Mannheim/Rhein-Neckar, 14. Januar 2015. (red/ms) Am kommenden Samstag wird die Veranstaltung “Mannheim sagt Ja zu Flüchtlingen” stattfinden – ein Bekenntnis zu Offenheit und Toleranz und ein Zeichen, dass Flüchtlinge in Mannheim willkommen geheißen werden sollen. Heute haben die Initiatoren dazu eine Pressekonferenz gegeben.
Von Minh Schredle

Pressekonferenz der Initiatoren von “Mannheim sagt Ja zu Flüchtlingen”
Die bundesweiten, besorgniserregenden Entwicklungen und die zunehmende Feindseligkeit gegenüber Fremden und Flüchtlingen, hätten sie zum Handeln gezwungen, erklärte SPD-Stadträtin Marianne Bade zu Beginn.
Es sei erfreulich, dass sich mittlerweile Widerstandsbewegungen zu Pegida mobilisiert hätten und da passe auch die eigene Veranstaltung gut ins Bild. Allerdings handle es sich bei “Mannheim sagt Ja zu Flüchtlingen” nicht einfach nur um “irgendeine Gegendemo”.
Man wolle in aller Deutlichkeit zeigen, dass Mannheim für Vielfalt, Offenheit und Toleranz steht, und dass jeder, unabhängig von seiner Herkunft, willkommen geheißen wird.
Großer Organisationsaufwand
Zu Beginn sei es eher schleppend mit der Zunahme von Zusagen vorangegangen. Bis man dann um die Weihnachtszeit “kaum noch mit dem Zählen hinterhergekommen” sei, wie Grünen-Stadtrat Gerhard Fontagnier es formulierte.
Marianne Bade meinte, die zahlreichen Zusagen seien ihr schönstes Weihnachtsgeschenk überhaupt gewesen. Herr Fontagnier fügte hinzu:
Mein Weihnachtsurlaub hat am 25. Dezember aufgehört. Seitdem bin ich pro Tag etwa zehn Stunden mit dem Organisieren beschäftigt.
Mit der Zunahme an Zusagen sei auch der Kostenanteil angestiegen, wie Herr Fontagnier angab. Man sei auf Spenden angewiesen, um die Veranstaltung finanzieren zu können.
Bislang habe man zahlreiche Einnahmen zu verzeichnen. “Wir glauben nicht, dass wir auf irgendwelchen Kosten sitzen bleiben”, sagte Herr Fontagnier: “Sämtliche Überschüsse werden an das Asylcafé Mannheim gespendet.”
Er garantierte außerdem, dass nach der Veranstaltung sämtliche Einnahmen und Ausgaben transparent für die Öffentlichkeit gemacht würden.
“Wir haben keine Ahnung, was passieren wird”
“Wir haben keine Ahnung, was uns am kommenden Samstag erwarten wird”, sagte SPD-Stadtrat Petar Drakul. Auf Facebook haben bislang knapp 7.500 Menschen zugesagt – doch dies sei laut Aussage von Herrn Drakul kein verlässlicher Indikator, wie viele am Ende tatsächlich erscheinen würden.
Ab 3.000 Teilnehmern wären wir zufrieden.Wir hoffen natürlich, dass es noch viel mehr werden.
Bei der Polizei habe man 4.000 Menschen angemeldet – eine deutliche Zunahme im Vergleich zu den 2.000 Personen, die dort noch vor zwei Tagen angemeldet waren.
“Wir sind auf alles vorbereitet”
Allerdings habe man auch hier darauf verwiesen, dass die tatsächliche Anzahl am Ende weit abweichen könne. Herr Fontagnier bemerkte, in Heidelberg habe man am Montag nur mit 400 Personen gerechnet. Tatsächlich sind knapp 3.000 Teilnehmer erschienen.
Wenn so etwas in Mannheim auch passieren würde, wäre das natürlich eine Sensation,
sagte Herr Fontagnier. Man sei auf alles vorbereitet: So habe man aus den Versäumnissen des vergangenen Sonntags gelernt.
Etwa 1.200 Menschen hatten sich am Rosengarten versammelt, um ihre Solidarität mit den Opfern der Terroranschläge auf die Satirezeitung “Charlie Hebdo” zu zeigen. Allerdings konnten nur die wenigsten auch etwas hören.
Die Lautsprecheranlagen, die man für den Samstag organisiert hat, würden laut Aussage des Initiatoren Holger Keck ausreichen, um bis zu 8.-10.000 Menschen zu beschallen.
Überparteilich ja – aber auch neutral?
Die Demonstration solle möglichst pünktlich gegen 14:00 Uhr beginnen. Sie startet am Schlossplatz und wird von dort aus in die Neckarstadt ziehen, wo auf dem Alten Messplatz verschiedene Redner auftreten werden. Neben Oberbürgermeister Peter Kurz soll dabei unter anderem Staatsministerin Silke Krebs zu Wort kommen, die ein Grußwort von Ministerpräsident Winfred Kretschmann verlesen wird.
Herr Fontagnier (Grüne), der selbst als Redner auftreten wird, betonte, man habe bewusst darauf verzichtet, eine Plattform für Parteipolitik zu bieten. So hätten viele der Unterstützergruppen Interesse geäußert, Redebeiträge zu liefern. Diese habe man, auch aus Zeitgründen, überwiegend ablehnen müssen.
Insgesamt falle die Veranstaltung eindeutig “überparteilich” aus. Der überwiegende Teil der Rednerbeiträge ist allerdings wohl eher dem linken Spektrum zuzuordnen.
“Das passt perfekt”
“Ein großes Highlight”, sei laut Herrn Fontagnier der Auftritt von Che Sudaka – eine Band, die aus einstmals illegalen Immigranten besteht. “Das passt einfach perfekt”, sagte er.
Denn im Anschluss findet im Capitol und auf dem Messplatzgelände ein kostenloses Kulturfest statt. Die dafür zuständigen Organisatoren, SPD-Stadtrat Thorsten Riehle und Musiker Markus Sprengler, erklärten, dass alle Künstler ohne Gage auftreten würden.
Dies sei “einfach nur toll” – denn es zeige, dass es ihnen tatsächlich um die Sache und nicht bloß ums Geschäft ginge. Der Initiatorenkreis stehe weiterhin zum Auftritt von Rolf Stahlhofen.
Der Unterstützerkreis – eine gute Sache?
In den vergangenen Wochen hatte unsere Redaktion wiederholt Kritik an der Unterstützerliste zur Veranstaltung geäußert. 150 Parteien, Vereine und Gruppen werden hier aufgeführt, darunter auch teilweise solche, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden und als gewaltbereit eingestuft werden.
Als einzige aus dem Initiatorenkreis distanzierte sich die CDU-Stadträtin Rebekka Schmitt-Illert von der Unterstützerliste. Diese sei “etwas unglücklich” gewesen. Man werde künftig wohl besser auf so etwas verzichten.
Laut Frau Schmitt-Illert würden sich einige Personen abschrecken lassen, wenn unter den Teilnehmern Personen sind, denen Gewaltbereitschaft unterstellt wird. Außerdem könnten unterschiedliche Ideale gemeinsamen Zielen im Weg stehen.
Auch die CDU Mannheim verweigerte ihre Unterstützung für die Veranstaltung mit der Begründung, man wolle nicht als gemeinsamer Unterstützer zusammen mit linksradikalen oder anarchistischen Gruppen auftreten. Die Ziele der Veranstaltung blieben dagegen unterstützenswert.
Zusammen gemeinsame Ziele verfolgen
Frau Schmitt-Illert betonte, dass man auf keinen Fall den Fehler machen dürfe, die Mitglieder irgendwelcher Gruppen im Vorfeld zu verurteilen. Das würde die Kerngedanken der Demonstration, nämlich Offenheit, Toleranz und der Kampf gegen Schubladendenken ad absurdum führen:
Ich finde die “Unterstützerliste” an sich problematisch und natürlich alle Gruppierungen, die sich nicht eindeutig von Gewalt distanzieren. Ich stelle an jeden, den Anspruch, sich von Gewalt zu distanzieren, egal von welcher Gruppierung oder als Einzelperson. Natürlich sind Gruppen dabei, mit deren Einstellungen ich wenig anfangen kann. Aber wir verfolgen – zumindest in dieser Angelegenheit – ähnliche Anliegen. Also sollten wir auch zusammenarbeiten, um sie zu erreichen.
Sie gehe davon aus, dass alle, die am Samstag kommen, das gemeinsame Anliegen teilten.
“Wir erwarten einen friedlichen Ablauf”
Ähnlich sah das auch Gerhard Fontagnier. In fast jeder Gruppierung gebe es die Guten und die nicht ganz so Guten. Aber aus Angst, dass möglicherweise etwas passieren könnte, dürfe man sich nicht abschrecken lassen. Daher habe man keine einzige Gruppe, die ihre Unterstützung angeboten hat, abgelehnt:
Wir gehen davon aus, dass alles friedlich ablaufen wird und es eine familienfreundliche Angelegenheit wird. Die Polizei schätzt das übrigens ähnlich ein.
Man werde keine Vermummung zulassen, kündigte Herr Fontagnier an. Ebenfalls werde die Polizei sofort eingreifen, wenn jemand versuchen sollte, sich hinter großen Transparenten zu verstecken.
Wandel zur Annäherung?
Frau Bade sagte zum Abschluss:
Wir sollten in diesen Zeiten nicht so sehr darauf achten, was uns trennt, sondern was uns verbindet. Und vielleicht helfen solche Veranstaltungen, die parteiübergreifend stattfinden und bei denen man nicht immer nur die Leute aus dem einen eigenen Lager zu Gesicht bekommt, den ein oder anderen zum Umdenken zu bewegen. Um es mit den Worten Willy Brandts zu sagen: Wandel durch Annäherung – das ist der Geist von Mannheim sagt Ja.
Anm. d. Red.: Die Debatte um die Teilnahme von “linksradikalen Gruppierungen” war durch unsere Berichterstattung aufgekommen. Ebenso wie die Thematisierung, dass ein “Facebook-Flow”, der sich an Zahlen berauscht, nichts mit echten Teilnehmerzahlen und der “Qualität” einer Veranstaltung zu tun hat: Denn Mannheim sagt als Außenstelle der Karlsruher Landeserstaufnahmestelle nicht “Ja” zu Flüchtlingen, sondern nur “Hallo”. Auch die Frage nach der Transparenz zu Spenden und deren Verwendung hatten wir thematisiert. Wir hatten auch als erstes Medium umfangreich über die geplante Kundgebung berichtet und sie durch eine kostenfreie Werbung unterstützt – eine Erwähnung als Unterstützer haben wir allerdings wegen unserer kritischen Berichterstattung bis heute nicht erfahren. Ganz im Gegenteil – wir waren das Ziel einer massiven Kampagne durch einzelne “Initiatoren”.