Mannheim, 17. April 2018. (red/pro) Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz kritisierte den Verein Haus & Grund auf Facebook scharf, weil dieser die Klage eines Vermieters unterstütze, der eine Miete über die Vorgaben des aktuellen Mietspiegels erhöhen will. Ist das ein Skandal?
Von Hardy Prothmann
Kommunen können Mietspiegel erheben, die grundsätzliche Richtwerte für Mieten und deren Anhebung festlegen. Werden die Daten wissenschaftlich erhoben, spricht man von einem qualifizierten Mietspiegel, der bei rechtlichen Streitigkeiten als Befriedungsinstrument auch gerichtlich herangezogen wird. Der 22. Mannheimer Mietspiegel wurde Ende 2016 in einer neuen Form als „Regressionsmietspiegel“ herausgegeben. Zu einer Basismiete nach der Fläche werden statistisch ermittelte Zu- und Abschläge gezählt.
Doch der Mannheimer Verein „Haus & Grund“, der rund 6.000 Immobilienbesitzer mit mehreren 10.000 Wohnungen als Mitglieder hat, zweifelt eben an der Wissenschaftlichkeit des Mannheimer Mietspiegels: „Wir halten die Daten für intransparent, bezweifeln die Methodik und sind der Meinung, dass die durch die städtische GBG sozialpolitisch stark reduzierten Mieten die Datenlage zuungunsten unserer Mitglieder verzerren“, sagt der hauseigene Justiziar Andreas Paul auf Anfrage.
Klage soll Methodik überprüfen
Zuvor hatte OB Kurz auf Facebook geschrieben: „Es gibt Nachrichten, die glaubt man erstmal nicht: In einer Zeit steigender Wohnungsnot und deutlich steigender Mietpreise in den Großstädten beteiligt der Verband „Haus und Grund“ in Mannheim, der die Vermieter vertritt, an einer Klage, die es ermöglichen soll, höhere Mietsteigerungen als nach Mannheimer Mietspiegel möglich durchzusetzen.“
Auch Mieterverein, die SPD Mannheim und andere teilten die Kritik. Der Verein reagierte prompt: „Es geht bei der Klage nicht um „Preistreiberei“ oder „Gewinnmaximierung“. Auch geht es nicht um die „Refinanzierung spekulativer Preise beim Erwerb von Bestandsimmobilien“, wie es der Oberbürgermeister ausdrückte.“
In einer sehr langen Pressemitteilung setzt „Haus & Grund“ dezidiert auseinander, dass man erhebliche Zweifel am aktuellen Mietspiegel habe und diesen, wie im Rechtsstaat üblich, indirekt durch eine Klage prüfen lasse: „Wenn am Ende herauskommt, dass alles seine Richtigkeit hat, können wir damit leben“, sagt Paul.
Nach Auffassung des Vereins müsste die Durchschnittsmiete nicht 7,05 Euro, sondern 7,75 Euro betragen: „Wir haben viele Kleinvermieter und ständige Mieterhöhungen sind kein Thema. Und wenn man die Möglichkeit hätte, heißt das noch nicht, dass man davon auch Gebrauch macht“, sagt Paul.
Gegensätzliche Interessen
Tatsächlich stehen sich mehrere Interessen gegenüber: Die von Vermietern wie auch Mietern und die der Politik, wie die harsche Reaktion des Oberbürgermeisters, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der GBG ist. Als Oberbürgermeister ist er aber nicht nur Mietern, sondern auch Eigentümern verpflichtet – insofern hat die einseitige Positionierung des OB ein „Geschmäckle“. Klar ist, dass der Wohnungsmarkt unter Druck ist – auch, weil über Jahrzehnte der Bau von Sozialwohnungen vernachlässigt worden ist.
Der Eigentümerverein zeigt sich deutlich sachlicher und weist einen Angriff zur Abschaffung des Mietspiegels von sich: „Der Mannheimer Mietspiegel hat Jahrzehnte lang seine Befriedungsaufgabe gut erfüllt. Und dies soll er weiterhin tun. Wir wollen auch zukünftig an der Erstellung des Mietspiegels mitwirken, da wir darin ein sinnvolles Instrument sehen.“
Kasten: Der Mannheimer Verein „Haus & Grund“ hat rund 6.000 Mitglieder, die mehrere 10.000 Wohnobjekte vermieten. Er unterstützt aktuell eine Mieterhöhungsklage, bei der die Vorgaben des 22. Mietspiegels überprüft werden sollen. Wann diese verhandelt wird, ist offen.