Mannheim, 17. September 2014.(red/pm) Vom 18. bis 21. September findet zum vierten Mal das Theaterfestival Schwindelfrei statt. Rund um den alten Messplatz präsentieren die Darsteller ihre verschiedenen Stücke. Das Festival widmet sich dem Thema „world wide me“ und vernetzt erstmals Künstler der Metropolregion Rhein-Neckar mit internationalen Künstlern.
Informationen der Stadt Mannheim:
“„Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, das Theaterfestival Schwindelfrei 2014 bereits zum vierten Mal zu veranstalten. Die regionale und internationale Zusammenarbeit an einem Thema stärkt den Austausch und setzt wichtige Impulse. Ich begrüße diese positive Entwicklung, denn das Festival ist ein wichtiges Förderinstrument für die Freie Theaterszene“, so Kulturbürgermeister Michael Grötsch.
„Mit diesem vielfältigen Programm verspricht Schwindelfrei 2014 ein ganz besonderes Festival zu werden, das uns alle auf verschiedenste Art zum Nachdenken anregen wird. Für uns ist es vor allem interessant zu sehen, was die Künstler aus der Themensetzung und der vorgegebenen Performance-Zeit von zwanzig Minuten machen“, erläutert Sabine Schirra, Leiterin des Kulturamts.
„world wide me“
Mit dem Thema “world wide me” nimmt Schwindelfrei 2014 in seiner vierten Ausgabe das globale Ich ins Visier. Das Individuum mit seinen Verbindungen zur Welt steht dieses Jahr im Mittelpunkt. Wir sind unausweichlich mit der Welt vernetzt: Ob durch das Internet und soziale Medien, durch migrantisch geprägte Nachbarschaften oder die Waren, mit denen wir täglich zu tun haben, wie das T-Shirt made in Bangladesch, das Gas aus Russland in unseren Heizkörpern und das Coltan aus kongolesischen Mienen in unseren chinesischen Smartphones.
Die Konfrontation und Vernetzung mit außereuropäischen Künstlern eröffnet ein gedanklich globales Spielfeld für die freie Szene der Region. schwindelfrei möchte Anreiz zu neuen Ästhetiken und Arbeitsweisen geben, Freiraum für Experimente bieten, Kommunikationsplattform und Netzwerk der Szene selbst sein und neue Zuschauer für die freien Darstellenden Künste begeistern.
Sophia Stepf kuratiert schwindelfrei
Als Impulsgeber und Netzwerkerin für die regionale Szene versteht sich die Kuratorin des diesjährigen Festivals, Sophia Stepf. Sie arbeitet seit ihrem Studium der Dramaturgie international mit dem Schwerpunkt Indien. Sie ist selbst als Regisseurin und Dramaturgin in der freien Szene aktiv und produziert Stücke in Berlin, Kassel und Bangalore.
Sie hat die kuratorische Praxis als Assistentin und Dramaturgin für internationale Theaterfestivals wie die Wiener Festwochen, Theater der Welt 2005 und die Bonner Biennale gelernt und bringt ein kritisches Verständnis zum Theateraustausch, internationalen Kooperationen und der Präsentation internationaler Künstler im deutschsprachigen Raum mit.
Gruppen produzieren 20-minütige Stücke
Alle teilnehmenden Gruppen produzieren 20-minütige Auftragswerke und interpretieren world wide me aus radikal unterschiedlichen Perspektiven. Die Performances werden gebündelt in zwei multiperspektivischen Parcours gezeigt, die an allen vier Festivaltagen zu sehen sein werden.
„Wir haben für schwindelfrei ‘world wide me’ das Parcoursformat gewählt, weil wir das Publikum einladen möchten, sich an einem Abend mit unterschiedlichen Perspektiven, Ideen und Ästhetiken zu beschäftigen. Der Parcours ist die Antwort auf zeitgenössische Kulturtechniken wie das Zapping und Netzsurfen – Inhalte und Ästhetiken stehen hier nebeneinander und setzen sich im Kopf des Publikums zu einem Bild zusammen.
20 Minuten sind zudem eine ungewöhnliche und interessante Länge für eine Performance – sie ermöglichen ästhetische Wagnisse und erfordern die Reduktion auf eine wesentliche Idee“, so die Kuratorin des Festivals, Sophia Stepf.
Fünf Konzepte ausgewählt
Der aus Heidelberg stammende Jonas Frey wird gemeinsam mit Joseph Simon mit seiner Tanzperformance „JE (UX) –TU (E)–TORIAL“ die Verbreitung von praktischem Wissen, Trends und kreativem Schaffen über die Videoplattform YouTube untersuchen. Wird dadurch Wissen zu einer globalisierten Ware, deren Ursprung nicht mehr komplett nachvollziehbar ist?
Zusammen mit dem iranischen Theatermacher Mahdi Farshidi Sepehr zeichnet die Theaterkumpanei Ludwigshafen den Weg iranischer Migranten nach Deutschland nach. In Interviews und Workshops werden die Geschichten iranischer Migranten recherchiert und auf die Bühne gebracht.
Ein scheinbar alltägliches Versehen nimmt in „Das Leben des Anderen“ von Boris Ben Siegel ungeahnte Folgen an: Zwei Menschen verwechseln ihre Handys und nehmen jeweils das des anderen mit und sehen sich plötzlich mit der Frage konfrontiert, ob sie ihr privates Glück über das Wohlergehen tausender anderer Menschen stellen.
Éric Trottier geht in seiner Tanzperformance „questions on destiny“ von der Vorstellung aus, dass das Individuum sich in seinem Dasein mit dem Schicksal konfrontiert sieht. Trottier wird in der 10-tägigen Probephase in einen intensiven Gesprächsaustausch mit den beteiligen Künstler treten.
Das Projekt „til death vs depart“ von TiG7 stellt in einem Text von Maja Das Gupta die Frage nach einem interkulturellen Wir in Beziehungen. Bei interkulturellen Hochzeiten trifft das world wide me auf das world wide you. Und gerade hier werden möglicherweise die meisten Brücken gebaut – weil die Beteiligten diese bauen wollen.
Internationale Künstler erstmals bei schwindelfrei
Drei internationale Künstler aus Beirut, Dar es Salaam und Neu Delhi treffen auf fünf regionale Tanz- und Theatergruppen der Metropolregion Rhein-Neckar.
Amitesh Grover aus Neu Delhi (Indien) ist Performance- und Medienkünstler sowie Game Designer. Er wird in “Encounter 6134 / Mannheim – Delhi“ eine Live-Schaltung zwischen Mannheim und Delhi herstellen, in denen sich Zuschauer über verschiedene Alltagstechnologien zu einem Dialog begegnen.
Die Beiruter Künstler Maya Zbib und Omar Abi Azar von der Zoukak Theater Company (Libanon) beschäftigen sich mit dem Thema Tod und Unsterblichkeit in der heutigen Welt in einer sehr persönlichen dialogischen Lecture Performance: Wie wird der echte, oft grausame Tod verdrängt während gleichzeitig die virtuellen Spuren von verstorbene Personen im Internet weiterleben? Was heißt es heute zu sterben und wie existieren wir im world wide web weiter?
Der Choreograf, Tänzer und Musiker Isack Peter Abeneko aus Dar es Salaam (Tanzania) wagt eine künstlerische Begegnung mit einer Mannheimer Tänzerin, die er in Mannheim zum ersten Mal treffen wird. In “Born Original Die Copy!” untersucht er gemeinsam mit Ayda Rahnama das Konzept von Kopie und Original in europäischen und afrikanischen Tanz- und Musikstilen.
Als Festivalfotograf und Gesprächspartner lädt Schwindelfrei den Dokumentarfotografen Aderemi Adegbite aus Lagos (Nigeria) nach Mannheim ein.
Rahmenprogramm zum Festival
Neben den Theaterstücken wird in einem umfangreichen Rahmenprogramm der Global Learning Academy auf dem Alten Messplatz eine Auseinandersetzung mit der Auswirkung von Globalisierungsprozessen angeregt. Hier können Besucher in Formaten zwischen Picknick, Aktion und Infotainment ihr world wide me entdecken. Darüber hinaus wird es am Festivalzentrum c/o Einraumhaus ein Programm aus Konzerten, Filmen, Diskussion, Ausstellung und Partys rund um das Festivalthema geben.
Hintergrund zum Theaterfestival Schwindelfrei
Mit den Freien Theater Tagen Schwindelfrei initiierte das Mannheimer Kulturamt 2009 erstmals im Rahmen der Internationalen Schillertage eine Werkschau der regionalen Theaterszene, die mit vielen Neuinszenierungen rund um das Thema Schiller ein spannendes vielseitiges Programm präsentierte. In seiner letzten Ausgabe, 2012 stand das Theaterfestival Schwindelfrei unter dem Motto `Plündert die Brachen!´. Auf den Turley Barracks verstand es sich als Aufruf zur künstlerischen Auseinandersetzung mit Leerstellen, Zurückgelassenem, Überresten und nicht definierten Orten.
In seiner nunmehr vierten Ausgaben vernetzt das biennale Produktionsfestival Schwindelfrei 2014 erstmals Künstler der gesamten Metropolregion Rhein-Neckar mit internationalen Künstler. Ziel des vom Kulturamt der Stadt Mannheim veranstalteten Festivals ist es, die regionale Szene auf einer spannenden Plattform zu präsentieren, und zeitgenössische Neuproduktionen zu initiieren. Schwindelfrei 2014 möchte Anreiz zu neuen Ästhetiken und Arbeitsweisen geben, Kommunikationsplattform und Netzwerk der Szene selbst sein und neue Zuschauer für die freien Darstellenden Künste begeistern. Das Individuum mit seinen Verbindungen zur Welt steht dieses Jahr im Mittelpunkt. Die Konfrontation und Vernetzung mit außereuropäischen Künster eröffnet ein gedanklich globales Spielfeld für die freie Szene der Region.”