ihnen hier nichts passiert, außer, dass Ihre kleine norddeutsche Welt ein wenig ins Wanken gerät und plötzlich alles anders ist, als Sie sich das jemals vorurteilsbeladen ausdenken konnten.
Jan Fleischhauer schwurbelt was von „Identitätsfalle“ – dumm Gebabbeles.