Rhein-Neckar, 16. Juli 2015. (red/pro) Gegen einen unserer Artikel ist beim Deutschen Presserat Beschwerde eingelegt worden. Uns wird „Beleidigung“ und „Rufmord“ unterstellt. Beschwerdeführer sind aktive Mitglieder von „Mannheim sagt Ja“, ein Beschwerdeführer (SPD) legte diese in seiner Funktion als Sprecher eines Bezirksbeirats in Mannheim vor.
Von Hardy Prothmann
Aktuell laufen zwei Verfahren gegen uns. Der Mannheimer Morgen führt eine Klage, um uns zwei Äußerungen gerichtlich untersagen zu lassen. Wir werden Sie in Kürze dazu weiter informieren.
Es ist in sechs Jahren die 24. juristische Auseinandersetzung gegen uns. Einen Prozess haben wir verloren, zwei Mal mussten wir uns vergleichen, alle andere Fälle haben wir gewonnen oder die Abmahner sind zuletzt nicht vor Gericht gegangen.
Neben dem erheblichen Aufwand, den solche Verfahren mitbringen, haben wir bis heute über 20.000 Euro für die juristischen Kosten aufbringen müssen, was existenzgefährdend ist und nach unserer Auffassung durchaus mit diesem Ziel verfolgt wird.
Erste Beschwerde gegen uns vor dem Presserat
Zum ersten Mal ist beim Deutschen Presserat nun von zwei Personen am 23. Mai 2015 gegen unsere Berichterstattung Beschwerde per email eingelegt worden. Eine email wurde um 23:36 Uhr und die andere um 23:37 Uhr abgesendet. Beide Personen kennen sich und wir gehen davon aus, dass das Vorgehen abgestimmt ist. Der Presserat hat uns um Stellungnahme gebeten und wird am 15. September im Beschwerdeausschuss über die Vorwürfe befinden.
Der Vorwurf:
„Im Text werden Unterstellungen, Beleidigungen und Rufmord begangen“, beginnt eine email. Und weiter: „Diese „Berichterstattung“ hat mit Journalismus rein gar nichts zu tun und grenz an einem persönlichen Rachefeldzug an etliche Personen des Vereins Mannheim sagt Ja! (….) Es ist an der Zeit diese Rufschädigung zu unterbinden. Zumal alles nicht im Ansatz Belegt ist.“ (Anm. d. Red.: Grammatik- und Rechtschreibfehler im Original)
In der anderen email heißt es:
„Verstoß gegen Ziffer 1 (Wahrhaftigkeit) und Ziffer 2 (Sorgfalt) des pressekodex. Ich bin aktives Mitglied (…) des Vereins Mannheim sagt Ja e.V. und musste heute abend feststellen, dass mir H. Prothmann rechtswidrige Handlungen unterstellt.“ (…) ich verbitte mir solche Unterstellungen, die meinen Ruf und den des Vereins schädigen! Zudem führt er zu diesen Anschuldigungen keine Belege oder Verweise hinzu!“ (Anm. d. Red.: Grammatik- und Rechtschreibfehler im Original)
Wir sind seit November 2013 Mitglied beim Deutschen Presserat, nachdem dieser uns um eine Teilnahme gebeten hat:
Sie vertreten hochwertige, journalistische Produkte. Sie haben den Anspruch, guten, kritischen Journalismus für ihre Leser zu bieten. Ein Merkmal von Qualitätsjournalismus ist die Einhaltung des Pressekodex, den Journalisten und Verleger, die im Deutschen Presserat organisiert sind, gemeinsam entwickelt haben und stetig fortschreiben. (…) Als zukunftsorientiertes Online-Medium mit hohem journalistischem Anspruch möchte ich Sie gern für diese Selbstkontrolle gewinnen.
Was der Presserat entscheiden kann
Beide Beschwerdeführer wollen erreichen, dass wir unsere Berichterstattung einstellen und haben die Aufgabe des Deutschen Presserats nicht verstanden. Über den Pressekodex ist geregelt, was und wie man als Presseorgan berichten soll und was man nicht tun sollte.
Nach einer Beschwerde kann der Beschwerdeausschuss die Beschwerde als unbegründet verwerfen, er kann eine Missbilligung oder eine Rüge aussprechen. Inhaltlichen Einfluss auf die Berichterstattung kann der Presserat nicht ausüben.
Sofern jemand eine Berichterstattung als „Rufmord“ bezeichnet, muss er juristisch gegen uns vorgehen, um zu versuchen, vor Gericht eine Unterlassung zu erreichen. Der Vorwurf „Rufmord“ ist derart eklatant, dass eine juristische Auseinandersetzung angezeigt wäre – die Beschwerdeführer haben aber bis heute keine Klage eingereicht. Warum nicht?
Transparente und ehrliche Praxis ist, dass Medien, gegen die Beschwerde beim Presserat eingelegt worden ist, die Öffentlichkeit darüber informieren.
Eine örtliche Zeitung ist ebenfalls Mitglied im Deutschen Presserat und wurde in jüngerer Vergangenheit ein Mal wegen Schleichwerbung und ein Mal wegen einer „kollektiven Diskriminierung“ missbilligt. In beiden Fällen hat die Zeitung entgegen der allgemeinen Praxis die Öffentlichkeit nicht informiert.
Beide Beschwerdeführer sind Mitglieder von Mannheim sagt Ja
Im betreffenden Artikel berichten wir über eine Demo unter Beteiligung der rechtsradikalen Partei „Der III. Weg“ sowie eine Gegendemo in Limburgerhof. Dabei beziehen wir uns auf die Teilnahme von Mitglieder des Vereins „Mannheim sagt Ja“. Wir dokumentieren den Auszug eines Facebook-Chats, an dem Mitglieder von „Mannheim sagt ja“ beteiligt sind, sowie ein Angestellter der Stadt Mannheim (Anm. d. Red.: keiner der Beschwerdeführer). Hier wird in besonders kritischer Weise in Zweifel gezogen, ob die Polizei Asylbewerber schützt und gemutmaßt, dass die Polizei im Gegenteil die Rechtsradikalen freundlich empfangen hat („hat nur noch der rote Teppich gefehlt“).
Belege fehlen? Von wegen!
Weiter informieren wir unsere Leser/innen darüber, dass es bei einer Demo am 8. Februar in Ludwigshafen am Rhein zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen war – „Mannheim sagt Ja“ hatte in Mannheim zur Teilnahme aufgerufen und war mit einer großen Personenzahl nach Ludwigshafen gezogen. Dazu schreiben wir im Artikel:
Auch die Gruppe “Mannheim sagt Ja“, die sich Anfang 2015 gegründet hatte und mittlerweile ein Verein ist, hatte zu Gegenprotesten aufgerufen – allerdings ohne messbaren Erfolg. Bestimmte aktive Mitglieder und Sympathisanten dieses Vereins fallen durchweg durch verfassungsfeindliche Äußerungen auf, die sich vor allem gegen die Polizei und das vom Grundgesetz geschützte Recht auf Versammlungsfreiheit richten. Gewalt wird verharmlost und als “legitim” betrachtet, sofern diese gegen “Nazis” gerichtet wird.
Insbesondere der Stadtrat Petar Drakul, Referatsleiter im Ministerium für Integration des Landes Baden-Württemberg, hatte bei einer Demonstration Anfang Februar in Ludwigshafen eine Körperverletzung gegen einen Stadtrat der Ludwigshafener AfD damit gerechtfertigt, dass dieser “selbst schuld sei” an einer Demonstration gegen Fremdenfeindlichkeit teilzunehmen.
Wahrhaftige und sorgfältige Berichterstattung
Anders als durch die Beschwerdeführer behauptet, betrachten wir unsere Berichterstattung absolut als „wahrhaftig“ und „sorgfältig“. Wir informieren unsere Leser/innen transparent und hintergründig über politisch aktive Menschen, die die Polizei verunglimpfen, Gewalt rechtfertigen, andererseits gewaltbereite linke Gruppen „entschuldigen“ und sich damit wiederholt und vorsätzlich verfassungsfeindlich zeigen.
Beide Beschwerdeführer sind im Bericht, gegen den sie sich wenden, namentlich nicht genannt, sondern fühlen sich als „Mitglieder“ von „Mannheim sagt Ja“ in der Kollektive „rufgeschädigt“.
Falsche Tatsachenbehauptungen der Beschwerdeführer von „Mannheim sagt Ja“
Die Behauptung, es handele sich um „Rufmord“ und es fehlten „Belege und Beweise“ ist eine falsche Tatsachenbehauptung, die einmal mehr das pressefeindliche Selbstverständnis dieser Personen dokumentiert, die gegen eine für sie als „negativ“ empfundene Berichterstattung vorgehen.
Wir werden prüfen, ob wir die Namen der Beschwerdeführer veröffentlichen, da beide nicht als Privatpersonen, sondern unter Nennung ihrer Funktionen die Beschwerde geführt haben.
Pressefeindliche Einstellungen bei „Mannheim sagt Ja“
An der Praxis unserer Berichterstattung werden wir nichts ändern, da wir als journalistische Redaktion gesellschaftliche Prozesse immer kritisch begleiten.
Dem Verein „Mannheim sagt Ja“ raten wir, über die innere Verfasstheit einiger Mitglieder die Debatte zu führen, weil die öffentliche Verunglimpfung der Polizei, die Abrede des Versammlungsrechts für andere sowie die massive Agitation gegen unsere Redaktion den Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit einiger auch führender Mitglieder von „Mannheim sagt Ja“ schlicht und ergreifend unsere Berichterstattung nur bestätigen und erhebliche Zweifel an einer ordentlichen innervereinlichen demokratischen Verfasstheit aufkommen lassen.
Nach unserer Kenntnis sehen auch hochrangige Politiker der Region die Gewaltanwendungen bei der Ludwigshafener Friedensdemonstration als massiven Schaden für „Mannheim gegen Rechts“ – hier gibt es verschiedene personelle Verknüpfungen zu „Mannheim sagt Ja“.
Wir werden in den kommenden Tagen unsere Antwort an den Deutschen Presserat dokumentieren. Ebenso den Stand der Dinge im Verfahren Mannheimer Morgen gegen unsere Redaktion.
Alle Artikel zu „Mannheim sagt Ja“ finden Sie hier.
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