Hirschberg, 17. April 2015. (red/pro) Am Sonntag ist Bürgermeisterwahl in Hirschberg – es gibt nur einen Kandidaten, den Amtsinhaber Manuel Just. Im Interview mit uns redet er über hausragende Projekte seiner ersten Amtszeit und welche Herausforderungen er für die zweite Wahlperiode sieht. Wir empfehlen Herrn Just – anders als eine gewisse Fraktion – sehr gerne als Bürgermeister für die Gemeinde, weil er aus unserer journalistischen Sicht einen wirklich guten Job macht und wir ihn als umgänglichen, wenn auch selbstbewussten Menschen kennen, der fest auf dem Boden der Verfassung steht. Die Hirschberger sind aufgerufen, ihren Bürgermeister mit ihrer Beteiligung an der Wahl zu unterstützen – und auch zu verpflichten.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Bürgermeister Just – am Sonntag ist Wahl, Sie sind der einzige Kandidat und können, egal, wie es ausgeht, eins nicht mehr gewinnen: Den Status des jüngsten Bürgermeisters im Rhein-Neckar-Kreis.

Bürgermeister Manuel Just.
Manuel Just (lacht): Stimmt – ich bin jetzt acht Jahre älter als bei der ersten Wahl und den Status des jüngsten Kollegen im Kreis nimmt zwischenzeitlich mein Kollege aus Mühlhausen ein.
Altert man schneller in einem solchen Amt?
Just: Das fühle ich für mich nicht. Man reift vielleicht ein wenig schneller, denn die Verantwortung ist enorm.
Die großen Projekte Ihrer Amtszeit sind bekannt: Hilfeleistungszentrum, Seniorenzentrum, Ausbau der Straßenbahn beispielsweise. Was steht für die zweite Amtszeit an?
Just: Durch das Freiwerden einiger Immobilien und Grundstücke ergeben sich neue Entwicklungschancen – das ist eines der Gebiete, die ich in meinem Wahlprogramm definiert habe: Stadtentwicklung und Verkehr. Zur Infrastruktur gehört aber ebenso die Familienpolitik und hier insbesondere die Kinderbetreuung. Da haben wir auch enorm viel geleistet. Vor acht Jahren gab es 30 Plätze in der Ganztagesbetreuung, heute sind es 140, wobei das noch nicht das Ende der Fahnenstange ist.
Ausbau der Infrastruktur
Hirschberg zählt rund 9500 Einwohner, die Zahl ist – wenn ich das richtig im Blick habe – sehr konstant, aber es gibt natürlich auch einen Ringen der Gemeinden um Zuzug und neue Bewohner. Ist es ein Ziel für ihre neue Amtszeit, über 10.000 zu kommen?
Just: Nein. Das kann ich mit gutem Gewissen klar und schnell beantworten. Ein Wachsen über 10.000 Einwohner hinaus bringt auch wieder neue und andere Herausforderungen. Noch ein paar hundert Einwohner mehr ist sicherlich wünschenswert, aber man muss dann Kleinkindbetreuung, Kindergärten, Schulen im Blick behalten. Mein Ziel ist eher, die vorhandene Infrastruktur zu verbessern. Beispielsweise in Großsachsen, wo man eine Ganztagesschule entwickeln könnte. Auf Teufel komm raus zu wachsen, ohne die eigenen infrastrukturellen Voraussetzungen im Blick zu haben, halte ich für falsch.
Das Thema Schulstandort war das emotionalste
Sie haben selbst eine Tochter, die dreieinhalb Jahre alt ist. In drei Jahren kommt sie in Leutershausen in die Grundschule. In sieben Jahren wird sie eine weiterführende Schule besuchen – wo wird das sein?
Just: Das wird da sein, wo die Lehrer sie am Besten aufgehoben sehen und wir im Familienrat glauben, dass sie am Besten aufgehoben sein wird. Ich glaube, dass wir da besonders gute Voraussetzungen haben, da meine Frau ja selbst Lehrerin ist.
Elegant umschifft – Sie wissen, worauf ich hinaus will: In Hirschberg wird es in absehbarer Zeit keine weiterführende Schule mehr geben. Ist das nicht ein Verlust für den Ort?
Just: Dieses Thema war das für mich schwierigste in meiner Amtszeit und das einzige, bei dem ich die ein oder andere schlaflose Nacht hatte. Und dieses Thema hat mit Abstand die Bürger am emotionalsten bewegt. Insbesondere die, die selbst hier zur Schule gegangen sind. Ich verstehe auch rückblickend die Emotionen, an meiner Haltung hat sich nichts geändert. Die damalige Situation – und das will ich schon nochmal unterstreichen – war ein 9 zu 9 der Stimmen im Gemeinderat. Und ich hatte die entscheidende Stimme. Zurückblickend hat der eine oder andere gesagt: Herr Just, hätten Sie sich doch ganz herausgehalten, hätten Sie nur die moderierende Rolle übernommen. Ich glaube, dass ich damit auch nicht besser gefahren wäre, weil mir dann viele den Vorwurf gemacht hätten: Der Bürgermeister hat ja noch keine eigene Meinung.
So kennt man Sie nicht.
Just: Das wird sich auch nicht ändern. Ich habe meine Präferenz stets klar gemacht und da es „unentschieden“ im Gemeinderat stand, war es richtig, den Bürgerentscheid zu machen. Dafür ist dieses Instrument da.

Das Hilfeleistungszentrum – größtes Projekt seit Jahrzehnten.
Mehrere Großprojekte
Sie haben zwei andere große Projekte gehabt, zum einen das Hilfeleistungszentrum, zum anderen das Seniorenzentrum. Das Hilfeleistungszentrum ist sehr schön umgesetzt, ist verbunden mit einer Fusion der Feuerwehren, was mittlerweile – so ist mein Eindruck – Alltag geworden ist, aber es war auch sehr teuer. Hätten Sie im Nachhinein gleich mit höheren Kosten kalkulieren sollen oder hätte man es günstiger machen sollen oder ist es einfach die Sache wie es ist an sich wert?
Just: Ich habe es ja vorhin schon ganz kurz gestreift. Zum einen glaube ich, dass ein solches Projekt nicht wesentlich günstiger umzusetzen ist – also zum halben Preis oder in dieser Größenordnung. Dass man vielleicht an der einen oder anderen Stelle ein paar Euro hätte sparen können, ist unstrittig. Wie Sie schon sagten: Die gemeinsame Wehr ist natürlich für das weiterhin gute Zusammenwachsen beider Ortsteile ein immens wichtiger Faktor. Und das Deutsche Rote Kreuz im Übrigen genauso. Vor diesem Hintergrund glaube ich schon, dass es der richtige Weg war, dieses Projekt – das im Übrigen bereits von meinem Vorgänger angestoßen wurde – so umzusetzen.
Ohne den Neubau wäre die Umsetzung des Seniorenzentrums nicht möglich gewesen?

Das Seniorenzentrum in Großsachsen.
Just: Richtig. Wir hätten für das Seniorenzentrum in Großsachsen zumindest nicht in der Form den Platz bekommen, und damit auch nicht in der Größe, da jeder der möglichen Investoren es damals abgelehnt hatte, gegenüber des Feuerwehrhauses ein solches Gebäude zu errichten. Wir würden auch heute nicht ein Landessanierungsprogramm in Leutershausen diskutieren. Wenn wir eine Lösung für die Bücherei haben, dann machen entwickeln wir die Ortsmitte, die sich die Menschen wünschen. Das sind tiefgreifende, positive strukturelle Entwicklungen, die ohne die beiden Großprojekte nicht möglich wären.
Wie geht die Entwicklung am Seniorenzentrum weiter?
Just: Auf der südwestlichen Seite wird das Ärztehaus entstehen, Die kurzen Wege, insbesondere zum Seniorenzentrum sind sicher von Vorteil. Die alte Turnhalle ist inzwischen ebenfalls saniert – auch hier gibt es eine enge Verbindung zum Seniorenzentrum, beispielsweise für Seniorennachmittage. Hinter dem Ärztehaus ist eine meiner Visionen ein Mehrgenerationenspielplatz werden. Zur vollständigen Abrundung schwebt uns natürlich mittelfristig noch eine neue Oberfläche für den Parkplatz im Riedweg. Dann wäre dieses Gebiet auf die nächsten Jahrzehnte sehr gut hergerichtet.
Gewerbegebiet: Vor- und Nachteile abwägen
Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Gewerbegebiets und was sehen Sie für die Zukunft?
Just: Das Gewerbegebiet ist nahezu auf allen möglichen Grundstücken bebaut. Von Zeit zu Zeit kommt immer mal wieder der Wunsch auf, das Gewerbegebiet in irgendeine Richtung zu erweitern, besonders in die nördliche oder südliche Richtung. Man muss aber auch mit dem Flächenverbrauch weiterhin schonend umgehen muss. Insoweit ist es für uns gar nicht so einfach zu begründen. Das ist Zukunftsmusik und darauf habe ich heute noch keine Antwort. Es gilt auch hier Vor- und Nachteile abzuwägen.
Wie ist da der Projektstand Ausbau des Bundesbahnhofs?
Just: Die Planfeststellungsbeschlüsse seitens des Regierungspräsidiums sind für unseren Bahnhof wohl erwirkt worden. Was mir an dieser Stelle fehlt, ist eine klare Aussage zu den Aufzügen. Da sind wir mit der Nachbargemeinde Heddesheim einig, dass diese für eine vollständige Barrierefreiheit absolut notwendig sind.

Bürgermeister Just bei der Einweihung des Hilfeleistungszentrums.
Keine große Einigkeit gab es mit Heddesheim in Sachen „Pfenning“-Ansiedlung. Haben sich die Befürchtungen, was den Verkehr angeht, bewahrheitet oder nicht?
Just: Diese Befürchtungen einer Verkehrszunahme haben sich bewahrheitet. Allerdings hat sich der Schwerlastverkehr in den Ortsteilen jetzt nicht in dem Maße erhöht, wie wir es befürchtet hatten. Ob da heute schon der vollständige Verkehr überhaupt fließt, den dieses Projekt abwickeln könnte, wage ich nicht einzuschätzen.
Wenn wir schon bei Heddesheim sind: Hat sich das Verhältnis zwischen Ihnen und dem Amtskollegen Michael Kessler verbessert?
Just: Der Kollege und ich haben nach wie vor ein professionelles Verhältnis zueinander. Es liegt in der Natur der Sache, dass man natürlich als Bürgermeister die Interessen seiner Gemeinde zu vertreten hat. Es gibt ja gemeinsame Interessen wie die Wasserversorgung, wo wir dann auch in beiderseitigem Interesse agieren.
Interessenvertreter
Sie haben einen anderen Kollegen, mit dem sie aus professionellen Gründen in der Vergangenheit quer gelegen haben, das ist der Oberbürgermeister von Weinheim.
Just: Nein, da würde ich jetzt fast sogar widersprechen, aber machen Sie mal weiter.
Ich meine die Auseinandersetzung mit dem Steinbruch, die sogar juristisch geführt wurde. Ist die Sache mittlerweile ausgestanden oder geht das in Ihre zweite Amtszeit auch hinein?
Just: Das liegt mir schon am Herzen, das gute Verhältnis zu Heiner Bernhard zu betonen. Auch hier gilt: Wir haben unterschiedliche Interessen, die wir für unsere Gemeinden vertreten müssen. Er vertritt die Interessen der Stadt Weinheim, und die zielen eben in die Richtung, den Verkehr rauszubekommen, das Ortsbild der Stadt Weinheim als Zwei-Burgen-Stadt mit dem dazugehörigen Berg zu wahren. Meine Aufgabe ist es, zwingend die Interessen der Gemeinde Hirschberg dahingehend zu schützen, dass die Gefahr, die alle Gutachter nach wie vor als gegeben erachten, so zu verringern, dass keine Beeinträchtigung für Menschen und Sachen eintreten können. Der Kollege und ich haben für die jeweils andere Seite das größte Verständnis.
Ihr Kollege hat ein Projekt, das auch für viele Emotionen gesorgt hat: Die Unterbringung von Asylbewerbern. Wie sieht das in Hirschberg aus?
Just: Wir müssen im Sinne des Solidargedankens mit allen Gemeinden im Kreis uns auch einbringen. Wir suchen zur Zeit eine Immobilie, um eine gewisse Zahl von Menschen unterbringen zu können. Belastbare Zahlen kann ich nicht nennen, ich gehe von einer Größenordnung 20-50 aus.
Ich bleibe auch für 32 Jahre
Sie sind der erst zweite Bürgermeister der jungen Gemeinde Hirschberg, die 1975 aus dem Zusammenschluss von Leutershausen und Großsachsen entstanden ist. Ihr Vorgänger Herr Oehldorf hat ja eine immens lange Amtszeit gehabt. Können Sie sich vorstellen, dass Sie diese Tradition so weiterführen und dass man vielleicht in der vierten oder fünften Amtszeit immer noch einen Manuel Just als Bürgermeister in Hirschberg hat?
Just (lacht): Entscheiden muss es letztendlich ja der Wähler, aber das kann ich vielleicht mit einem Augenzwinkern beantworten: Herr Oeldorf war 28, als er gewählt wurde und zuvor Kämmerer in Heddesheim. Ich war 28, als ich gewählt wurde und zuvor Kämmerer in Rauenberg. Kurz nach meiner Wahl fragte mich ein Mitbürger, ob ich mir denn auch vorstellen könne, 32 Jahre zu bleiben. Ich habe damals gesagt, ich würde einen derartigen Arbeitsvertrag blind unterschreiben. Und das hat sich bis heute nicht verändert.
Aus unserer Beobachtung haben die Bürger mit Ihnen eine gute Wahl getroffen. Damals sind Sie durch den Ort marschiert, von Klingel zu Klingel und haben sich vorgestellt…
Just: Ja, gut recherchiert, das war noch, bevor es das Hirschbergblog und das Rheinneckarblog gab.
Damals gab es fünf Bewerber, Sie haben überzeugend im ersten Wahlgang gewonnen. Aktuell keinen, Sie müssen sich nicht mehr bekannt machen. Ist es bedauerlich, dass Konkurrenz fehlt?
Just: Aus sportlichen Gesichtspunkten liebt man natürlich auch Herausforderungen, es wäre aber gelogen, wenn ich jetzt sagen würde, ich bin zutiefst betrübt darüber. Ich bilde mir schon ein, dass es vielleicht auch ein Stück weit meiner eigenen Arbeit geschuldet ist.
Möglicherweise wird aber ohne Konkurrenz die Wahlbeteiligung sehr niedrig sein – siehe Heidelberg. Ist das nicht problematisch?
Just: Ja und möglicherweise wird das so sein. Ich habe getan, was ich tun konnte und um jede Stimme jedes Einzelnen geworben, mit Informationsveranstaltungen, Broschüre, Internetauftritt. Die Bürger/innen haben es in der Hand, mich am Sonntag mit ihrer Stimme zu verpflichten. Das nehme ich sehr ernst und werde mich der Verantwortung auch in den kommenden acht Jahren stellen.