Rhein-Neckar, 16. Januar 2013. (red/aw) Seit dem 01. August 2012 sind einige Bundesstraßen im Rhein-Neckar-Kreis für Lkw mit einem Gewicht von über zwölf Tonnen kostenpflichtig. Etwa 100 Millionen Euro Mehreinnahmen jährlich verspricht sich das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) dadurch. Zusätzliche Kosten, die für regionale Speditions-Unternehmen nicht ohne Folgen bleiben.
Von Alexandra Weichbrodt
Der in Weinheim angesiedelte Schnell-Lieferdienst trans-o-flex bekommt die zusätzlichen Kosten bereits fünf Monate nach Einführung der Bundesstraßenmaut zu spüren und muss reagieren. 2013 wird er seine Preise um rund 5,5 Prozent anheben. Neben deutlich höheren Personalkosten seien es vor allem scheinbar kleine Kostenblöcke, die in der Transport- und Logistikbranche zu einer deutlichen Erhöhung der Produktionskosten führen erklärt Oliver Rupps, Sprecher der Geschäftsführung bei der trans-o-flex Logistics Group:
Beispiele sind die drastischen Aufschläge bei Versicherungen, vor allem für Fahrzeuge, die steigenden Energiekosten und neue, zusätzliche Kosten wie die Einführung der Bundesstraßenmaut.
11 Bundesstraßen in Baden-Württemberg sind seit 1. August 2012 kostenpflichtig
84 Bundesstraßenabschnitte, auf rund 1135 Kilometern Bundesstraßen, sind seit dem 1. August des letzten Jahres kostenpflichtig. In Baden-Württemberg sind elf Bundesstraßen betroffen, u.a. die B10, die B27 und die B36. (Alle betroffenen Bundesstraßen können Sie unter www.mauttabelle.de abrufen.)
Die im Rhein-Neckar-Raum liegenden Teile der B36 zwischen Mannheim/Rheinau und Mannheim/Schwetzingen sowie Schwetzingen/Hockenheim bis Hockenheim zwingen Speditionen in der Metropolregion nun also extra zur Kasse.
Die Mautpflicht gilt für Lkw ab einem zulässigen Gesamtgewicht von zwölf Tonnen grundsätzlich auf allen Bundesautobahnen und seit gut fünf Monaten auch auf stark frequentierten Bundesstraßen. Die Einführung des Bundesfernstraßenmautgesetz (BFStrMG) hat bereits 2011 die rechtliche Grundlage dafür geschaffen.
Dabei wurden hauptsächlich Bundesstraßen mautpflichtig, die nach §5 des Bundesfernstraßengesetzes dem Bund als Träger der Straßenbaulast zugeordnet sind. Die Straße muss zwei oder mehr Fahrstreifen je Fahrtrichtung haben und eine Länge von mindestens vier Kilometer aufweisen sowie an eine Bundesautobahn angebunden sein.
30 Milliarden Euro Mauteinnahmen seit 2005
Die Mautsätze sind dabei dieselben wie auf Bundesautobahnen. Die Höhe der Maut setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Relevant sind die auf der kostenpflichtigen Strecke gefahrenen Kilometer, aber auch technische Aspekte, wie die Anzahl der Achsen oder die Emissionsklasse des Fahrzeuges.
Das deutsche Mauterhebungssystem wird von dem privaten Unternehmen Toll Collect GmbH im Auftrag des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) betrieben. In den ersten zwei Wochen nahm das Bundesverkehrministerium mit der Bundesstraßenmaut rund 4,1 Millionen Euro ein. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) erwartet jährliche zusätzliche Einnahmen in Höhe von voraussichtlich 100 Millionen Euro.
Jetzt, nach etwas mehr als fünf Monaten verkündet Toll Collect, dass die Mauterhebung und -abrechnung auf gleich hohem Qualitätsniveau erfolgt wie auf den Autobahnen. Insgesamt hat Toll Collect nach eigenen Angaben in den vergangenen acht Jahren rund 30 Milliarden Euro Mauteinnahmen an den Bund überwiesen.
„Zusätzliche Mittel stärken den Finanzierungskreislauf Straße.“
Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer versprach vor Einführung der Bundesstraßenmaut eine zweckmäßige Verwendung der Mehreinnahmen:
Die zusätzlichen Mittel fließen zweckgebunden in den Ausbau und den Erhalt der Straßeninfrastruktur. Damit stärken wir unseren „Finanzierungskreislauf Straße“.
Bessere, modernere und lärmärmere Straßen würden so für einen deutlichen Wettbewerbsvorteil für den Standort Deutschland sorgen.
Kritische Stimmen und die Befürchtung von einem „Maut-Ausweichverkehr“ wurden vom Bundesverkehrsministerium stets zurückgewiesen, da es sich bei den mautpflichtigen Bundesstraßen ohnehin um Zubringerstrecken zu mautpflichtigen Bundesautobahnen handle.
Der Bund teilte aber mit, dass man die Entwicklung aufmerksam beobachten werde.
„Mautprellerei ist kein Kavaliersdelikt.“
Den Speditionen bleibt meist also gar keine Alternative zu den kostenpflichtigen Bundesstraßen. Auch der Versuch, sich vor der Maut zu drücken, ist keine empfehlenswerte Option. Bundesverkehrsminister Ramsauer erklärt, warum:
Mautprellerei ist kein Kavaliersdelikt. Mit den neuen Geräten schließen wir die Hintertürchen. Die Kontrollen werden noch unvorhersehbarer und effizienter.
Die Einhaltung der Mautpflicht auf Bundesstraßen wird durch das Bundesamt für Güterverkehr mobil kontrolliert, u.a. durch neue portable Geräte, die z.B. auf Brücken aufgestellt werden. Die neuen Strecken wurden von Toll Collect per Mobilfunk auf die „On-Board Units“ der Lkw übertragen. Die Erhebung erfolgt wie auf Bundesautobahnen über Satellit. Zudem wurden die Strecken in das Interneteinbuchungssystem sowie die rund 3.500 Mautstellen-Terminals eingespeist.