Landau/Südwesten, 15. September 2016. (red/cr) Woche für Woche arbeitet man für einen guten Zweck. Gemeinsam hilft man anderen. Und dann kommt ein Bescheid, man solle über 100.000 Steuern nachzahlen. So ging es einem Verein in Landau. Trotz Ehrenamt. Trotz gutem Zweck. Warum das so ist, wann Vereine warum welche Steuern zahlen und wie man sich als Ehrenamtler vor solchen bösen Überraschungen schützen kann.
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Von Christin Rudolph
Organisieren, Spenden annehmen, sortieren, reinigen, einsortieren. Ehrenamtlicher Einsatz für ein gemeinsames Ziel: Menschen helfen. Ihr Leben besser machen.
Teilweise opfern ehrenamtliche tätige Menschen seit Jahren große Teile ihrer Freizeit für ihre Projekte. Der Freundeskreis Ruhango-Kigoma in Landau unterstützt seit über 30 Jahren Landaus Partnerstadt Kigoma im afrikanischen Ruanda durch verschiedene Projekte.
Sehr erfolgreich. Am erfolgreichsten mit dem mittlerweile sehr großen wöchentlichen Ruhango-Flohmarkt, auf dem verschiedenste Sachspenden verkauft werden: Von Büchern, Spielsachen, Haushaltsgegenständen, Elektroartikeln, CDs und DVDs bis hin zu Kleidern und Taschen.
102.000 Euro “abgeben”
Gebrauchtes zu günstigen Preisen. Der Erlös kommt den Bewohnern von Kigoma zugute.
Doch der Feuereifer der Ehrenamtlichen für den gute Zweck wird gedämpft – und zwar durch das Finanzamt.
Eine Sprecherin des Finanzministeriums Rheinland-Pfalz bestätigte auf Anfrage einen Bericht der Rheinpfalz, demnach der Verein für die Jahre 2012 bis 2014 Umsatz-, Körperschafts- und die kommunale Gewerbesteuer nachzahlen muss. Und zwar in Höhe von 102.000 Euro.
Muss das so sein?
Die Ehrenamtlichen des Freundeskreises reagierten geschockt und haben dafür kein Verständnis. Es sollte doch am besten jeder Cent nach Kigoma gehen.
Aber wie sieht die Gesetzeslage aus, auch in Baden-Württemberg? Was muss man als Ehrenamtlicher beachten, um nicht ähnlichen Forderungen ausgesetzt zu sein? Und wo bekommt man Hilfe zu all den Zahlen und Regelungen?
Grundvoraussetzung ist die Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung. Ist die nicht gegeben, gelten die allgemeinen steuerlichen Regelungen. Eingetragene Vereine, kurz e. V.s, können als gemeinnützig anerkannt und damit grundsätzlich von der Steuer befreit werden.
Eine Frage der Definition
Wenn der Verein jedoch “wirtschaftlich tätig ist” und die Bedingungen für einen sogenannten steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 65 AO nicht erfüllt sind, muss er aus Wettbewerbsgründen wie jedes andere Unternehmer besteuert werden. Alles andere wäre sonst aus steuerlicher Sicht eine Wettbewerbsverzerrung.
Im konkreten Fall des Flohmarkt in Landau heißt das: Theoretisch könnte der Verein mit dem Flohmarkt gemeinnützige Zwecke im Rahmen eines Zweckbetriebs verfolgen, da Entwicklungshilfe als gemeinnützig gilt. Allerdings muss ein Zweckbetrieb wettbewerbsneutral sein.
Da Flohmärkte und Gebrauchtwarenhandel aber auch von gewerblichen Unternehmen betrieben werden, bildet der Flohmarkt des Freundeskreises aus steuerlicher Sicht eine Konkurrenz. Den Flohmarkt der Ehrenamtlichen von Steuern zu befreien würde also den Wettbewerb verzerren.
Eigener Erfolg bremst aus
Generell gelten dabei für Vereine “großzügige Freigrenzen”, wie es das Finanzministerium Rheinland-Pfalz ausdrückt:
Diese Freigrenzen liegen bei 35.000 Euro bei der Ertragsteuer und bei 17.500 Euro bei der Umsatzsteuer.
Das ist der Grund, warum der Fall in Landau so besonders ist. Die meisten Vereine erreichen diese Freigrenzen schlicht nicht.
Ob es ähnliche Fälle gab und gibt, dazu konnten die Finanzministerien von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg keine Angaben machen. Denn das fällt unter das Steuergeheimnis.
Tipps, damit Ihnen das nicht “passiert”
Der Ruhango-Flohmarkt ist jedoch definitiv mit den Jahren so stark gewachsen und erfolgreich geworden, dass diese Summen überschritten wurden. Damit Ihnen und Ihrem Verein Ihr Erfolg nicht ebenfalls zum finanziellen “Verhängnis” wird, hier Tipps des Ministeriums für Finanzen Baden-Württemberg:
- In seiner Broschüre “Steuertipps für gemeinnützige Vereine” gibt es Hilfestellung zu den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen von solchen Aktivitäten.
- Außerdem gebe es bei jedem Finanzamt in Baden-Württemberg einen Vereinsbeauftragten, der im Rahmen des rechtlich möglichen Vereinen zur Seite stehen kann. Das Finanzministerium weist hier drauf hin, dass das Steuerberatungsgesetz eine konkrete Gestaltungsberatung verbietet – die muss ein Steuerberater machen.
- Wer also “umfangreiche und andauernde Aktivitäten” wie in Landau plant, sollte im Vorfeld einen Steuerberater oder eine Steuerberaterin kontaktieren, um “böse Überraschungen” zu vermeiden.