Mannheim, 15. November 2017. (red/pm) Es gibt neue Erkenntnisse zu den per- und polyfluorierten Chemikalien-Belastungen im Mannheimer Norden. Insgesamt sind 244 von den 317 Hektar untersuchten Flächen als belastet einzustufen. Die aktuellen Untersuchungen zeigen eine wesentlich größere Flächenbelastung als nach den bisherigen Befunden zu vermuten war.
Information der Stadt Mannheim:
“Im Jahr 2015 wurde bekannt, dass im Mannheimer Norden Ackerflächen mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastet sind.
Seit Kenntnis über die PFC-Belastung hat der Fachbereich Grünflächen und Umwelt für rund 317 Hektar Fläche Bodenproben in Auftrag gegeben. Auch 56 Beregnungsbrunnen in dem betroffenen Gebiet und das Grundwasser wurden beprobt. In diesem Jahr wurden auf einem Teil der Ackerflächen weitere Proben genommen. Die Ergebnisse dieser jüngsten Bodenproben liegen nun vor.
Ergebnisse der Untersuchungen zur PFC-Belastung
Insgesamt stellt sich der aktuelle Stand wie folgt dar: Von den 317 Hektar untersuchten Flächen sind rund 244 Hektar als belastet einzustufen. Spuren von PFC lassen sich auf nahezu allen Flächen nachweisen. Von den 56 Beregnungsbrunnen sind 16 als belastet (Quotientensumme größer 1) einzustufen. In zwei Brunnen konnten keine PFC-Spuren nachgewiesen werden. In den übrigen 38 Brunnen wurde PFC nachgewiesen (Quotientensumme kleiner 1). Aufgrund der Ergebnisse hat die Landwirtschaftsverwaltung mit den Landwirtinnen und Landwirten verbindliche Regelungen für die Bewässerung mit belastetem Brunnenwasser vereinbart.
Bei einer Quotientensumme kleiner oder gleich 1 ist nicht von einer schädlichen Veränderung des Wassers auszugehen. Eine Quotientensumme größer 1 bedeutet nicht automatisch eine Gefährdung für betroffene Schutzgüter, sondern dient als Schwellenwert, ab dem die Bodenschutzbehörden nähere Untersuchungen anstellen muss.
Belastung durch Kompost
Die aktuellen Untersuchungen zeigen eine wesentlich größere Flächenbelastung als nach den bisherigen Befunden zu vermuten war. Der Verdacht, dass nur Flächen betroffen sind, die zwischen 2006 und 2008 mit entsprechendem Kompost behandelt wurden, hat sich nicht bestätigt. Die Belastung erstreckt sich auch auf Flächen, auf denen nach 2008 Kompost ausgebracht wurde, der vermutlich mit Papierschlämmen vermischt war. Somit sind nun erweiterte Untersuchungen erforderlich.
Die landwirtschaftliche Nutzung aller bisher untersuchten Flächen ist weiterhin möglich. Die Landwirtinnen und Landwirte im betroffenen Gebiet werden in mehreren Veranstaltungen mit Vertretern des Regierungspräsidiums, der Landwirtschaftsverwaltung und der Lebensmittelüberwachung über die Untersuchungsergebnisse und die Bewirtschaftungsrichtlinien informiert.
Die Bodenproben und deren Bewertung erfolgten durch das Ingenieurbüro Arcadis aus Karlsruhe im Auftrag der Stadt Mannheim.
Vor-Ernte-Monitoring
Im Rahmen eines vom Ministerium für Ländlichen Raum finanzierten Projektes führt das Amt für Landwirtschaft und Naturschutz Sinsheim seit 2015 ein so genanntes Vor-Ernte-Monitoring durch. Im Rahmen dieses Monitorings werden Erzeugnisse von den mit PFC belasteten Ackerflächen rechtzeitig vor der Ernte geprüft.
Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg (LTZ) untersucht die Pflanzenproben auf ihre Gehalte an verschiedenen PFC-Verbindungen. Liegen die Ergebnisse über den vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz festgelegten Beurteilungswerten, darf das Erzeugnis nicht als Lebensmittel vermarktet werden. Beim diesjährigen Vor-Ernte-Monitoring konnte man bei zwei der untersuchten Pflanzenproben einzelne Werte oberhalb der Beurteilungswerte feststellen, daher konnten die Produkte nicht als Nahrungsmittel vermarktet werden.
Das Vor-Ernte-Monitoring der Landwirtschaftsverwaltung in Sinsheim soll auch künftig fortgeführt werden.
Verschlechterung des Grundwassers
Im Vergleich zu den Untersuchungen aus 2015 und 2016 zeigt sich eine Verschlechterung der Grundwasserbeschaffenheit. Der Anstieg der Werte kann auf eine insgesamt ansteigende Grundwasserverunreinigung oder auf jahreszeitliche Einflüsse mit schwankenden Schadstoffeinträgen hindeuten. Die Stadt Mannheim hat ein Abstimmungsgespräch mit dem Beregnungsverband Sandhofen, der Gesundheits- und der Landwirtschaftsverwaltung initiiert, um auszuloten, wie die Bewässerung langfristig sichergestellt werden kann.
Die MVV fördert im Untersuchungsgebiet kein Trinkwasser. Dennoch überwacht sie weiterhin hinsichtlich PFC. Bisher gab es keine Auffälligkeiten.
Weitere Schritte
Die zuständigen Verwaltungsstellen beraten im Rahmen der Sitzung der Altlasten-Bewertungskommission des Landes Baden-Württemberg am 15. November 2017 zusammen mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe und der Landwirtschaftsverwaltung welche weiteren Maßnahmen erfolgen müssen.
Der Fachbereich Grünflächen und Umwelt ist als Untere Bodenschutzbehörde der Stadt Mannheim unmittelbar für die belasteten Flächen zuständig und befindet sich in engem Kontakt mit dem Umweltministerium und dem Regierungspräsidium und nimmt an den regelmäßigen Arbeitsgruppensitzungen zur PFC-Schadstoffsituation teil. Die Staatsanwaltschaft Mannheim wird ebenfalls regelmäßig über den Sachstand informiert und ermittelt weiterhin gegen Unbekannt.
PFC sind künstlich hergestellte Stoffe, die wegen ihrer wasser-, schmutz- und fettabweisenden Eigenschaften als Imprägniermittel für Outdoorbekleidung verwendet werden, sowie beispielsweise auch für schmutzabweisende Polstermöbel oder antihaftbeschichtetes Kochgeschirr.”