Rhein-Neckar, 16. April 2014. (red/ms) Am 25. Mai steht neben den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg die 8. Europawahl an – erstmals ohne Sperrklausel in Deutschland. Das bedeutet, dass diesmal auch kleinere Parteien eine Chance haben werden, zumindest einen Sitz im Europaparlament zu erhalten. Hier finden Sie Informationen und Hintergründe zur Wahl.
Von Minh Schredle
Zwischen dem 22. und dem 25. Mai (in Deutschland nur am 25. Mai) werden europaweit 751 Mandate vergeben. 96 Vertreter sollen im Europaparlament die Interessen der Deutschen Wähler vertreten – das sind 22 mehr als aus Frankreich, das mit 74 Politikern die zweithöchste Anzahl an Abgeordneten sendet.
Estland, Malta, Luxemburg und Zypern dürfen nur sechs Vertreter senden. Gemessen an den Einwohnerzahlen sind das trotzdem mehr Abgeordnete pro Einwohner als hierzulande.
2009 wurden bei der Europawahl in Deutschland 2,8 Millionen Wählerstimmen nicht gewertet – das lag an der damals noch gültigen Fünf-Prozent-Sperrklausel. Bereits im November 2011 wurde diese Hürde für verfassungswidrig erklärt.
Einzug der Splitterparteien?
Daraufhin erließ die schwarz-gelbe Regierung mit zusätzlichen Stimmen von SPD und Grünen ein neues Gesetz, das drei Prozent als Sperrklausel festlegte. Am 26. Februar 2014 wurde auch dieses vom Bundesverfassungsgericht als nichtig erklärt.
Für die etablierten Parteien bedeutet das ein bis drei Sitze Verlust. Erstmals gibt es eine realistische Möglichkeiten für kleine Splitterparteien ins Parlament einzuziehen.
Nach einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen vom 11. April 2014 liegt die AfD derzeit bei etwa 6 Prozent. Damit wäre ihr nach aktuellem Stand nicht nur der Einzug gewiss, sondern gleich sechs Sitze im Parlament.
Welche kleinen Parteien haben Chancen?
Über die Kleinstparteien lassen sich nur schwierig Aussagen treffen. Das liegt daran, dass Umfrage-Institute sie in ihren Statistiken nicht differenziert erfassen. Da meistens nur etwa 1.000 bis 2.000 Menschen an den Umfragen teilnehmen, werden die Ergebnisse durch die Nennung einer „ungewöhnlicheren“ Partei teilweise stark verzerrt.
Bei der Europawahl 2009 wären ohne Sperrklausel die Piraten, die Rentner, die Republikaner, die Tierschutzpartei, und die ÖDP auf jeweils einen Sitz gekommen. Die Freien Wähler hätten es mit 1,7 Prozent der abgegebenen Stimmen sogar auf zwei Sitze geschafft. Deutschland wäre also nicht durch sechs Fraktionen (CDU, CSU, SPD, FDP, die Linke, die Grünen) vertreten gewesen, sondern durch zwölf.
Für 2014 lassen sich nur vorsichtige Prognosen treffen. Nach den Ergebnissen der Bundestagswahl kämen die Freien Wähler und die Piraten auf zwei Sitze, die NPD auf einen Sitz und ein weiterer Sitz würde entweder auf die Tierschutz- oder die Familienpartei entfallen. Diese Zahlen sind aber kein guter Indikator: Das Wahlverhalten bei Bundestags- und Europawahl kann sich stark unterscheiden.
Wer darf wählen?
Bei Kommunalwahlen dürfen in Baden-Württemberg seit dem 11. April 2013 auch Sechzehn- und Siebzehnjährige ihre Stimmen abgeben. Das gilt allerdings nicht für die Europawahl: In der gesamten EU ist festgelegt, dass erst ab dem vollendeten 18. Lebensjahr gewählt werden darf.
Wenn ein Deutscher im Ausland lebt oder ein Ausländer in Deutschland, dann muss sich derjenige entscheiden, ob er für das Land, in dem er geboren wurde, oder für das Land, in dem er lebt, wählen möchte. Will man als EU-Ausländer im Land seines Wohnsitzes abstimmen, sind dafür meistens Registrierungen notwendig. Wer in Deutschland wählen will, kann das hier erledigen. Es ist noch bis zum 04. Mai möglich, einen Antrag zu stellen.
Bei der Europawahl werden keine Direktmandate vergeben: Es zählt nur die Verhältniswahl. Dementsprechend haben Wähler auch nur eine Stimme, die sie an eine Partei vergeben können. Da 97 Sitze zu vergeben sind, entspricht ein Prozent der abgegebenen Stimmen in etwa einem Sitz, den man im Europaparlament erhält.
Die Inhalte der Parteien
Zur Europawahl wurden folgende Parteien zugelassen: CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, FDP, Piraten, Bundesvereinigung der Freien Wähler, ÖDP, Familienpartei, Tierschutzpartei, Republikaner, AfD, NPD, CM, PSG, DKP, BüSo, Pro NRW, PBC, AUF, MLPD, Bayern Partei, Volksabstimmung und Die PARTEI.
Ab dem 28. April finden Sie den Wahl-o-maten zur Europawahl auf dieser Website.