Rhein-Neckar, 14. August 2012. (red/pm) Die Metropolregion Rhein-Neckar (MRN) ist in den vergangenen fünf Jahren familienfreundlicher geworden und schneidet auch im bundesweiten Vergleich sehr gut ab. Zu diesem Ergebnis kommt die heute bei der IHK Rhein-Neckar in Mannheim vorgestellte Vereinbarkeitsstudie 2012, die vom Forum „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ der MRN GmbH in Auftrag gegeben wurde.
Information der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH:
„83% der insgesamt 585 befragten Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen aus der Region mit mehr als zehn Beschäftigten sehen sich inzwischen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Pflicht.
Fast alle befragten Arbeitgeber (99,7%) bieten mindestens eine Maßnahme in diesem Bereich an. Bei mehr als jedem zweiten Arbeitgeber sind es inzwischen über 10 Maßnahmen. Besonders große Fortschritte im Vergleich zu 2007 wurden zum Beispiel bei der Mitnahme des Kindes an den Arbeitsplatz gemacht, die 57% der befragten Unternehmen erlauben (2007: 11%).
Etwas weniger verbreitet sind derzeit noch die Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Hier bieten aktuell 86% der befragten Betriebe mindestens eine Maßnahme an, etwa Sonderurlaub. Bei vielen Arbeitgebern besteht angesichts der demografischen Entwicklung zudem die Bereitschaft, ihre Angebote künftig weiter auszubauen.
„Wer Angebote schafft, um Berufs- und Familienleben besser zu vereinbaren, ist klar im Vorteil. Die Vereinbarkeitsstudie macht deutlich, dass die Region auch im bundesweiten Vergleich bereits sehr gut da steht. Es wird aber auch sichtbar, dass bei der Ganztagesbetreuung und der Wohnortungebundenheit aus Sicht der Wirtschaft großer Handlungsbedarf besteht“, so Dr. Gerhard Vogel, Präsident.
Angebote der Arbeitgeber analysiert
Im Fokus der Erhebung standen auch 2012 die Angebote der Arbeitgeber für ihre Beschäftigten. Abgefragt wurden insgesamt 39 Vereinbarkeits-Maßnahmen. Durchschnittlich werden davon zwölf je Unternehmen angeboten. Die Anzahl steigt mit Betriebsgröße und guter wirtschaftlicher Situation. Positiv auf das Angebot wirkt sich zudem der Frauenanteil in der Belegschaft aus. Insgesamt ist die Angebotsdichte im öffentlichen Bereich, der erstmals Teil der Erhebung war, etwas höher als in der Privatwirtschaft.
„Auch die öffentliche Verwaltung sieht sich mit dem Fachkräftemangel konfrontiert und muss als Arbeitgeber attraktiver werden. Zudem müssen Kommunen für eine gute Betreuungsinfrastruktur sorgen, wenn sie als attraktive Standorte wahrgenommen werden möchten“, sagt Theo Wieder, Oberbürgermeister der Stadt Frankenthal und Thementreiber für Vereinbarkeit im ZMRN-Vorstand.
MRN teils deutlich über Bundesdurchschnitt
Auch bundesweit schneidet die MRN sehr gut ab: Für zwölf abgefragte Maßnahmen liegen Vergleichswerte des Bundesfamilienministeriums vor. In allen Fällen rangiert die MRN teils deutlich über Durchschnitt.
Besonders gut sind die Unternehmen in der MRN, wenn es z.B. darum geht, bei der Urlaubsplanung Rücksicht auf die Bedürfnisse von Familien zu nehmen, flexible Arbeitszeitmodelle umzusetzen oder den Kontakt während der Elternzeit zu halten.
Studie zeigt regionalen Handlungsbedarf auf
Trotz großer Fortschritte in den vergangenen Jahren zeigt die neue Vereinbarkeitsstudie auch weiteren Handlungsbedarf auf. Familienaufgaben – sei es die Betreuung von Kindern oder von pflegebedürftigen Angehörigen – werden noch immer hauptsächlich von Frauen wahrgenommen (89%).
Zwar hat sich der Anteil der Männer, die familienbedingt pausieren, im Vergleich zur ersten Befragung im Jahr 2007 nahezu auf 11% verdoppelt. Die Auszeit bleibt in der Regel jedoch auf die beiden Pflichtmonate im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zur Elternzeit beschränkt. Nur jeder dritte Betrieb begrüßt es, wenn Männer in Teilzeit arbeiten.
Dringender Verbesserungsbedarf wird auch beim Ausbau der Betreuungsinfrastruktur gesehen. Neben persönlichen Motiven nennen 41% der Arbeitgeber das Fehlen geeigneter Betreuungsmöglichkeiten als wichtigsten Hinderungsgrund für eine Rückkehr ihrer Beschäftigten an den Arbeitsplatz. Zwei Drittel der Befragten messen der Ganztagesbetreuung – sowohl von Klein- als auch Schulkindern – höchste Priorität bei.
Eng damit verwoben ist die Forderung nach der Wohnortungebundenheit, die 46% anmahnen. Als ausbaufähig erachtet werden zudem die gleichzeitige Berufsorientierung von Paaren (Dual Career) und der Ausbau von Internationalen Schulen.
Forum Vereinbarkeit will weiter sensibilisieren
„Die Zahlen belegen, dass bei vielen Betrieben ein Umdenken eingesetzt hat und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zum festen Bestandteil der Unternehmenskultur wird“, so Wolf-Rainer Lowack, Geschäftsführer der MRN GmbH. Diesen Bewusstseinswandel innerhalb der MRN weiter voranzutreiben, ist Aufgabe des Forums „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ der MRN GmbH, in dem sich aktuell über 500 Mitglieder aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung engagieren. Das Netzwerk sorgt für den regionalen Informations- und Wissensaustausch.
Darüber hinaus fließt das Know-how in eigene Projekte wie das „Kompetenztraining Pflege“ oder den Lehrbaustein „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ ein.
Künftig wird sich das Forum verstärkt auch der Nachmittagsbetreuung von Schulkindern widmen. Derzeit läuft eine regionale Bestandsaufnahme, um darauf aufbauend einen Praxisleitfaden für Kommunen und Anbieter zu entwickeln.
Die Ergebnisse der Vereinbarkeitsstudie 2012 im Einzelnen:
- Im Bereich „Arbeitszeit-/ort“ haben 95% der Betriebe min-destens ein Angebot für Eltern im Portfolio; durchschnittlich sind es drei. Am weitesten verbreitet ist die „Teilzeit auf Zeit“, die inzwischen acht von zehn Arbeitgebern anbieten (82%; 2007: 60%). An zweiter Stelle folgen mit 79% „Flexible Arbeitszeitmodelle“ (2007: 68%), die zugleich auch am häufigsten von Eltern in Anspruch genommen werden (73%).
- Sieben von zehn Unternehmen (69%) bieten mindestens ein „Angebot für Beschäftigte mit Kindern“. In jedem zweiten Betrieb ist z.B. die Mitnahme des Kindes an den Arbeitsplatz erlaubt (53%). 2007 war dies gerade einmal in jedem zehnten Unternehmen möglich (11%). 41% der Eltern nehmen dieses Angebot aktuell in Anspruch. Mit deutlichem Abstand folgen die Unterstützung bei der Suche nach einem Betreuungsplatz (29%; 2007: 17%) sowie die finanzielle Förderung der Kinderbetreuung (16%; 2007: 13%). Deutliche Verbesserungen, wenn auch auf insgesamt niedrigen Niveau, gab es im Vergleich zu 2007 bei der Vermittlung von Tageseltern, bei der Ferienbetreuung und bei den Belegplätzen in örtlichen Betreuungseinrichtungen.
- Im Bereich der „Elternförderung“ bieten drei Viertel der befragten Arbeitgeber mindestens eine Maßnahme an (73%). Spitzenreiter sind Kontakthalteprogramme während (47%) und Wiedereinstiegsprogramme nach der Familienzeit (46%). Beide Maßnahmen wurden auch 2007 am häufigsten angeboten, allerdings noch auf einem deutlich niedrigeren Niveau (32% bzw. 26%). Große Fortschritte wurden auch bei den Fortbildungsangeboten während der Familienzeit (34%; 2007: 11%), dem Elternzeitangebot für Väter (23%; 2007: 7%) und bei speziellen, über das gesetzliche Maß hinausgehenden Regelungen zur Elternzeit gemacht (17%; 2007: 9%).
- Bei den „allgemeinen Maßnahmen“ für mehr Familien-freundlichkeit in Unternehmen werden durchschnittlich sechs Maßnahmen offeriert. An der Spitze steht die familienbewusste Urlaubs- und Terminplanung (97%), die auch von nahezu allen Eltern genutzt wird. Ebenfalls angeboten und gut genutzt werden etwa der betriebliche Ansprechpartner für Eltern (87%), individuelle Vereinbarungen für Eltern (85%) oder Sonderurlaub für familiäre Verpflichtungen (82%).
- Erstmals in die Erhebung aufgenommen wurde 2012 der Themenkomplex „Beruf und Pflege“. 86% der befragten Ar-beitgeber haben für ihre Beschäftigten mindestens ein Ange-bot in diesem Bereich, maßgeblich bestimmt durch die ge-setzlichen Vorgaben. Freistellungen für Pflegeaufgaben (mehrmonatiger unbezahlter Urlaub) bieten 67% an. Jedes zweite Unternehmen (52%) gewährt Sonderurlaub zur Angehörigenpflege; jedes Dritte stellt Informationsmaterialen bereit (31%). Nachrangig sind die Unterstützung bei der Suche nach Pflegeplätzen oder Pflegekräften.“