Mannheim/Rhein-Neckar, 13. Januar 2012 (red/pm) Angeblich soll eine Firma aus Sachsen für die Vernichtung von vier Hektar Biotop verantwortlich sein. Der BUND kritisiert eine „illegale Naturzerstörung“ und fordert Aufklärung. Es gibt viele offene Frage – beispielsweise, wer verantwortlich ist.
Von Hardy Prothmann
An der Riedspitze in Mannheim-Sandhofen, wo sich bis vor kurzem noch am Rhein ein naturbelassenes Biotop befunden hat – türmen sich entlang des Geländes gerodete Bäume und anderes Gehölz. Niedergemacht und zur Seite geschoben.
Tiefe Spuren im Matsch zeigen, dass hier zuvor großes Gerät gewirkt hat, um das Biotop platt zu machen.
Große Eile – schlampige Verlegung.
Auf der Fläche von rund vier Hektar sind rund 8.500 Solarpanele schlampig verlegt – das ergibt eine Kapazität von rund zwei Megawatt.
Der Boden ist nicht überall plan, so werfen sich die Panele wellig auf.
Es sieht aus, als seien hier ohne Sorgfalt „Fakten geschaffen“ worden. Es sieht so aus, als sollten noch weitere Panele verlegt werden. Insgesamt sollen hier 2,5 Megawatt erzielt werden.
Die Panele glänzen wie eine Plane in der untergehenden Sonne. Aus jedem Panel kommen zwei Kabel, über die sie angeschlossen werden sollen. Im Dreck liegen die Rollen der Folien, auf denen die Panele ausgelegt worden sind. Überall liegen Plastikkappen – vermutlich Kantenschützer. In einem Teil des Geländes türmen sich Paletten, auf denen die Panele vermutlich herantransportiert worden sind.
In diesem Gebiet haben zuvor Rehe Schutz gefunden, die bei unserem Eintreffen schnell zwischen den Restbäumen verschwinden. Zwischen den Panelen entdecken wir ein totes Reh. Woran ist es eingegangen? Auch seltene Eidechsen seien hier zu finden gewesen. Das Biotop war ein Habitat für Vögel.
„Ungeheuerlicher Vorgang.“
Wer auch immer für die aus Sicht des BUND illegale Rodung verantwortlich ist – er hatte es sehr eilig. Irgendwann um Weihnachten herum soll es passiert sein. Zunächst unbemerkt. Dann fragte jemand beim BUND nach, „was denn da los ist“.
Für die Arbeiten im Außenbereich lag nach Angaben des BUND keine Baugenehmigung vor. Angeblich habe die Stadt Mannheim bereits Anzeige erstattet – das will auch der BUND tun.
Die Hafengesellschaft hält sich nach Angaben des BUND bedeckt und will von nichts wissen. Angeblich soll es einen Nutzungsvertrag mit der sächsischen Firma geben, so unsere Recherchen – unterschrieben sei der aber noch nicht.
Die Firma sei nicht erreichbar.
Matthias Weyland, Regionalgeschäftsführer beim BUND erkärt dazu:
„Der Vorgang ist ungeheuerlich und gleicht einem Krimi mit vielen Fragezeichen. Derzeit bemühen wir uns, die einzelnen Puzzlesteine in die richtige Ordnung zu bringen. Die Frage ist vor allem, wer zu welchem Zeitpunkt von dem Projekt wusste.“
Der Umweltverband forderte alle Beteiligten, vom Investor über die Hafengesellschaft Mannheim als Grundstücksverwalter, die MVV Energie AG und die Stadt Mannheim dazu auf, den Vorgang lückenlos aufzuklären und transparent zu machen.
Gabriele Baier, Diplom-Biologin und Vorsitzende beim BUND Mannheim sagt:
„Keineswegs darf die Rodung im Nachhinein legalisiert oder gar als Gewerbefläche ausgewiesen werden. Stattdessen muss, gemeinsam mit den Umweltverbänden, ein nach naturschutzfachlichen Maßstäben bestmögliches Entwicklungskonzept für die Fläche erarbeitet und umgesetzt werden!“
Wir befragen einen Rentner, der mit dem Fahrrad des Weges kommt, ob er die Rodungen bemerkt hat:
Das muss um so um Weihnachten gewesen sein. Mal ehrlich, das Gestrüpp ist doch egal, hier gibts genug davon. So wird das Gelände doch für den Fortschritt genutzt.
Sollte die Rodung des Biotops illegal gewesen sein – würde das auch bedeuten, dass auf der „Fortschritt“ illegal ist? Wir stellen dem alten Mann die Frage nicht, um ihn nicht zu überfordern. Er fährt langsam auf seinem Fahrrad weiter.
Mitarbeit: Jörg Theobald
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