Mannheim, 16. Juni 2015. (red/pro) Er tritt zwar nicht bei der „Entscheidungswahl“ am 5. Juli an, hat sich aber entschieden: Christopher Probst beendet seine Kandidatur für das Oberbürgermeisteramt, nachdem er und die Mannheimer Liste intensiv insgesamt fünf „Optionen“ geprüft hätten: „Ich werde weiter pragmatische Politik machen und meine Wähler nicht enttäuschen.“
Von Hardy Prothmann
Christopher Probst (53) ist elegant gekleidet, Hemd mit Doppelmanschette – er sieht sehr korrekt aus. Aber auch ein wenig aufgeregt. Rund 20 Journalisten hat er vor sich und die wollen wissen, ob er weiter kandidiert oder nicht.
Es blieb nur eine von fünf Optionen
Er geht fünf Optionen durch: „Zwei konnte ich schnell ausschließen – und zwar das Ende der Kandidatur und die Unterstützung eines der beiden anderen Kandidaten. Die Frage an die CDU, ob sie mich unterstützen würde, wurde harsch zurückgewiesen. Eine weitere Kandidatur würde einem Kandidaten Vorteile bringen, also habe ich mich für das Ende der Bewerbung entschieden und dafür, definitiv keinen der beiden anderen Kandidaten zu „empfehlen“.“
Er erläutert seine Position ausführlich und beantwortet alle Fragen der Journalisten – bis auf solche, deren Antwort in Richtung einer „Empfehlung“ zielen würde. Aber soviel sagt er doch: „Ich persönlich habe mich sehr geärgert, als die CDU mich noch am Wahlabend in einem „bürgerlichen Lager“ vereinnahmen wollte ohne mit mir gesprochen zu haben. Ich gehöre keinem Lager und keiner Partei an, sondern bis aus Überzeugung Freier Wähler.“
Dank an die Wähler und die Mannheimer Liste
Dabei guckt er ernst, die Augen funkeln, der Rücken ist gestreckt. Und auf Nachfrage legt er nach: „Wenn ein CDU-Kandidat alles anders machen will als die CDU-Fraktion die vergangenen Jahre, frage ich mich, ob das alles Show ist. Und 30 Kräfte für den KOD zu versprechen, nachdem die CDU zunächst unsere Anträge auf Aufstockung abgelehnt hatte, ist populistisch. Ebenso wie eine Buga ohne Au und Straßenverlegung.“
Über Herrn Dr. Kurz hingegen fällt kein schlechtes Wort und Herr Probst redet sachlich, aber bestimmt: „Es ist öffentlich bekannt, dass Herr Dr. Kurz und ich in der Buga-Frage zwei völlig verschiedene Positionen vertreten. Zudem mahne ich den Sanierungsstau von geschätzt mindestens 800 Millionen Euro an.“
Herr Probst bedankte sich insbesondere bei seinen Wählern und anderen: „Wir sind hier eine Kerngruppe von rund zehn aktiven Wahlkämpfern gewesen. Die haben toll zusammengewirkt. Weiter hat mich meine Frau, von der ich bekanntlich getrennt lebe, sehr unterstützt, ebenso wie andere, Tommy Mardo beispielsweise, der mich für die Plakate fotografiert hat.“ Die Mannheimer Liste sei mit 120 Mitgliedern im Vergleich zu den großen Parteien recht klein – umso erfolgreicher sei das Ergebnis.
Über den Wahlkampf und sein Empfinden sagte er: „Ich habe unglaublich viel gelernt – über mich, über die Stadt und die Bürger. Das ist alles sehr beeindruckend und bestärkt mich, politisch aktiv zu sein.“
„CDU und SPD haben verloren“
Die Wahl vom Sonntag interpretierte Herr Probst auch auf seine direkte Art: „Herr Rosenberger und die CDU sollten nicht auf die Prozente, sondern die realen Zahlen schauen – da haben sie nämlich verloren, ebenso wie Herr Dr. Kurz. Bei ihm ist es besonders dramatisch – die nördlichen SPD-Bezirke waren verlustreich, aber die bürgerlichen überwiegend gut. Ich glaube, Herr Dr. Kurz hat das spätestens am Sonntag verstanden. Als SPD-Mann muss er sich künftig auf seine sozialdemokratischen Wurzeln besinnen, er ist zu weit weg vom Bürger.“
Überhaupt: Die Bürgerbeteiligung müsse verbessert werden und die Bürger ernst nehmen: „Der OB wollte mit einem neuen Gutachten zur Straße das Thema Buga aus dem Wahlkampf halten – das ist nicht gelungen.“ Zum Thema Buga 23 forderte Herr Probst für 2016 einen weiteren Bürgerentscheid: „Die Fakten liegen auf dem Tisch, niemand braucht dieses neue Gutachten. Die Stadt muss neutraler informieren und die Bürger können jetzt viel genauer entscheiden, was sie wollen.“ Zur Erinnerung: 2016 ist Landtagswahl – offenbar wir jetzt darauf hingewirkt dass zeitgleich ein Bürgerentscheid stattfinden könnte. Der müsste allerdings über ein Bürgerbegehren initiiert werden.
Probst empfiehlt Kandidaten Studium seines Programms
Den beiden verbleibenden Oberbürgermeister-Kandidaten gab der Unternehmer mit auf den Weg: „Die Mannheimer Liste und ich haben ein Programm vorgelegt, für das uns die Wähler ihre Stimme gegeben haben – wer unsere Wähler erreichen will, muss sich mit dem Programm auseinandersetzen. Deswegen spreche ich keine Empfehlung aus – Wähler sind keine Manövriermasse.“
Prof. Dr. Achim Weizel bewertete das Wahlergebnis sehr positiv: „Diese Wahl hat gezeigt, dass die Freien Wähler und die Mannheimer Liste überall in der Stadt angekommen sind. Vor allem im Norden mit sehr guten Ergebnissen.“ Hier habe man einige neue „sehr gute Mitglieder“ gewinnen können, vor allem Roland Weiß (früher SPD). Zur Erinnerung: Herr Probst erreichte 15,9 Prozent, Herr Rosenberger (CDU) 33,8 Prozent und Dr. Peter Kurz (SPD), 46,8 Prozent. Damit hatte kein Kandidat die im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit erhalten. Bei der Wahl am 05. Juli gewinnt der Kandidat, der die meisten Stimmen hat.
Insgesamt hatte die Mannheimer Liste rund 40.000 Euro für den Wahlkampf ausgegeben, darin waren rund 20.000 Euro Spenden enthalten, ein Teil kam von der ML, einen Teil hat Herr Probst privat finanziert.
Keine Empfehlung für einen Kandidaten, wohl aber eine, wählen zu gehen
Seinen Wähler gab er zumindest diese Empfehlung: „Die Wahlbeteiligung war sehr schwach und ich hoffe auf mehr Wähler am 5. Juli – wir brauchen für die kommenden Jahre einen starken Oberbürgermeister. Ich werde wählen gehen und weiß auch schon wen ich wähle, auch, wenn der Kandidat nicht alle meine Auffassungen vertritt – ich nehme ihn aber in die Pflicht und hoffe, dass das viele Wähler tun.“
Auf Nachfrage zum grünen Stadtrat Fontagnier, der eine „NPD-Empfehlung“ für Herrn Probst gepostet hatte, sagte Herr Probst: „Herr Fontagnier hatte mich nicht dazu informiert, ich wusste gar nichts von dieser „Empfehlung“, die ich absolut ablehne. Dann habe ich sofort reagiert. Herr Fontagnier hat das Posting später gelöscht, entschuldigt hat er sich nicht, aber ein weiteres Posting mit so einer Art Entschuldigung – allerdings voller Rechtschreibfehler.“
Anmerkung der Redaktion: Wir haben getippt, dass Herr Probst weitermacht, lagen also nicht richtig mit unserer Prognose. Tatsächlich hätte er mit CDU-Unterstützung weitergemacht oder wenn er über 20 Prozent gekommen wäre, so führte die Abwägung vieler Aspekte zu dieser Entscheidung.
Herr Probst am Sonntagabend, nach der Auszählung: