Weinheim/Rhein-Neckar, 18. September 2015. (red/pm/ms) In Weinheim werden 500 zusätzliche Plätze für die Unterbringung von Flüchtlingen geschaffen – das gab das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis heute per Pressemitteilung bekannt. Im Ebert-Park-Hotel in der Freiburger Straße und dem ehemaligen Druckhaus der DiesbachMedien GmbH in der Bergstraße soll jeweils Platz für 250 Menschen geschafen werden. Die Reaktion von Oberbürgermeister Heiner Bernhard auf diese Ankündigung ist eher verhalten.
Wie das Landratsamt Rhein-Neckar mitteilt, habe das Regierungspräsidium Karlsruhe angekündigt, der Rhein-Neckar-Kreis müsse im September für die Unterbringung von 696 Asylsuchenden sorgen. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen sei das Landratsamt, „gezwungen, kurzfristig weitere Unterkünfte zu schaffen“ und dabei „auch auf Notunterkünfte zurückzugreifen“, heißt es heute in einer Pressemitteilung.
Das Landratsamt plant, das Ebert-Park-Hotel in der Freiburger Straße in Weinheim künftig als Gemeinschaftsunterkunft für bis zu 250 Personen zu nutzen. Die ersten Asylbewerber würden dort voraussichtlich ab Mitte November ihr Quartier beziehen, teilt das Landratsamt mit.
„Vorrübergehende Notunterkunft“
Darüber hinaus soll das ehemalige Druckhaus der DiesbachMedien GmbH in der Bergstraße in Weinheim als „vorübergehende Notunterkunft“ eingerichtet werden und rund 250 Personen Platz bieten. Zunächst seien dazu allerdings noch vorbereitende Maßnahmen erforderlich, insbesondere müssten dort noch Sanitäranlagen und Waschmaschinencontainer errichtet werden. In einer Pressemitteilung heißt es:
Der Zeitpunkt des Bezugs der Notunterkunft ist derzeit noch nicht konkret absehbar. Der Kreis geht aber davon aus, dass die Notunterkunft noch in diesem Jahr bezogen werden könne.
Zudem werdem am Standort der künftigen Gemeinschaftsunterkunft in der Stettiner Straße mehrere Wohncontainer aufgestellt, in denen bis zu 80 Personen untergebracht werden können. Eine Belegung wird hier nach den Angaben des Landratsmats, abhängig vom Lieferzeitpunkt der Wohncontainer, voraussichtlich zum Jahresende erfolgen. Die Wohncontainer sollen aber wieder abgebaut werden, sobald die Wohngebäude zur geplanten Gemeinschaftsunterkunft an diesem Standort errichtet und bezugsfertig sind.
„Dezentrale Unterbringung gerade nicht möglich“
Stefan Becker, Leiter des Ordnungsamtes des Rhein-Neckar-Kreises, sagt:
Das Konzept der dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern in Weinheim, mit einer Begrenzung auf maximal 80 Personen an einem Standort, ist aufgrund der aktuellen Entwicklung mit den extrem hohen Zugangszahlen derzeit nicht mehr zu halten.
Die aktuelle Lage zwinge den Rhein-Neckar-Kreis umgehend zu reagieren, weil sich die Situation seit den Gesprächen mit der Stadtverwaltung und der Bürgerschaft in Weinheim im vergangenen Jahr grundlegend geändert habe:
Bei den bereits geplanten Gemeinschaftsunterkünften, die an den drei bekannten Standorten in Weinheim errichtet werden, bleibt es aber wie gegenüber der Bürgerschaft zugesagt bei jeweils 80 Plätzen.
Um die Belegung weiterer Sporthallen zu vermeiden, müsse das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis vorübergehend auch auf Notunterkünfte in Gewerbeimmobilien zurückgreifen, die nicht zu einer dauerhaften Unterbringung von Flüchtlingen geeignet sind.
„Besser als Turnhallen zu belegen“
Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard reagierte verhalten, aber verständnisvoll auf die Informationen des Landratsamts. Man müsse diese Entscheidung akzeptieren. vorübergehende Not-Unterbringung im stillgelegten Industriegebäude der Diesbachmedien in der Bergstraße vor dem Hintergrund der hohen Zugangszahlen nachvollziehbar:
Es ist richtig, lieber ein leer stehendes Gebäude zu belegen, statt beispielsweise Schulturnhallen, die dringend im Tagesablauf der Schulen und danach für die Weinheimer Sportvereine benötigt werden.
Angesichts der prekären Lage sei es nur vorausschauend, dass sich der Kreis mit einer Gewerbehalle kurzfristige Flexibilität erhalten will, wenn schnelle Reaktionen erforderlich sind; schließlich stehe der Winter bevor, und es widerspreche jeglichen humanitären Grundsätzen, Menschen in Zelten unterzubringen.
Kritik am Stadtort in der Freiburger Straße
Anders ist dagegen die Beurteilung des Oberbürgermeisters der Belegung des Hotels Ebert-Park in der Freiburger Straße: Er erinnerte an die Zusammenarbeit mit vielen Beteiligten aus Bürgerinitiativen, NAWI (Netzwerk Asyl Weinheim zur Integration), Gemeinderat, städtischen Sprechzeiten der Verwaltung Mitarbeitern und letztlich auch an die Unterstützung durch den Rhein-Neckar-Kreise zur Durchsetzung des „Weinheimer Modells“ mit wohnparkähnlichen Flüchtlingsunterkünften, die unter dem Aspekt der Integrationsmöglichkeiten und der Arbeit von Ehrenamtlichen konzipiert worden sind.
Herr Bernhard sagt dazu:
Damals hat sich herausgestellt, dass 80 Personen praktikabel sind und auf Akzeptanz stoßen – 200 aber nicht.
Dieses damals im Einvernehmen entwickelte System werde nun gebrochen:
Das ist schade und den ehrenamtlichen Helfern schwer zu erklären. Ohne das Verständnis der Ehrenamtlichen für politische und behördliche Entscheidungen schaffen wir es nicht.
Außerdem entstehe insbesondere durch die wohl auf Dauer angelegte Belegung des Ebert-Park-Hotels mit bis zu 250 Personen im Verhältnis zu den bisher geplanten Standorten für Gemeinschaftsunterkünfte eine der Anwohnerschaft kaum vermittelbare Schieflage. Die weitere Entwicklung werde man daher zwar konstruktiv aber kritisch begleiten. Besonders wichtig sei, dass die 80er-Obergrenze an den drei bereits beschlossenen Standorten nach wie vor gesichert bleibe.