Weinheim, 16. Dezember 2016. (red/pro) Die AfD-Abgeordnete Claudia Martin hatte sich ans Innenministerium gewandt, um dort Erkenntnisse zu einem Haus in der Boschstraße zu erfragen, wo es seit vergangenem Jahr einen sunnitischen Gebetsraum geben soll. Angeblich verhielten sich die Gläubigen aggressiv. (Siehe unseren Bericht.) Dem Innenministerium lagen keine negativen Informationen vor. Auch der Stadt Weinheim nicht, wie Antworten auf unsere Anfrage ergeben. Hier hat man vor allem baurechtliche Aspekte im Blick.
Ist der Stadt Weinheim bekannt, dass sich in der Boschstraße ein muslimisches Zentrum befindet? Wenn ja, seit wann?
Roland Kern: Von einem muslimischen Zentrum würden wir nicht reden. Es handelt sich um einen sunnitischen Gebetsraum. Bekannt ist es seit der Beantragung und Genehmigung der Nutzungsänderung im Frühjahr 2015. Nach den derzeitigen Erkenntnissen sind die Räumlichkeiten keiner muslimischen Organisation zuzuordnen. Nach eigenen Angaben handelt es sich um einen losen Zusammenschluss sunnitischer Hanafiten und Schafiiten unterschiedlicher Nationalität, also um Anhänger zweier der vier traditionellen Rechtsschulen des sunnitischen Islams.
Welche Prüfungen wurden von Seiten der Stadt unternommen?
Kern: Im Zuge des Antrags hat die Stadt alle üblichen Prüfungen zur Einhaltung der baulichen Vorschriften und unternommen und kontrolliert. Dazu gehörte auch eine ausführliche Nutzungsbeschreibung des Antragsstellers.
Hat sich die Stadt seit dem Betrieb als Glaubenszentrum vor Ort selbst ein Bild gemacht? Mit welchem Ergebnis?
Kern: Ja, mit dem Ergebnis, dass es keinen Grund zu Beanstandungen gegeben hat. Alle baulichen Vorschriften wurden eingehalten.
Sind der Stadt aggressive Verhaltensweisen der dort Verkehrenden bekannt?
Kern: Nein. Nach Anfragen aus der Bürgerschaft gab es immer wieder Kontakt mit der Polizei, die aber keine Verhaltensweisen dieser Art bestätigen konnte.
Hat die Stadt Informationen, dass dort womöglich eine islamistische Szene zu finden ist?
Kern: Nein. Auch hierzu hat die Stadt nach Anwohneranfragen Kontakt mit der Polizei aufgenommen, die ihrerseits Prüfungen vorgenommen hat. Ergebnis: Zu der Örtlichkeit und den dort verkehrenden Personen liegen keine staatsschutz- oder verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse vor. Der für die Räumlichkeiten Verantwortliche hat sich von einer salafistischen Auslegung des Islams distanziert.
Gibt es wie zu anderen in die Stadtgesellschaft eingebundenen Organisationen Kontakte zur Stadt? Wenn ja, welche?
Kern: Es gibt die Kontakte im Rahmen der Behördenzuständigkeit, zum Beispiel der Baurechtsbehörde.
Wie ordnet die Stadt dieses muslimische Zentrum ein?
Kern: Es herrscht Religionsfreiheit. Insofern haben wir Verständnis dafür, dass Menschen muslimischen Glaubens ihre Religion in eigenen Räumen nach den eigenen Glaubensregeln und unabhängig von der DTIB-Moschee praktizieren wollen. Nach den derzeitigen Erkenntnissen, s.o, spricht nichts dagegen.