Mannheim, 15. März 2018. (red/pro) Die Debatte um eine nachträgliche Entlohnung geleisteter Überstunden durch Feuerwehrbeamte der Stadt Mannheim wurde auf der einen Seite emotional moralisch und auf der anderen juristisch geführt. Eine Lokalzeitung bezeichnet die Stadtverwaltung Mannheim und deren Verwaltungschef Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz als „schäbig“.
Kommentar: Hardy Prothmann
Kann das einer verstehen? Erst verstößt die Stadt über Jahre hinweg gegen geltendes Recht, indem sie die EU-Arbeitszeitrichtlinie ignoriert. Nun argumentiert genau diese Stadtverwaltung mit der Verjährung und glaubt das Recht auf ihrer Seite, um die angefallenen Überstunden nicht bezahlen zu müssen. Formaljuristisch mag man so vorgehen können. Menschlich-moralisch indes ist es schäbig,
kommentiert der Lokalredakteur Peter W. Ragge im Mannheimer Morgen am 20. Februar 2018.
Kann das einer verstehen, ist eine gute Einstiegsfrage. Kann das einer verstehen, was der Mann da schreibt und was er denkt?
„Die Stadt“ hat wie andere Städte auch die Richtlinie nicht ignoriert, sondern es war unklar, wie diese auszulegen sei. Die allermeisten Gerichtsentscheidungen in der Sache fielen erst mehrere Jahre später und teils wird bis heute – wie im vorliegenden Fall – prozessiert.
„Genau diese Stadtverwaltung“ – soll was heißen? Es geht um den Zeitraum 2001-2005. Viele Mitarbeiter „dieser Stadtverwaltung“ sind bereits im Ruhestand, andere neu eingestellt. Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) wurde nach dem streitigen Zeitraum 2007 ins Amt gewählt und ist seitdem Chef der Verwaltung.
„Und glaubt das Recht auf ihrer Seite“ ist zutreffend. Wenn jemand glaubt, im Recht zu sein und nach Recht und Gesetz handeln muss – was bleibt dann vorm Vorwurf übrig?
Man denke das mal weiter: Ist die empörte Forderung tatsächlich, dass sich „diese Stadtverwaltung“ nicht an das Recht halten soll, sondern „willkürlich“ handeln sollte? Meint der Kommentator das tatsächlich ernst oder ist er beim Nachdenken nicht so weit gekommen? Keiner weiß es.
Wer sich nach fundierter Rechtsauffassung am Recht orientiert, handelt menschlich-moralisch „schäbig“?
Was will der Kommentator seiner Leserschaft mitteilen? Weg mit dem schäbigen Rechtsstaat, her mit dem menschlichen Moralstaat?
Weiter setzt der Kommentator die Beamten der Feuerwehr in Gegensatz „zu jenen im Rathaus“. Die einen sind für ihn die, die „das höchste Risiko“ auf sich nehmen, sich fit halten müssen. Und die anderen? Die sind seiner Auffassung nach allesamt schäbig.
Hat sich der Journalist mal kundig gemacht, wie viele Arbeitsstunden ein Oberbürgermeister und seine Kollegen so pro Woche leisten – ohne jeden Ausgleich?
Hat sich der Journalist mal Gedanken gemacht, ob es zielführend ist, auf Basis eines Arbeitsrechtsstreits Mitarbeiter gegeneinander auszuspielen? Was ist das Ziel? Berichterstattung und Kommentierung oder einen Unfrieden durch Vergiftung noch zu vertiefen?
Thematisiert diese Tageszeitung die miesen Zeilenhonorare für die eigenen freie Mitarbeiter? Oder dass die Zeitungsverlage bis heute auf Ausnahmeregelungen gedrungen haben, um ihren Austrägern nicht den Mindestlohn zahlen zu müssen? Ist das menschlich-moralisch in Ordnung? Oder vielleicht „schäbig“?
Wer eine – von wem auch immer definierte – „Moral“ vor Recht und Gesetz setzt, ist kein Journalist, sondern ein Populist. Und zwar einer mit einem schäbigen Verständnis der freiheitlich-rechtlichen Grundordnung. Wer sich dazu noch die Fakten zurechtbiegt oder durch Auslassungen oder falsche Zuordnungen passend macht, betreibt einen schäbigen Populismus.
Dazu gehört auch der Redakteur Thorsten Langscheid, der schreibt, die Stadtverwaltung wolle sich „nicht länger wehren“, Überstunden teilweise zu vergüten. Da ist glatt gelogen. Der Oberbürgermeister hat Medienvertretern dezidiert und unmissverständlich klar gemacht, dass er bei der Rechtsauffassung bleibt, dass die Stadt zur Zahlung nicht verpflichtet ist und er einen finanziellen Schaden für die Stadt abwehren muss.
Im Gegensatz sei der Betriebsfrieden in der Gefahr, beschädigt zu werden. Dies gelte es abzuwägen – und wenn der politische Souverän, der Gemeinderat mehrheitlich die Auffassung vertritt, einem Vergleich zuzustimmen, würde er dem nicht widersprechen. Nicht widersprechen ist nicht gleich, sich nicht mehr wehren. Bis zuletzt hat der OB seinen Standpunkt vertreten und die Aussage „wir wehren uns nicht mehr“, ist auch nicht ansatzweise gefallen.
Es ist auch nicht „die Stadtverwaltung“, die agiert, sondern es sind der Oberbürgermeister als Verwaltungsleiter und dessen Kämmerer Christian Specht (CDU), die als verantwortliche Bürgermeister einen Sachverhalt aufgearbeitet haben und zu einer verantwortlichen Haltung gelangt sind. Die sehr komplexe Sachlage wurde tiefgreifend geprüft und auch, ob es einen Ausweg gibt. Der wurde gefunden – sonst hätte der OB es gerichtlich entscheiden (lassen müssen).
Wenn verantwortliches Handeln öffentlich als „schäbig“ bezeichnet wird und wenn Tatsachen verdreht und erfunden werden, bewegt sich gewisse Mitarbeiter dieser Zeitung auf dem Niveau von Hetzern und Scharfmachern.
Das ist schäbig. Und zwar nicht moralisch, sondern konkret.