Mannheim/Rhein-Neckar, 15. Mai 2014. (red/ms) Im Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder von Gabriele Z. sollten seine Brüder als Zeugen aussagen. Bislang konnte das aber nur einer machen, weil der andere „unauffindbar“ gewesen sein soll. Nun gelang es einer Dolmetscherin, ihn ausfindig zu machen – indem sie eine Nummer anrief, die auch in der Akte vorhanden ist. Der Bruder sagte jedoch aus, er wolle keine Angaben machen. Deswegen wird er jetzt gar nicht erst als Zeuge geladen.
Von Minh Schredle
Der Angeklagte Emil S. hat sechs Geschwister. Von seinen vier Brüdern leben derzeit zwei in Deutschland. Einer davon wohnt in Mannheim und wurde bereits vom Gericht als Zeuge geladen. Er machte vom Schweigerecht Gebrauch.
Der andere war bis vor kurzem unauffindbar. Das Gericht war nicht in der Lage, seine Adresse zu ermitteln – obwohl seine Handynummer in der Akte vorhanden ist. Eigentlich hätte er schon im Polizeipräsidium Mannheim verhört werden sollen. Aber dazu ist es nie gekommen.
Ein Anruf reichte aus
Der Bruder sagte, er habe mit finanziellen Problemen zu kämpfen und könne sich eine Zugfahrt nicht leisten. Die Polizei legte ihm die Kosten nicht aus, daher kam er nicht nach Mannheim. Er wurde aber über eine Dolmetscherin telefonisch befragt. Dabei wurden offenbar Fehler bei der Belehrung gemacht.
Die besagte Dolmetscherin wurde als Zeugin vom Gericht befragt. Sie sagte, sie wisse nicht, wo sich der Bruder derzeit befinde. Der vorsitzende Richter Dr. Ulrich Meinerzhagen forderte sie dazu auf, zu versuchen, den Bruder telefonisch zu erreichen. Das tat sie dann auch unverzüglich noch im Gerichtssaal.
Sie war selbst ein bisschen perplex, als tatsächlich jemand abnahm. Sie fragte den Richter, was sie denn nun sagen sollte. Der wollte wissen, wo er sich befindet und ob er bereit ist auszusagen.
Keine fünf Minuten
Der Bruder erinnerte sich scheinbar an die Dolmetscherin und teilte ihr mit, dass er derzeit in Duisburg wohne. Durch das Telefonat konnte ebenfalls seine aktuelle Adresse ermittelt werden. Das dauerte keine fünf Minuten – das Gericht hat es in mehreren Monaten nicht geschafft. Sonderlich schwer war es nicht.
Er wolle auf gar keinen Fall als Zeuge aussagen, teilt die Dolmetscherin mit. Ebenso wenig sei er damit einverstanden, dass seine telefonische Vernehmung vom vergangenen Oktober in die Beweisaufnahme einfließen darf.
Richter Meinerzhagen bemängelte, ein Telefonat sei eine sehr unsichere Identifikationsmethode. Aber die Dolmetscherin gab an, sich absolut sicher zu sein, dass es die richtige Stimme war. Auch habe er auf ein paar Details angespielt, die andere Menschen kaum kennen könnten.
Schlampige Sicherheitskontrolle
Nach dem Telefonat sagte der vorsitzende Richter:
Da der Kontaktierungstelefonat erfolgreich verlief, will ich über den Umstand hinweg sehen, dass sie verbotenerweise ein Mobiltelefon im Gerichtssaal mitgeführt haben.
An sich ist es keine große Sache gewesen, dass die Zeugin ihr Telefon dabei hatte. Außerdem ist sie bei Gericht gut bekannt. Allerdings sollte es etwas nachdenklich machen, wie sie es durch die Sicherheitskontrollen geschafft hat – schließlich gab es eine Morddrohung gegen die Verteidiger des Angeklagten. Da könnte man mehr Sorgfalt erwarten.