Heidelberg, 14. November (red/pm) Eine große Literatin, zwei Komponistinnen, eine Ärztin und eine mutige und auch gegenüber dem Nationalsozialismus unbeugsame Fürsorgeschwester: Sie alle gehören mit zu den Namenspatinnen für elf Straßen und Plätze im künftigen Hospital-Quartier in Rohrbach.
Information der Stadt Heidelberg:
Eine große Literatin, zwei Komponistinnen, eine Ärztin und eine mutige und auch gegenüber dem Nationalsozialismus unbeugsame Fürsorgeschwester: Sie alle gehören mit zu den Namenspatinnen für elf Straßen und Plätze im künftigen Hospital-Quartier in Rohrbach. Das ehemalige US-Areal wird derzeit federführend von der GGH Heidelberg zu einem neuen Wohnquartier mit rund 600 Wohnungen entwickelt. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 12. November zugestimmt, dass folgende Namen für die Straßen, Wege und Plätze vergeben werden:
- Mendelejewplatz: Er ist benannt nach Dimitri Iwanowitsch Mendelejew (1834–1907). Der russische Chemiker und Begründer und Entdecker des Periodensystems der Elemente gilt als einer der berühmtesten Naturwissenschaftler aller Zeiten. 1860/61 studierte Mendelejew Chemie in Heidelberg bei Robert Bunsen und Gustav Robert Kirchhoff.
- Ossip-Mandelstam-Straße: Der in Warschau geborene und als Verfolgter des Stalin-Regimes im Gulag bei Wladiwostok verstorbene Dichter Ossip Emiljewitsch Mandelstam (1891-1938) zählt zu den bedeutendsten Dichtern des 20. Jahrhunderts. Während seines Studienaufenthalts an der Universität in Heidelberg vom Oktober 1909 bis März 1910 entstanden 40 Jugendgedichte, die in der Übersetzung des Heidelberger Schriftstellers Ralph Dutli 2015 veröffentlicht wurden.
- Hilde-Domin-Straße: Die international renommierte Schriftstellerin Hilde Domin (1909 – 2006) wurde in Köln als Hildegard Dina Löwenstein geboren, hieß verheiratet Hilde Palm und lebte ab 1961 bis zu ihrem Tod in Heidelberg, wo sie bereits zwischen 1929 und 1932 zeitweilig studiert und ihren Ehemann Erwin Walter Palm kennengelernt hatte. Ihre Gedichte wurden in mehr als 26 Sprachen übersetzt. 2004 wurde ihr die Ehrenbürgerwürde der Stadt Heidelberg verliehen.
- Golo-Mann-Straße: Sie wurde benannt nach dem Historiker Golo Mann (1909–1994). Der Sohn des berühmten Schriftstellers Thomas Mann hatte ab 1929 in Heidelberg studiert und wurde bei Karl Jaspers mit einer Arbeit über Hegel promoviert, bevor er während der NS-Zeit in die USA emigrieren mußte. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland entwickelte er sich zu einem der populärsten und wirkungsmächtigsten Historiker.
- Clara-Schumann-Weg: Die berühmteste Klaviervirtuosin und Komponistin der Romantik, Clara-Schumann (1819-1896), gab über 1300 Konzerte in ganz Europa. Sie war mit dem Komponisten Robert Schumann verheiratet. Seit den 1850er-Jahren war Clara Schumann zu Konzerten oder auf der Durchreise immer wieder besuchsweise in Heidelberg.
- Fanny-Hensel-Weg: Der Taufname der Namenspatin Fanny Hensel (1805-1847) hat einen großen Klang: Fanny Cäcilie Mendelssohn Bartholdy. Die ältere Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy schrieb über 450 Kompositionen – allerdings verbot ihr der eigene Vater trotz ihres großen Talents, Musik als Beruf anzustreben, während ihr Ehemann Wilhelm Hensel sie förderte. Kompositionen unter ihrem Namen wurden erst 1846, kurz vor ihrem plötzlichen Tod, gedruckt.
- Marie-Marcks-Straße: Die gebürtige Berlinerin Marie Marcks (1922-2014) lebte jahrzehntelang in Heidelberg. Anfang der 1960er Jahre begann sie, Karikaturen zu veröffentlichen, wobei sie sich im Laufe der Zeit auf Themen aus dem gesellschaftspolitischen und feministischen Bereich spezialisierte. Damit wurde sie eine der bedeutendsten Karikaturistinnen der Bundesrepublik Deutschland. 1995 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Zwei Jahre nach ihrem Tod wurde eine Schule in Heidelberg nach ihr benannt.
- Hanna-Nagel-Straße: Sie ist benannt nach Hanna Nagel (1907-1975), einer Heidelberger Graphikerin, Zeichnerin und Buchillustratorin. In ihren zunächst satirisch anmutenden, später „traumdunklen“ Arbeiten dominiert die weibliche Figur, in der sich die Künstlerin als Frau in vielfachen Rollen und Selbstentwürfen kritisch reflektiert.
- Marie-Clauss-Straße: 1922 eröffnete Marie Clauss (1882-1963) eine medizinische Praxis in der Gaisbergstraße in Heidelberg. Zu ihren Patienten zählten auch zahlreiche verfolgte Juden. Clauss leistete ihnen vielfältige Hilfe. So konnte die Deportation von Liese Hachenburg, der Tochter des bekannten Mannheimer Rechtsanwalts und Hochschullehrers Prof. Max Hachenburg, durch die Unterbringung in wechselnden Wohnungen bis 1943 hinausgezögert werden.
- Katharina-von-Künßberg-Platz: Er ist benannt nach Katharina Freifrau von Künßberg (1883-1978). Die promovierte Naturwissenschaftlerin war Mutter von fünf Kindern und engagierte sich in der Frauenbewegung. Nach dem Tod ihres Mannes Eberhard von Künßberg 1942 drohte ihr als Jüdin die Deportation, so dass sie sich jahrelang verstecken musste. Nach dem Krieg kehrte sie nach Heidelberg zurück und engagierte sich wieder im sozialen Bereich. Sie gründete die Eberhard-von-Kuenssberg-Stiftung, war Gründungsmitglied des Deutschen Frauenrings, erste Präsidentin des Deutsch-amerikanischen Frauenklubs und arbeitete im Deutschen Akademikerinnenbund mit.
- Therese-Wiesert-Straße: Die Namenspatin Therese Wiesert (1893-1990) war ab 1921 bis zu ihrer Pensionierung Fürsorgeschwester der Stadt Heidelberg und setzte sich vor allem für die Mütterberatung und Säuglingspflege insbesondere in den einfachsten Quartieren der Heidelberger Altstadt ein. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten hielt sie trotz Denunziationsversuchen und einem Disziplinarverfahren an ihrer kritischen Einstellung fest, setzte ihre Kontakte mit jüdischen Familien gegen Verbote fort und unterstützte Pfarrer Hermann Maas. So schmuggelte sie seine Briefe, die nicht in die Hände der Gestapo fallen durften, nach London.“