Mannheim, 17. Oktober 2016. (red) Nach unserem exklusiven Bericht und Verriss von „Mannheimer Ghetto“ hat Julien Ferrat, Mannheimer Stadtrat der Familienpartei, auf der Youtube-Seite des Videos und auf Facebook um 09:38 Uhr eine Stellungnahme veröffentlicht. Er bezeichnet seinen „Rap“ als Satire und sieht sich missverstanden – er wollte eine Debatte über „sozialkritische Elemente“ anstoßen. Derweil stellt sich ausweislich einer Pressemitteilung der Bundesvorsitzende Roland Körner hinter den Stadtrat und bezeichnet den Inhalt des Videos als „Realität“.
Stellungnahme von Julien Ferrat, Stadtrat Familienpartei
„Dieses Rapvideo moniert, dass sich Kulturpolitik fast nur um Hochkultur dreht. Gleichwohl werden nahezu alle Gangster-Rap-Klischees überzeichnet dargestellt und ins Lächerliche gezogen. Dass manche es nicht klar als Satire einordnen können, überrascht mich und lässt mich an deren Medienkompetenz zweifeln.
Die sozialkritischen Elemente, die das Lied auch beinhaltet, spielten bislang in der Diskussion keine Rolle. Der Aspekt, dass sich der Mannheimer Stadtteil Neckarstadt immer mehr auf dem Weg zur Ghettoisierung mit einer wachsenden Salafisten-Szene befindet, drang in der Debatte zu wenig durch. Gleiches gilt für den Umstand, dass Arbeitslose oftmals mit fragwürdigen Jobangeboten konfrontiert sind.
Eine weitere Intention des Projekts war zu prüfen, ob diejenigen, die den Satz „bringt eure Bomben mit“ aus der NTM-Vorstellung „Die Schutzflehenden“ bitter verteidigt haben, es wirklich mit der Kunstfreiheit ernst meinen. Hier hat sich für mich gezeigt, dass der Verweis auf die grundgesetzlich geschützte Kunstfreiheit mehr ein politisches Instrumentarium wie eine Grundüberzeugung ist.
Mit über 20.000 Aufrufen in Facebook war das Video für kommunalpolitische Verhältnisse sehr viral. Allerdings ist es nicht gelungen, die gewünschten Debatten anzustoßen. Stattdessen versteifte sich die Empörung ausschließlich auf den Sprachgebrauch, der sich im Rahmen von Spielfilmen wie „Fack ju Göhte“ oder „American Pie“ bewegt.“
Stellungnahme des Bundesvorsitzenden der Familienpartei, Roland Ko?rner:
„Neckarstadt politischer Brennpunkt – verfehlte Politik etablierter Parteien
Julien Ferrat, Stadttratsmitglied in Mannheim verra?t kein Geheimnis, wenn er auf die Probleme in Mannheim-Neckarstadt hinweist. Fu?r einen Oppositionspolitiker im Rat ist Provokation ein ihm erlaubtes Mittel um auf soziale Belange in einem Stadtteil aufmerksam zu machen. In seinem Video spricht er die Sprache, die in ghettoisierten Wohnblo?cken nicht ungewo?hnlich und fu?r die gemeine O?ffentlichkeit als tabuisiert betrachtet wird. Er legt den Finger in die soziale und bildungspolitische Wunde. Es ist Realita?t! Wegschauen hilft nicht, gerade auch deutschlandweit.
Eine seit 40 Jahren verfehlte Familien-Politik, Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik etablierter Parteien ließ eben zu, dass so etwas wie Familienbande, Erziehung und Wertevermittlung in der Familie auf dem Altar einer „modernen“ Gesellschaft geopfert werden konnte. Zur Familienpolitik geho?rt eben mehr als organisierte Fremdbetreuung, um damit eine wirtschaftsorientierte Gesellschaft zu (unter)stu?tzen. Finanzielle Mittel geho?ren dorthin, wo sie gebraucht werden, in die Familien und insbesondere zu den Alleinerziehenden. Die Familien- Partei verweist auf ihre Forderung eines Erziehungsgehaltes.
Ja wir kennen die Meinungen, die sagen bloß nicht noch finanzielle Mittel in langja?hrige Hartz IV-Familien geben. Was aber mit den Familien, die ums U?berleben ka?mpfen. Die an der Schwelle zum Prekariat stehen? Abdriften lassen im Wandel und der Rationalisierung der Prozesse?
Dort wo sich das Gefu?hl von individueller Perspektivlosigkeit, Nicht-Gebrauchtwerdens und Abgeha?ngtheit breit macht, braucht eine Gesellschaft auch nicht auf kollektive Werte wie Aufsicht, Ordnung, Respekt oder Courage zu hoffen. Ghettos sind am Ende die Spitze von sich entwickelten Parallelgesellschaften. Zu viele wird sich eine Gesellschaft nicht leisten ko?nnen.
Das Video ist eine Aktion des Stadtratsmitglieds Julien Ferrat. Die Familien-Partei tra?gt die politische Aussage mit. Wegschauen tun andere.“
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Einzelstadtrat Julien Ferrat versucht sich als künstlerischer Rapper – tatsächlich ist er ein Raper der Zivilgesellschaft